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Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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nickt nur, er sagt nichts, schaut nur, drückt die Tür ins Schloss.
    Max schiebt Baroni auf den Beifahrersitz und fährt zurück ins Dorf.

Zehn
    Sieben Anrufe in Abwesenheit. Emma. Max bringt Baroni ins Bett, schleppt ihn nach oben, zieht ihn aus und deckt ihn zu.
    Auch Max will sich hinlegen, aber ein Zettel an seiner Haustür zwingt ihn, wach zu bleiben, er muss zu Tilda, er muss in die Stadt, seine Aussage machen. Er unterschreibt, was er gemeinsam mit Tilda erfunden hat, über die Geschichte mit der Uhr sprechen sie nicht. Max sitzt in ihrem Büro, macht sich breit, Tilda zieht ihn hoch, drückt ihm seine Jacke in die Hand und schiebt ihn Richtung Tür.
    – Ich hab jetzt keine Zeit mehr, Max.
    – Was ist los?
    – Später, Max.
    – Bitte.
    – Es geht hier alles drunter und drüber.
    – Ich rühr mich nicht von der Stelle, bis du mir sagst, was los ist.
    – Ein Erpresserbrief ist aufgetaucht.
    – Was?
    – August hat den Brief heute in der Post gefunden.
    – Und?
    – Ich sagte, später. Und übrigens, du stinkst.
    Max auf der Autobahn. Er fährt langsam, versucht nachzudenken, Ordnung zu machen in seinem Kopf, die Neuigkeiten zu verstehen. Wer sollte August erpressen, wenn er tatsächlich kein Geld hat? Und warum? Das passt nicht. Wenn er erpresst wird, dann hat August nichts damit zu tun. Und Emma. Was ist mit Emma? Er wird sie wieder sehen, sie wird ihn fragen, wo er war, und er wird sich entschuldigen. August. Er wird erpresst. Das kann nicht sein. Er wird Emma sagen, dass es ihm leid tut, dass er sie alleingelassen hat nach all dem. Vielleicht wird er sie in den Arm nehmen. Vielleicht. Er will wissen, was in dem verdammten Erpresserbrief steht. Er will, dass sein Kopf aufhört, weh zu tun. Er will schlafen, lange. Um alles Weitere wird er sich später kümmern. Um Dennis, der sich immer noch nicht gemeldet hat, um die Briefe aus Kattnigs Schrank. Immer noch kein Rückruf von dem Jungen. Nur Emma auf seinem Display.
    Wie er von der Autobahn abfährt und dem Dorf näher kommt, seiner sicheren Welt, die unsicher geworden ist, bedroht von ihren Lippen, ihrer Haut, ihrer Stimme, von jemandem, der Leichen stiehlt. Er fährt am Kindergarten vorbei, am Gemeindehaus, am Sägewerk. Und plötzlich der Gedanke: Was, wenn der Junge etwas damit zu tun hat? Was, wenn er es war, wenn er August erpresst? Ruft er deshalb nicht zurück? Max kennt Dennis, er hätte immer die Hand für den Jungen ins Feuer gelegt, plötzlich ist er sich aber nicht mehr sicher. Dennis weiß, wie man gräbt, er weiß, wie keine Spuren zurückbleiben, er könnte es.
    Max fährt durch die neue Siedlung unterhalb des Sportplatzes. Alles ist plötzlich so klein, so unbedeutend, die Häuser, die kleinen Straßen. Er parkt vor dem Pfarrhaus, läuft nach oben. Emma ist nicht da. Nur ein Zettel.
    Sie wird gegen Abend wieder da sein, steht da. Sonst nichts. Drei Stunden, vier, fünf, bis sie kommen wird. Max ist enttäuscht, er legt sich hin und wartet. Nach einer langen Stunde steht er auf und geht die Treppe wieder hinunter.

Elf
    Johanna ist die einzige Freundin, die Dennis hat, sie wird wissen, wo er ist. Dennis hat Max gebeten, niemandem davon zu erzählen, Johannas Vater, der Dorfarzt, hat die Freundschaft seiner Tochter mit dem armen Jungen nicht gutgeheißen, er wäre außer sich gewesen, hätte er erfahren, dass sie sich immer noch trafen. Dass Dennis seine Zunge in ihren Mund steckte, war nicht vorgesehen. Johannas Zukunft war die Praxis ihres Vaters, sie ging auf eine ordentliche Schule in der Stadt, trug ordentliche Kleider und tat nichts, was sie nicht tun sollte. Dennis war der Einzige, der nicht die zukünftige fleißige Ärztin in ihr sah, nicht das brave Kind, das seine eigenen Wünsche hintanstellt, um den Traum des Vaters zu leben.
    Max fährt zu ihr, er weiß nicht, wo er sonst suchen soll. Der Arzt öffnet, zögert, fast fragt er, warum er Johanna sprechen wolle, aber er hält sich zurück. Während sie auf Johanna warten, mustert er Max, der von einem Bein auf das andere tritt und den Arzt zufrieden anlächelt. Als Johanna endlich kommt und ihn sieht, zieht sie ihn mit sich, sie ignoriert ihren Vater, nimmt Max am Arm und geht mit ihm die Straße hinunter. Sie ist nervös. Außer Sichtweite bleibt sie stehen.
    Max fragt nach Dennis, wo er ist, wann sie ihn zuletzt gesehen hat. Er erzählt ihr, dass er nicht zur Arbeit gekommen ist, dass sein Telefon den ganzen Tag still war. Johanna schweigt. Sie nickt nur, zieht die

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