Die Schöne und der Leopard (German Edition)
Schauspielerin Informationen über das Geschehen außerhalb der Klinik zugespielt. Mit den anderen Patienten hatte sie wenig Kontakt.
Von der Pflegerin erfuhr Sue-Ann, dass ihre Rolle in »Ivory Coast« mit Norma Blake umbesetzt worden war. Die Rolle der Blake spielte eine Nachwuchsschauspielerin, eine Dolores Sowieso, die Sue-Ann wenig interessierte. Die Entwicklung, die das Filmprojekt »Ivory Coast« genommen hatte, dafür umso mehr.
Wegen des Wechsels der Hauptdarstellerin hatten sich die Dreharbeiten nochmals drastisch verlängert. Ira Gershfield hatte sie mit Schaum vorm Mund gänzlich abblasen wollen. Das Filmteam hatte sich jedoch geweigert, zurückzukehren. Gershfield war an die Elfenbeinküste geflogen, weil er das überhaupt nicht glauben wollten, und mit völlig veränderter Ansicht wiedergekommen. Er stimmte allen Forderungen zu und hatte das Budget für die Dreharbeiten sogar noch erweitert.
Sue-Ann schloss daraus, dass auch der abgebrühte Produzent durch Lomungés Juju-Zauber beeinflusst worden war. In der Schauspielerin kochte es, besonders als sie von der Romanze zwischen Norma Blake und Ed Anderson hörte. Das Biest Norma hatte ihr außer der Rolle und ihrer Zukunft auch noch den geliebten Mann genommen, es sei denn, Sue-Ann traf drastische Gegenmaßnahmen.
Im Sanatorium konnte sie nichts ausrichten. Es war höchste Zeit, es zu verlassen und sich draußen den Dingen zu stellen. Sue-Anns Plan stand bald fest. Zwar gruselte es sie bei dem Gedanken, an die Elfenbeinküste zurückzukehren und sich abermals dem Juju-Zauber auszusetzen.
Aber sie sah keine andere Möglichkeit. Die Schauspielerin war zielstrebig und stolz. Sonst wäre sie niemals ein Star geworden und ganz an die Spitze gelangt.
Bei ihrem Psychologen sprach sie das Thema ihrer Entlassung an.
»Sie sind noch nicht geheilt, Miss Bailey«, sagte der graubärtige Mann zu ihr. »Warum haben Sie es so eilig, die Santa-Catalina-Klinik zu verlassen? Sie ist doch ein sicherer Hort für Sie.«
Zu sicher, zu ruhig, dachte Sue-Ann. Wenn sie noch länger hierblieb, versank sie am Ende in Depressionen und wurde überhaupt nicht mehr aktionsfähig. Die innere Unruhe trieb sie voran. Auf eine offizielle Entlassung hinzuarbeiten, war ihr zu langwierig.
Sue-Ann fing es anders an. Eines Abends verlangte sie ein starkes Schlafmittel, weil sie angeblich unruhig war und nicht einschlafen konnte. Nachdem sie es erhalten hatte, schüttete sie es weg, statt es einzunehmen, stellte sich aber todmüde und sank ins Bett.
Die Pflegerin war überzeugt, dass sie bis zum Morgen tief und fest durchschlafen würde. Deshalb hielt sie es für unnötig, während der Nacht noch einmal nach der Patientin zu sehen. Sie setzte sich ins Personalzimmer, strickte und schaute sich alte Spielfilme im Nachtprogramm an.
Sue-Ann rollte inzwischen die Bettdecke so zusammen, dass es aussah, als ob jemand darunterliegen würde. Sie zerknüllte das Kopfkissen. Das täuschte den oberflächlichen Betrachter. Zwar sah er keine blonden Haare, musste jedoch davon ausgehen, dass diese so lagen, dass sie sich seinem Blick entzogen.
Die Schauspielerin zog sich an. Sie öffnete das Türschloss von ihrem Zimmer mit einem Draht, den sie sich besorgt hatte. Sue-Ann hatte vorher am Schloss geübt.
Sie schlich den Korridor entlang, verbarg sich in einer Besenkammer und holte den Hauptschlüssel aus dem Schrank im Bereitschaftszimmer, als die Pflegerin, die Nachtwache hatte, mal auf die Toilette ging. Bis die Pflegerin zurückkehrte, hatte sich Sue-Ann schon wieder versteckt.
Unbemerkt verließ sie das Gebäude, wobei sie die Hintertür mit dem Schlüssel aufschloss. Sie benutzte ihn auch für eine Seitenpforte in dem Zaun, der das Klinikgelände umgab. Ihre Reisetasche in der Hand, marschierte die Blondine zügig durch die nächtlichen San Gabriel zur nächsten Straße.
Die kühle Nachtluft erfrischte sie. Trotzdem spürte Sue-Ann eine bleierne Schwere in den Gliedern. Die Nachwirkungen der Tabletten, die sie erhalten hatte, und die beginnende körperliche Erschlaffung durch das faule Leben in der Klinik wirkten sich aus. Mit eisernem Willen zwang sich die Schauspielerin zum Durchhalten.
An der Straße spielte sie dann mitten in der Nacht Anhalterin. Ein Lastwagen hielt und nahm sie mit.
»Was macht eine so hübsche Puppe wie du mitten in der Nacht allein in den Bergen?«, fragte der Fahrer, ein Schwarzer.
»Ich bin mit einem Freund unterwegs gewesen«, log Sue-Ann. »Vielmehr dachte
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