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Die schoene Muenchnerin

Die schoene Muenchnerin

Titel: Die schoene Muenchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaemmerer Harry
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den Himmel oder hinab in die Hölle.
    Gefühlsmäßig war seine Bilanz zu Erdenzeiten nicht schlecht. Er hatte geliebt, wenn auch nicht sehr erfolgreich. Er hatte Musik gemacht, ebenfalls nicht sehr erfolgreich. Dasselbe galt fürs Schreiben. Aber darum ging es ja gar nicht – um den Erfolg. Es ging ihm immer darum, etwas zu machen, was er gerne mochte, Dinge auszuprobieren, die er liebte, Menschen zu mögen, die er schön oder interessant fand. Egal, ob das von Erfolg gekrönt war. Er sah das alles – sein Leben, seine Ideale, seine Träume – wie in einem Brennglas, als er von oben den Leichenzug betrachtete, der dem Sarg mit seinem Körper zum Krematorium folgte.
    Als er nun die heißen Zungen spürte, die an seinem Eichen­sarg leckten, wurden Leib und Seele doch eins, und Panik stieg in ihm hoch. Sie verpuffte fast im selben Moment. Wovor sollte er denn jetzt noch Angst haben?
    GET READY
    Hummel hatte Glück. Er landete im Himmel. Was heißt schon Glück? Er hatte es verdient. Er war ja einer von den Guten. Davon war er in seinem Innersten immer überzeugt gewesen. Um ihn herum war alles wolkigweiß. Als er jetzt vor der Himmelstür stand und noch zögerte, ob er wirklich klingeln sollte, ging ihm so vieles durch den wattigen Kopf. Er war jetzt doch ein bisschen frustriert. Nicht, weil in seinem Leben so viel schief gelaufen wäre. Nein, im Gegenteil, weil er noch so viel vorgehabt hätte. Aber wer weiß, was jetzt noch auf ihn wartete?
    Er klingelte. Ein heiseres Schnarren, das ihn zusammenzucken ließ. Dann öffnete sich die Tür. Hey! Er kannte den Mann, der jetzt vor ihm stand: Reverend Salomon Burke! Der Hohepriester des Soul! Schmal war er geworden, aber immer noch stattlich. Seine vielberingten Finger wölbten sich über den goldenen Knauf seines Spazierstocks aus schwarzem Ebenholz. Sein breites Gesicht grinste Hummel an, und von seinen Lippen perlten die Worte: »Hey, Soulbrother, es ist gut, dich hier zu haben. Sei willkommen und tritt näher.«
    »Hi«, sagte Hummel schüchtern und trat ein. Salomon führte ihn durch einen langen Gang – wie der Flur in einem abgetakelten Luxushotel: dicke Teppiche, mit Paisleystoff bespannte Wände, die jeden Schall schluckten. Der große Salomon schien durch den Raum zu schweben. »Sind alle da, du wirst sehen«, sagte er und lachte dröhnend.
    Er stieß eine Tür auf, und sie betraten eine verrauchte Lounge. Gut besucht. Aus den Boxen dröhnte Please, please, please von James Brown. Hummel war sprachlos und ließ sich von Salomon durch die vielen Gäste an die Bar manövrieren. Der Barkeeper schob ihm einen Whisky on the Rocks hin und eine Schale Erdnüsse. Er zwinkerte verschwörerisch. Hummel sah sich um und zuckte zusammen. Das da hinten, das war James Brown persönlich! Er diskutierte mit einem Typen ähnlichen Kalibers. Hey, das war Ike Turner! Nach und nach erkannte Hummel sie alle: Sam Cooke beim Kartenspielen mit Marvin Gaye und Levi Stubbs. Jimi Hendrix, sich ausschüttend vor Lachen über einen Witz, den Otis Redding gerade vom Stapel gelassen hatte. Big O! Hummel war völlig geplättet und nahm einen großen Schluck Whisky. Dann setzte sich jemand auf den Barhocker neben ihm. Ein älterer farbiger Herr mit Nickelbrille. Sehr distinguiert, ganz Gentle­man. Er lächelte Hummel an.
    »Kennen wir uns?«, fragte Hummel.
    »Du kennst meine Songs«, sagte der Mann.
    »Ich, äh, bin das erste Mal hier … Und ich weiß nicht …«
    »Ich helf dir auf die Sprünge«, sagte der Mann und ging zur Jukebox hinüber. Er warf eine Münze ein und drückte eine Taste. Hummel erkannte den Song sofort, bekam eine Gänsehaut, als er seine eigene Stimme hörte: »Wenn’s Wetter so schee is und s’Bier schmeckt guad – d’Leit essn Radi …«
    Als der Mann wieder bei ihm war, strahlte Hummel ihn an. » People get ready! Sie sind Curtis Mayfield!«
    Curtis lächelte. Dann knipste er sein Lächeln aus und sagte: » If there is a hell below, we all gonna go! Für deine grauenvolle Coverversion meines wunderbaren Songs fährst du zur Hölle, Bruder!«
    Hummel sah ihn dämlich an, der Boden öffnete sich jäh unter seinem Barhocker, und er fiel in ein tiefes Loch. »Uaaaahhhhhhhh …!«
    SCHAU MA MAL
    »Hummel, hey, was ist mit dir!? Kannst du mich hören?« Hummel kannte diese Stimme. Nein, er würde die Augen nicht öffnen, er wollte nicht wissen, wer ihn hier in der Hölle erwartete. Hölle! Curtis hatte ja recht, genau da gehörte er hin. »Hummel, hörst du mich!?«

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