Die schöne Teufelin
leid, verfolgt zu werden.
Obwohl er selbst niemals offiziell dem Liar’s Club , jener privaten Spielhölle, beigetreten war, wusste er doch, dass er Collis Tremayne dort finden würde. Collis und sein verdammter, furchteinflößender Onkel – der andere, nicht der freundliche, dicke, alte Kerl, bei dessen Befreiung Ethan mitgewirkt hatte – hatten in diesem Club irgendein Ding laufen. Ethan wusste nicht genau, was es war, wollte es gar nicht wissen, es war ihm verdammt egal – aber er würde es sich nicht gefallen lassen, auf diese Weise beschattet zu werden.
Er rannte an dem Türsteher vorbei, der sich lediglich verneigte und eilig die Tür öffnete – was Ethan nur noch mehr in Rage brachte. Der Türsteher kannte ihn, und irgendwie kam er ihm auch bekannt vor. War er nicht bei dieser Sache am Flussufer dabei gewesen, als sie versucht hatten, das Schiff zum Anhalten zu bringen? Ethan schüttelte die Erinnerung ab. Er wollte es nicht wissen. Er wollte nur in Ruhe gelassen werden.
Er ließ seinen Hut bei dem Türsteher. »Ich will zu Tremayne«, forderte er brüsk.
»Sehr wohl, Sir.« Der Türsteher nickte, ohne die Miene zu verziehen, dann wandte er sich um.
Ethan stampfte in den großen Spielsaal und warf sich in einen Sessel vor einem leeren Kartentisch. Der Club fing gerade erst an, sich zu füllen. Diese Sorte Etablissement war am frühen Abend so gut wie tot, aber wenn er sich richtig entsann, war in den frühen Morgenstunden viel los. Ein Drink wurde vor ihm auf den Tisch gestellt. Er nippte daran, nur um sicherzugehen. Ja, es war seine bevorzugte Brandymarke.
Verdammt unheimlich, diese Kerle vom Liar’s Club .
Er spielte mit zwei Würfeln von einem Tisch, an dem üblicherweise Craps gespielt wurde, rollte sie zwischen seinen Fingern hin und her, als wanderten sie ohne sein Zutun von Fingerspitze zu Fingerspitze. Dann vertrieb er sich die Zeit damit, sie verschwinden und wieder auftauchen zu lassen.
Sie fühlten sich irgendwie komisch an, weshalb er lässig einen Wurf unternahm. Sie kamen etwa zwei Zentimeter eher zum Stehen, als sie es eigentlich gesollt hätten. Er nahm sie wieder in die Hand und untersuchte sie genau. Er bemühte sich, auf dem Laufenden zu bleiben, was die Würfel anging, die in den unterschiedlichen Spielhöllen benutzt wurden. Wenn möglich, brachte er seine eigenen mit.
Solche hier hatte er noch nie gesehen.
Wie aus dem Nichts ließ sich Ethans Schulfreund Collis Tremayne in den Sessel neben ihm gleiten. »Guten Abend, Damont«, sagte Collis leichthin. »Ich habe dich schon erwartet.«
Ethan ließ die Würfel fallen und lehnte sich mit verschränkten Armen in seinem Sessel zurück. »Leck mich, Tremayne!«
Collis grinste. »Tut mir leid, das ist nicht mein Ding. Aber es ließe sich für dich in dieser Gegend bestimmt arrangieren.«
»Hör mit dem dämlichen Gegrinse auf, Collis. Ich bin nicht hergekommen, weil du mich herbestellt hast. Ich bin hier, weil ich will, dass dein Bursche aufhört, mir nachzustellen.«
»Feebles? Der passt nur ein bisschen auf dich auf. Wir wollen nicht, dass dir irgendwas passiert, Ethan.«
Ethan kniff die Augen zusammen. »Was mir zustößt oder auch nicht, geht dich nichts an, Tremayne. Uns verbindet nichts als unsere frühere Freundschaft – und die liegt von Minute zu Minute länger zurück. Ich habe nichts zu schaffen mit dir und deiner Bande von … von … Was macht ihr Kerle eigentlich überhaupt?« Dann hob er abwehrend die Hände. »Nein, erzähl’s mir nicht. Ich will es wirklich überhaupt nicht wissen!«
Collis schaute sich um. »Ethan, wir sollten uns woanders unterhalten. Komm mit.«
Ethan zog eine Augenbraue hoch. »Keine Fallen? Keine düsteren Keller mit Ketten an den Wänden?«
Collis schnaubte. »Keine Ketten. Außerdem war von uns beiden ich ja derjenige in Ketten, wenn ich mich richtig erinnere.«
Da dies nur der Wahrheit entsprach, schluckte Ethan seine Verärgerung hinunter und ging mit seinem alten Freund. Collis führte ihn in ein kleines Separee neben dem Spielsalon, wo man ohne gestört zu werden geschäftliche Dinge besprechen konnte. Nichts Ungewöhnliches. Die Wände waren in warmen Holztönen vertäfelt, und ein Kristallleuchter verströmte ein angenehmes Licht.
Ethan wandte sich an Collis. »Also, was willst du von mir, Tremayne?«
Eine tiefe Stimme ertönte hinter ihm. »Er will nichts von Ihnen, sondern ich.«
Ethans Herzschlag setzte aus. »Verdammte Scheiße!« Er wirbelte herum und entdeckte
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