Die schoene Muenchnerin
Hotel?«, fragte Chris unvermittelt.
»Nein, meine Kollegin Dosi war dabei.«
»Die von der Modenschau?« Sie sah ihn direkt an.
»Nein, das war unsere Rechtsmedizinerin. Dosi ist meine Kollegin aus Niederbayern. Ganz anderes Kaliber. Nichts, was dich beunruhigen müsste.«
ERST KÜR, DANN PFLICHT
Mader, Zankl und Gesine saßen in der Garmischer Fußgängerzone vor der Konditorei Krönner in der Sonne. Bajazzo hatte sich auf den warmen Steinplatten ausgestreckt und döste. Die Bedienung brachte dreimal Cappuccino, zweimal Apfelstrudel und einen Eisbecher. Letzteren für Mader. »Wenn der Sonntag schon ruiniert ist, genießen wir wenigstens ein Stündchen in der Sonne«, fasste Mader die Lage zusammen.
Zankl nickte, obwohl er ein wenig auf Kohlen saß und ein schlechtes Gewissen wegen Conny hatte. Ihr Telefonat vorhin war sehr zäh gewesen. Wo war ihre Coolness von gestern? Heute: grande lamento . Aber Gewissen hin oder her, irgendwie war er froh, jetzt noch ein bisschen in der Sonne zu sitzen und sich nicht ihr Gejammer reinziehen zu müssen. Er verteilte die Sahne großzügig auf dem warmen Apfelstrudel und sah fasziniert zu, wie sie in kleinen Rinnsalen durch die Furchen der Kruste kroch.
Gesines Handy klingelte. Sie nahm das Gespräch an, hörte zu, nickte immer wieder. »Danke, nein, muss ich nicht selbst sehen. Keine Spuren, Fasern, Haare, Haut? … Und die Blutprobe? … Aha, das ist interessant. Ja, danke. Vielen Dank. Das ist sehr nett. Nein, schon unterwegs. Ein andermal vielleicht.« Sie legte auf und sagte zu Mader und Zankl: »Das war Koslik, der hiesige Rechtsmediziner. Jetzt ist es amtlich: Der tote Arzt wurde mit einem Elektroschocker ausgeschaltet. Letal waren aber der Sturz und Unterkühlung. Jedenfalls zweifelsfrei Mord.«
Mader rührte in seinem Milchschaum.
»Nose hat kein wasserdichtes Alibi«, sagte Zankl. »Und ’nen schnellen Wagen.«
»Ich weiß nicht«, sagte Gesine. »Der wird seine Bettgenossin verabschieden, hundertvierzig Kilometer durch die Nacht rasen, den Sammer in die Partnach schmeißen, und dann schnell wieder zurück zum Chiemsee? Und was, wenn tatsächlich ich an seiner Seite im Bett gelegen wäre?«
»Na ja, vielleicht war das genau die Idee. Er hätte dir Schampus eingeschenkt mit einem Schlafmittel, du entschlummerst sanft, er bringt den Typen um, und schon hätte er ein Superalibi gehabt, wenn du morgens an seiner Seite aufwachst.«
»Er hat mir tatsächlich was in meinen Drink getan. Ich habe dem Koslik eine Blutprobe von mir mitgegeben. Das Gegenteil von Schlafmittel: Sildenafil . Fördert die Durchblutung des Unterleibs. Wird als Lovegra verkauft. So eine Art Viagra für Frauen. Und eine Prise Flibanserin war auch in meinem Blut. Das ist für den Kopf. Der spielt beim Sex ja auch eine Rolle, also bei Frauen zumindest.«
Zankl ließ sich nicht beirren: »Dann wäre das Schlafmittel danach gekommen. Erst Kür, dann Pflicht.«
»Na klar, Zankl. Und woher soll er gewusst haben, dass der Arzt aus Prien auspacken will?«
»Oder es war ein Kongressteilnehmer«, meinte Mader. »Da bleibt doch nix geheim. Wenn Hummel beim Kongressleiter platziert hat, dass er Weinmeiers Buch fertig schreibt, und irgendjemand mitkriegt, dass er mit Sammer spricht …«
»Gut, dass dieser Irgendjemand nicht auch Hummel in die Partnach gestürzt hat«, meinte Gesine. »Wo steckt Hummel denn eigentlich?«
»Hat noch ein Rendezvous, sagt Dosi. Die jetzt mit ihrem Göttergatten Fränki-Boy über wilde Passstraßen reitet.« Zankl lachte.
NICHT IN INDIEN
»Boah, was für ein geiles Teil!«, sagte Dosi und meinte damit nicht die schwarz e Triumph, di e vor ihnen in der Sonne funkelte, sondern das gewaltige Wiener Schnitzel, das einen Berg Bratkartoffeln bedeckte und weit über die Ränder des riesigen Tellers ragte. Von so einer Portion könnte eine Kleinfamilie satt werden. Nicht in Indien. In Bayern. Und vor ihnen standen zwei voll beladene Teller! Fränki wusste, wie er seine Dosi glücklich machte. »So lass ich mir Sonntagsarbeit gefallen«, verkündete Dosi, schnitt sich ein großes Stück Schnitzel ab und musterte das panierte Fleisch voller Vorfreude.
»Und den Kollegen immer eine Nase voraus«, sagte Fränki. »Dass du an den Tresor gedacht hast, super!«
»Was für ein Tresor?«, fragte Dosi mit vollem Mund.
GROßER BRAUNER
Dosi hatte Mader nicht angerufen. Erst wollte sie selbst wissen, was da los war. Wer hatte sich als Polizistin ausgegeben und den Laptop kassiert?
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