Die Schöne und der Tod (1)
hier, dafür sorge ich, Broll. Genauso wie der Junge.
– Der Junge hat nichts damit zu tun.
– Warum wollen Sie das wissen? Glauben Sie, nur weil Sie einmal etwas für ihn getan haben, ist er ein ordentlicher Mensch geworden? Der Junge ist gefährlich.
– Ich gehe jetzt.
– Broll.
– Was?
– Was ist jetzt mit dem Grab?
– Wir werden wohl warten müssen, bis wir die Leiche wieder haben, dann werde ich es wieder zumachen.
– Wie kann so etwas passieren? Können Sie nicht besser aufpassen?
– Vielleicht war Ihr Segen nicht gut genug. Sie sagen doch immer, Selbstmörder gehören eigentlich nicht auf den Friedhof. Vielleicht ist das ja Gottes Werk.
– Lassen Sie das, Broll, lästern Sie nicht.
– Dann kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten. Gehen Sie beten. Vielleicht hilft das ja. Oder gehen Sie suchen, das hilft bestimmt.
– Sie sind nicht gut für diesen Ort, Broll.
– Sie auch nicht.
– Ich bin der Pfarrer.
– Und der Pfarrer tut Gutes?
– Ja.
– Vielleicht könnten Sie mich dann einmal massieren. Mein Kreuz tut oft weh nach dem Graben.
– Broll. Ich werde dafür sorgen, dass Sie von hier entfernt werden, Sie und dieser ungepflegte Bursche.
– Leck mich, Stein.
Max lässt ihn stehen. Er dreht sich einfach um und geht, schlägt die Tür zu. Im Gang zieht er sich aus, dann bleibt er stehen und rührt sich nicht. Da war ein Geräusch. Er wartet, hört hin. Nichts. Nackt im Gang, müde, er will schlafen, er will auf sie warten. Er sieht, dass da Licht ist im Bad.
Sie liegt unter Wasser, nackt mit geschlossenen Augen. Max steht über ihr, sagt nichts, bis sie die Augen aufschlägt und ihn sieht, bis sie aus dem Wasser hochschnellt und erschrocken aufschreit. Max beruhigt sie, entschuldigt sich, dass er sie erschreckt hat, dass er nicht zurückgekommen ist am Vortag. Dass er ohne ein Wort weggeblieben ist. Er erklärt, dass er etwas unternehmen musste, dass es seine Aufgabe ist in dieser Situation, dass er dabei immer an sie gedacht hat, dass er sich gefreut hat den ganzen Tag, sie wiederzusehen. Wie er sie anschaut. Er redet, sie hört zu, seine Augen sind gierig.
Sie war spazieren, sagt sie, weit, den ganzen Nachmittag lang. Sie liegt in der Wanne und schaut dankbar. Max neben ihr, er umspielt sie, schmeichelt. Eine kurze Zeit lang ist es still, dann berührt er ihren Bauch, ihre Brüste, dann verschwindet einer seiner Finger in ihrem Mund. Sie nimmt ihn, ihre Zunge spielt mit ihm. Er weiß, dass sie sich nach ihm sehnt, er denkt an den heiligen Hieronymus und streichelt sie, er nimmt sie. Zuerst mit seinen Fingern, dann mit seinem Mund, dann ganz.
Er trägt sie aus dem Wasser ins Schlafzimmer, legt sie ins Bett, liebt sie, vertraut, Haut auf Haut, ihre, seine. Zwei Stunden lang. Zwei Stunden ohne Denken, ohne Entscheidungen, ohne Marga, ohne Dennis, ohne Gedanken an morgen, an die Zukunft, an das Dorf, an London. Zwei Stunden nur ihr Stöhnen, seines, ihr schwitzender Leib, seiner. Und dann wie sie erschöpft liegen bleiben, wie sie nebeneinander sind, sich die Hände halten, nur atmen. Emma und Max. Wie sie einschläft.
Er bleibt noch wach, er schaut sie an und stellt sich tausend Fragen, ob er an diesen Ort gehört oder nicht, ob er bleiben soll oder gehen, mit ihr. Er spielt mit den Möglichkeiten in seinem Kopf, bis es klingelt. Emma schlägt die Augen auf, hält ihn fest, will ihn nicht gehen lassen, bittet ihn, im Bett zu bleiben, so zu tun, als wäre da nichts, als wäre die Welt nicht da draußen, als hörte sie an der Türe zur Wohnung auf. Max reißt sich zärtlich los, er lächelt sie an und geht zur Tür.
Hanni steht vor ihm mit ihren Händen an den Hüften und diesem vorwurfsvollen Blick. Schlagartig fällt es ihm ein, Saunarunde, Ofen, Feuer.
– Was ist los mit dir? Ich dachte, du heizt ein? Alle stehen unten und warten.
– Scheiße.
– Was ist los?
– Ich habe es vergessen.
– Vergessen?
– Ist alles etwas viel im Moment. Du weißt ja, die verschwundene Leiche, und Dennis ist nicht aufgetaucht, und der Pfarrer sucht seine Leuchter. Und wir haben Schnaps getrunken mit August, Baroni und ich. Und Emma ist da.
– Emma?
– Ja.
– Sie ist im Haus?
– Ja.
– In deinem Schlafzimmer?
– Warum?
– Weil du nackt bist.
– Ach, lass das, Hanni, ich komme gleich. Bitte macht ihr das mit dem Ofen, ich bin gleich da.
Wortlos dreht sie sich um und geht. Dass Emma in seinem Bett liegt, gefällt ihr nicht, es war in ihren Augen, ihre
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