Die Schöne und der Leopard (German Edition)
bald wieder erholt«, sagte der Regisseur wider besseres Wissen. »Norma Blake gebe ich Ihre Rolle jedenfalls auf keinen Fall. Das wäre ja noch schöner, wenn dieses intrigante Weib mit ihrem Komplott mit Lomungé durchkommt.«
Draußen ertönte das Schwirrholz des Medizinmanns. Die beiden Männer verließen das Zelt Sue-Ann Baileys, die in der Sanitätsbaracke fest schlief. Lomungé war mit zwei Schwarzen aus Bouradake erschienen. Er trug seinen Schmuck von Perlen, Kupferreifen und Tierknochen und -zähnen. Das Schwirrholz wirbelte um seinen Kopf und erzeugte seltsame Töne.
Hoch über dem Juju-Zauberer, dessen Begleiter mit Schild und Speer bewaffnet waren, glänzten die Sterne Afrikas. Die Mitglieder des Filmteams beobachteten Lomungé lieber aus einiger Entfernung. Ed Anderson und Bill Dallas traten ihm gegenüber.
Norma Blake erschien, herausgeputzt wie ein Vamp. Sie duftete stark nach dem Parfüm Opium.
»Da bin ich«, sagte Lomungé auf Kwa. »Habt ihr euch entschieden?«
»In welcher Beziehung?«, wollte Bill Dallas wissen.
»Wegen der Rollenvergabe«, antwortete die Blake. »Oder soll Tombé mit seiner Horde dem Camp noch einmal einen Besuch abstatten?«
Anderson musste an sich halten, um nicht sein Gewehr zu holen und mit ihr und dem Medizinmann eine gewaltsame Lösung zu erzwingen. Auch Dallas bekämpfte den aufsteigenden Zorn.
Das Schwirrholz wirbelte immer noch. Lomungé malte mit seinem Juju-Stab Zeichen in die Luft und murmelte Beschwörungen vor sich hin. Noch war Norma Blakes Frage nicht beantwortet. Die stechenden Augen des Medizinmanns bohrten sich erst in die Andersons, dann in Dallas'.
Der Blick der beiden Männer wurde leer.
In Trance murmelte Ed Anderson: »Ich bin einverstanden mit allem, was meinem Film nützt. Sue-Ann – ist nicht in der Lage – ihre Rolle weiterzuspielen. Du würdest uns allen einen großen Gefallen erweisen, wenn du ihren Part übernimmst. Deiner wird umbesetzt.«
»Mit der Filmgesellschaft sehe ich keine Probleme«, sagte der gleichfalls im Bann des Medizinmanns stehende Produktionsleiter. »Wir stellen sie einfach vor vollendete Tatsachen.«
»Gut«, sagte Norma Blake. »Sue-Ann muss verschwinden.«
»Wir schicken sie in die Staaten zurück«, stimmte Anderson ihr sofort zu. »Wir geben an, sie hätte einen schweren Nervenzusammenbruch erlitten und müsste längere Zeit in einem Sanatorium zubringen. Sie wird gleich morgen nach Abidjan geflogen und dort unter medizinischer Begleitung in eine Maschine in die Staaten gesetzt. Die Global Film wird dann für das weitere sorgen.«
»Das ist gut«, sagte Norma Blake. »Das gefällt mir.« Sie lächelte spöttisch. »Man muss immer die richtigen Leute kennen.«
Lomungé verzog keine Miene. Der Juju-Zauberer erwies sich den Amerikanern vom Filmteam trotz deren Errungenschaften der Technik und des High Tech als haushoch überlegen. Die Juju-Magie und seine Fähigkeiten triumphierten. Norma Blake hatte gewonnen.
*
Sue-Ann Bailey hatte tatsächlich einen Nervenzusammenbruch erlitten, was kein Wunder war. Von dem Transport im Hubschrauber nach Abidjan und dem Flug in einer United-Airlines-Maschine via Dakar in die USA bekam sie wenig mit. Eine weiße Pflegerin, die in Abidjan angeworben worden war, begleitete den Filmstar. Diese resolute Frau hielt Sue-Ann unter Tabletten und hatte die Anweisung, sie in eine Zwangsjacke zu stecken, falls sie abermals durchdrehen sollte.
Die Schauspielerin konnte Traum und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden. Wirre Visionen von den untergegangen Reichen N'Chiba, Mu und Lemuria suchten sie heim. Manchmal sah sie alle Menschen um sich herum mit Leopardenköpfen und Pranken. Diese Leopardenmenschen gingen zum Beispiel im Flugzeug ganz normalen Verrichtungen nach, saßen auf den Sitzen, trugen Stewardessenuniformen, führten den Service aus oder ließen sich bedienen.
Ein Leopardenmann las die Zeitung. Später lief bei dem Transatlantikflug ein Film, der ebenfalls Leopardenmenschen zeigte. Sue-Ann verhielt sich ruhig und passiv. Sie konnte sich nicht mehr zurechtfinden.
Manchmal hörte sie die Trommeln, deren Klang sie peinigte, immer noch. In New York musste sie mit ihrer Begleiterin in ein anderes Flugzeug umsteigen, das sie an die Westküste brachte. Innerhalb von 32 Stunden, Wartezeiten mitgerechnet, schaffte sie den Sprung von der Elfenbeinküste nach Los Angeles.
Diese Zeit hatte die Schauspielerin ausschließlich auf Flughäfen und in Flugzeugen zugebracht. In L. A.
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