Die schöne Kunst des Mordens
Ärzten zu schützen.
Nachdem sie verschwunden waren, stand ich dort und beobachtete die beiden Sanitäter, die neben Coulter knieten. Sie hatten den Defibrillator in Betrieb genommen, doch nachdem sie ein paar Minuten an seinem Körper herumgedoktert hatten, schüttelten sie den Kopf, standen auf und gingen davon. Ich fand, sie sahen ein wenig enttäuscht aus, weil sie keine Gelegenheit gefunden hatten, »zurück« zu schreien und ihm einen Stromstoß zu versetzen, doch vielleicht interpretierte ich auch zu viel hinein. Nach meiner Zeit in Weiss’ Schlinge fühlte ich mich ein wenig benommen, und ich war noch immer seltsam berührt von der Geschwindigkeit, mit der sich mir die Kontrolle der Dinge entzogen hatte. Normalerweise bin ich Dexter-vom-Fleck-weg, stets Mittelpunkt aller wichtigen Ereignisse, und so viel Tod und Zerstörung um mich herum, an der ich keinen Anteil gehabt hatte, schien mir nicht richtig. Zwei komplette Leichen – und ich nicht mehr als ein Beobachter, der von Zipperlein geplagt wurde, am Rand des Dramas ohnmächtig wurde wie eine viktorianische Maid.
Und Weiss; er wirkte tatsächlich friedlich und gelassen. Natürlich auch extrem bleich und tot, aber dennoch – was dachte er wohl? Einen derartigen Ausdruck hatte ich noch nie auf dem Gesicht eines teuren Verschiedenen beobachtet, und ich fand ihn ein wenig beunruhigend. Weswegen war er so glücklich? Er war absolut, nachweislich tot, und das schien mir nichts, was einen aufmunterte. Vielleicht war es einfach ein Trick der Gesichtsmuskeln bei Eintritt des Todes. Was immer es war, mein Grübeln wurde von hastigen Schritten hinter mir unterbrochen, und ich drehte mich um.
Special Agent Recht blieb ein kurzes Stück hinter mir stehen und betrachtete das Gemetzel mit einem streng professionellen Gesichtsausdruck, wenngleich dieser nicht ihr Entsetzen zu verbergen vermochte, zudem war sie ziemlich bleich. Dennoch fiel sie weder in Ohnmacht, noch erbrach sie sich, weshalb ich glaubte, dass sie ihren Weg machen würde.
»Ist er das?«, fragte sie in einem Ton, der so verkniffen war wie ihre Miene. Ehe ich antworten konnte, räusperte sie sich und ergänzte: »Ist das der Mann, der versucht hat, Ihre Kinder zu entführen?«
»Ja«, bestätigte ich, dann sagte ich: »Meine Frau ist sicher, dass er es war, und die Kinder ebenfalls«, und bewies mit dieser Vorwegnahme ihrer nächsten heiklen Frage, dass mein riesiges Gehirn endlich wieder die Kontrolle über die Schalttafel übernahm.
Recht nickte, anscheinend nicht in der Lage, den Blick von Weiss abzuwenden. »In Ordnung.« Ich wusste nicht, was das bedeuten sollte, doch schien es ein ermutigendes Zeichen. Ich hoffte, es hieß, dass das FBI nun das Interesse an mir verlieren würde. »Was ist mit ihm?« Recht wies mit dem Kopf zum anderen Ende der Ausstellungsfläche, wo die Sanitäter soeben die Untersuchung Coulters abgeschlossen hatten.
»Detective Coulter ist vor mir hier eingetroffen«, erklärte ich.
Recht nickte. »Das hat der Mann an der Tür ebenfalls ausgesagt.« Ich fand die Tatsache, dass sie ihn danach gefragt hatte, nicht sonderlich beruhigend, weshalb ich beschloss, dass ein paar vorsichtige Tanzschritte vonnöten waren.
»Detective Coulter«, begann ich zögernd, als ringe ich um Selbstbeherrschung – und ich muss zugeben, dass das von der Schlinge herrührende Krächzen in meiner Stimme äußerst wirkungsvoll war –, »er war vor mir hier. Ehe ich … Ich glaube, er – er hat sein Leben geopfert, um Rita zu retten.«
Ich nahm an, dass ein Schniefen des Guten zu viel wäre, weshalb ich es unterließ, doch selbst ich war beeindruckt von dem Klang männlichen Gefühls in meiner Stimme. Leider traf das auf Agent Recht nicht zu. Sie musterte erneut die Leichen von Coulter und Weiss und dann wieder mich. »Mr. Morgan«, setzte sie an, und in ihrer Stimme lag professioneller Zweifel. Einen Moment lang glaubte ich, sie würde mich verhaften, und vielleicht nahm sie das ebenfalls an. Doch dann schüttelte sie nur den Kopf und entfernte sich.
In einem gesunden und wohlgeordneten Universum hätte jegliche regierende Gottheit beschlossen, dass es nun genug für einen Tag war. Doch da die Dinge waren, wie sie waren, geschah nichts dergleichen. Denn als ich mich zum Gehen wandte, lief ich Israel Salguero in die Arme.
»Detective Coulter ist tot?«, erkundigte er sich, während er ohne mit der Wimper zu zucken einen Schritt nach hinten glitt.
»Ja«, bestätigte ich. »Schon,
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