Die Schoene und der Prinz
als dieser Jacques ihr einen Stoß versetzte.
Allmählich sah sie alles klarer und erkannte, weshalb der Prinz den Mörder und seine Schwester aus dem Haus gejagt und sie nicht der Polizei übergeben hatte. Er wollte einen Skandal vermeiden und dem Aufsehen, das ein Mordprozeß erregen würde, um jeden Preis aus dem Wege gehen.
Er konnte nicht riskieren, seine Schützlinge, die Prinzessin, Thomas, den Doktor zu gefährden, indem er die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf Ledbury Manor zog.
Wäre die Polizei eingeschaltet worden, dann hätten alle Hausbewohner als Zeugen vor Gericht aussagen und ihre Anonymität aufgeben müssen.
Onkel George würde erfahren, wo ich bin, ohne mir jemand auf die Spur setzen zu müssen, dachte Forella voller Entsetzen.
Inzwischen war ihr klargeworden, daß es dieser Jacques gewesen war, den sie vergangene Nacht als schattenhafte Gestalt wahrgenommen hatte. Seine Aufmerksamkeit hatte jedoch nicht, wie sie irrtümlich angenommen hatte, ihrem Fenster gegolten, sondern dem der „armen Lady“.
Durch seine Herumschnüffelei und seine neugierigen Fragen hatte er in den Tagen zuvor erkunden wollen, wie dieser Haushalt organisiert war. Er hatte erfahren, daß nur eine Pflegerin bei der Patientin war, während die andere ihren Lunch einnahm. Daraufhin war Lucille mit ihrem angeblich verstauchten Knöchel genau zu diesem Zeitpunkt aufgetaucht und hatte die Krankenschwester für sich beansprucht.
Jacques hatte sich vergewissert, daß niemand bei der Kranken war, als sie die Tauben fütterte und er unbemerkt ins Zimmer gelangen konnte.
Es war ihm ein leichtes gewesen, sich hinter die zarte Person zu schleichen und sie aus dem Fenster zu stoßen.
Der Zufall hatte es jedoch gewollt, daß Forella und Miklos ihre Fernrohre genau in diesem Augenblick auf das Fenster gerichtet hatten.
Oder war es gar kein Zufall gewesen? War eine höhere Macht im Spiel gewesen, die nicht zulassen wollte, daß der Prinz dieses schändlichen Verbrechens angeklagt wurde, zu dem ein Mensch mit seiner noblen Gesinnung nicht im Traum fähig wäre?
Es war, als hätten ihre Gebete, ihm Glück zu bescheren. Gehör gefunden, als habe Gott sie beide gerettet.
„Wenn … sich das doch wirklich bewahrheiten würde“, flüsterte Forella vor sich hin, denn sie befürchtete, daß sie zu optimistisch war.
Der Junge hatte gerade sämtliche Pferde bewundert, als einer der Diener im Stall erschien und meldete. Seine Hoheit wünsche, daß sie in den Salon kämen.
Nervös und in der heimlichen Furcht, es könnte doch noch etwas Unvorhergesehenes geschehen sein, betrat Forella mit bleichem Gesicht das Zimmer.
Der Prinz stand mit dem Rücken zum Kamin und wirkte sehr gefaßt.
„Miklos“, sagte er zu dem Jungen, „ich möchte, daß du nach oben gehst und meine Verwandte, Prinzessin Maria Dábas, von der ich dir bereits erzählt habe, kennenlernst.“
„Das möchte ich gern, Onkel János“, erwiderte Miklos eifrig. „Ich habe viel über Imbe Dábas und seine Hinrichtung gelesen.“
„Kein Wort davon zu ihr!“ schärfte der Prinz ihm ein. „Nun beeil dich. Wir müssen bald zum Schloß zurückkehren. Newman erwartet dich bereits an der Treppe und wird dir den Weg zur Prinzessin zeigen.“
Miklos hatte das Zimmer kaum verlassen, da ging der Prinz mit ausgestreckten Händen auf Forella zu.
„Hör zu, mein Liebling“, sagte er. „Hier gibt es eine Menge zu erledigen. Dr. Bouvais wird dafür sorgen, daß alles reibungslos über die Bühne geht. Trotzdem möchte ich, daß du sofort das Haus verläßt und dich in meinem Landhaus bei Southampton einquartierst.“
Forella sah ihn verständnislos an.
„Ich komme später nach“, versprach er. „Es macht dir sicher nichts aus, die Fahrt allein zu unternehmen und dort auf mich zu warten, nicht wahr?“
„Du weißt, daß ich alles tue, was du mir sagst“, erwiderte Forella, „nur verstelle ich nicht, weshalb …“
„Später erkläre ich dir alles“, unterbrach sie der Prinz. „Im Augenblick ist nur wichtig, daß niemand dich hier sieht. Du warst so tapfer, deine wahre Identität zu enthüllen, als du den Verbrecher entlarvtest. Ein solcher Unfall und das anschließende Begräbnis wird den Dorfklatsch aufblühen lassen, und davon sollst du verschont bleiben.“
„Ich verstehe. Ich warte auf dich.“
Der Prinz hob ihre Hand an die Lippen und küßte sie.
„Danke, mein geliebtes Mädchen“, sagte er weich. „Jetzt mach dich fertig zur Abreise. Der
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