Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die schöne Kunst des Mordens

Titel: Die schöne Kunst des Mordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
Vom Netzwerk:
Zeit?«
    »Nein«, antwortete sie und schüttelte heftig den Kopf. »Ich muss
jetzt.
«
    Ich holte ganz tief Luft und fragte mich, ob Batman jemals solche Probleme mit Robin hatte. »Also gut«, seufzte ich. »Beeil dich.«
    Wir entdeckten die Toiletten an der Seite der Lobby, und Astor hastete hinein. Cody und ich warteten. Er probierte einige Griffe mit dem Schraubenzieher aus und entschied sich schließlich für die eher natürliche Haltung mit der Spitze nach vorn. Er sah mich Zustimmung heischend an, und ich nickte, gerade als Astor wieder auftauchte.
    »Kommt«, befahl sie. »Gehen wir.« Sie sauste an uns vorbei zum Eingang in die Haupthalle, und wir folgten ihr. Ein teigiger Mann mit großer Brille verlangte fünfzehn Dollar Eintritt für jeden von uns, doch ich zeigte ihm meinen Polizeiausweis. »Was ist mit den Kindern?«, fragte er.
    Cody begann seinen Schraubenzieher zu heben, doch ich winkte ihn zurück. »Sie sind Zeugen«, erklärte ich.
    Der Mann sah aus, als wollte er diskutieren, doch als er sah, wie Cody den Schraubenzieher hielt, schüttelte er nur den Kopf. »In Ordnung«, sagte er mit einem tiefen Seufzer.
    »Wissen Sie, wohin die anderen Polizisten gegangen sind?«, erkundigte ich mich.
    Er setzte sein Kopfschütteln fort. »Ich hab nur einen Polizisten gesehen«, sagte er. »Und ich bin
ganz
sicher, dass ich wüsste, wenn noch mehr hier wären. Die glauben nämlich alle, sie könnten einfach an mir vorbeimarschieren, ohne zu bezahlen.« Er lächelte, um zu zeigen, dass das nicht als Beleidigung gemeint war, und winkte uns in die Halle. »Genießen Sie die Show.«
    Wir betraten die Halle. Es gab tatsächlich einige Stände, die Dinge ausstellten, die als Kunst zu erkennen waren – Skulpturen, Gemälde und so weiter. Doch wesentlich mehr, die wahrhaftig ein wenig zu schwer daran arbeiteten, über die Grenzen menschlicher Erfahrung hinweg in neue Bereiche der Wahrnehmung vorzustoßen. Eines der ersten Werke, die wir zu Gesicht bekamen, bestand aus einem Haufen Blätter und Zweige, neben dem eine leere Bierdose ruhte. Zwei weitere waren verschiedene Fernsehbildschirme; der eine zeigte einen dicken Mann auf der Toilette, der andere ein Flugzeug, das in ein Gebäude flog. Doch keine Spur von Weiss, Rita oder Coulter.
    Wir liefen zum anderen Ende der Halle und zurück, wobei wir in jeden Gang spähten, an dem wir vorüberkamen. Es gab noch wesentlich mehr interessante, horizonterweiternde Ausstellungsstücke, doch keines davon schloss Rita ein. Ich begann mich zu fragen, ob meine Annahme stimmte, dass Coulter insgeheim gerissen war. Ich hatte seine Feststellung, dass Weiss hier sein würde, blind akzeptiert – doch was, wenn er sich irrte? Was, wenn Weiss sich anderswo aufhielt und fröhlich an Rita herumschnitzte, während ich Kunstwerke betrachtete, die einer Seele, die ich wahrlich nicht besaß, kaum Tiefe und Verständnis vermitteln konnten?
    Und dann erstarrte Cody ganz plötzlich und zeigte langsam auf etwas. Ich drehte mich um, um nachzusehen, was er gesehen hatte, und dann erstarrte auch ich.
    »Mom«, flüsterte er.
    Und so war es.

36
    U ngefähr ein Dutzend Menschen hatten sich in einer hinteren Ecke der Halle unter einem an der Mauer angebrachten Flachbildschirm versammelt.
    Auf dem Monitor sah man eine Nahaufnahme von Ritas Gesicht. Zwischen den Zähnen steckte ein Knebel, doch ihre Augen waren so weit aufgerissen, wie es ihr nur möglich war, und sie warf panisch den Kopf hin und her. Ehe ich auch nur den Fuß heben konnte, stürzten Astor und Cody schon davon, um ihre Mutter zu retten.
    »Wartet!«, rief ich ihnen nach, aber sie hörten nicht auf mich, weshalb ich hinter ihnen herrannte und mich dabei krampfhaft nach Weiss umschaute.
    Der Dunkle Passagier war vollkommen still, von meiner Sorge um Cody und Astor zum Schweigen gebracht, während in meiner rasch dahinjagenden Phantasie Weiss hinter jeder Säule, unter jedem Tisch lauerte, um sich auf sie zu stürzen.
    Es gefiel mir nicht, so zu rasen und ihm blind und schwitzend gegenüberzutreten, doch die Kinder, die auf Rita zurannten, ließen mir keine Wahl. Ich rannte schneller, doch sie drängten sich bereits durch die kleine Menge auf ihre Mutter zu.
    Rita lag gefesselt und geknebelt auf einem Sägetisch. Die Kreissäge surrte zwischen ihren Knöcheln, und es war völlig klar, dass ein sehr schlechter Mensch bereit und willens war, sie nach vorn den schimmernden Zähnen der Säge entgegenzuschieben.
    Ein Schild vor dem Tisch

Weitere Kostenlose Bücher