Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
Vom Netzwerk:
geht.
    Er zieht sich an. Ob er August nachlaufen soll? Ob er sich entschuldigen soll? Soll er zurück zu Emma, sich zu ihr ins Bett legen und so tun, als wäre alles gut, als würde sie für immer da bleiben, bei ihm im Dorf? Er weiß es nicht, er schaut hinauf zu seiner Terrasse, er sieht das Licht im Schlafzimmer. Er stellt es sich vor, wie es sein könnte, wie es wohl wäre, wenn sie für immer da oben liegen würde. Kurz nur.
    Leise schleicht er sich in die Wohnung, nimmt Kattnigs Briefe und zieht die Tür wieder zu. Leise die Treppe hinunter, über den Vorplatz bis zur Gegensprechanlage. Er fährt mit dem Lift nach oben. Baroni öffnet mit einem Lachen die Tür.
    – Was war mit unserem Freund?
    – Er ist nicht mehr unser Freund.
    – Ist er nicht?
    – Ich habe ihn beleidigt.
    – Max, Max, Max. Dass du dich auch wirklich nie zusammenreißen kannst. Immer geht es mit dir durch.
    – Er hat schlecht über dich geredet.
    – Dreckskerl.
    – Sag ich ja.
    – Willst du ein Bier?
    – Ich trinke nie wieder Alkohol.
    – Bist du dir sicher?
    – Bin ich.
    – Memme.
    – Wir müssen uns um diese verdammte Leiche kümmern.
    – Wo sollen wir noch suchen?
    – August wird erpresst, 30.000 für Marga. Vielleicht war es der Junge.
    – Warum sollte er das tun?
    – Weil er Geld braucht, weil er weg will von hier, was weiß ich.
    – Wo hat er sie versteckt?
    – Keine Ahnung.
    – Warum sollte er das Grab wieder zumachen, wenn er August erpressen will?
    – Weiß ich nicht.
    – Wie hat er sie transportiert? Er hat kein Auto.
    – Stimmt. Vielleicht war es doch Kattnig.
    – Weil der Junge kein Auto hat?
    – Weil Kattnig verrückt nach ihr ist, weil er ein Psychopath ist, weil er sich beim Begräbnis auf ihren Sarg geworfen hat. Reicht das?
    – Nein.
    – Vielleicht reicht das hier?
    – Max, was ist das?
    – Briefe.
    – Briefe?
    – Aus Kattnigs Schrank. Briefe von Marga, Liebesbriefe wahrscheinlich. Die müssen wir jetzt lesen.
    – Wow.
    – Ich wusste, dass dir das gefällt.
    – Und wenn es doch der Saubauer war?
    – Er wird erpresst. Schon vergessen?
    – Und? Kann er sich doch selbst geschrieben haben, so einen Erpresserbrief.
    – Warum sollte er das tun?
    – Gerade deshalb. Damit ihn niemand verdächtigt. Wäre doch schlau, oder?
    – Zu schlau. So weit denkt der Saubauer nicht. Nein, ich tippe auf Kattnig. Bei dem stimmt so einiges nicht, da bin ich mir sicher.
    – Dann fang einmal an, die Briefe vorzulesen.
    – Von mir aus.
    Max liest pathetisch, er übertreibt, Baroni lacht.
    Sie sehnt sich nach ihm, sie findet es tragisch, dass ihre Beziehung einfach aufgehört hat, manchmal möchte sie zurück zu ihm, zurück in seine Arme, unter seine Hände, an seinen Mund. Baroni brüllt vor Lachen, Max liest weiter. Dass sie manchmal unglücklich ist, obwohl August sie ja liebt. Dass sie es bereut an manchen Tagen, alles. Dass sie die Uhr zurückdrehen will, dass sie eine Welt möchte, nur für sie beide, für nichts sonst. Nur Marga und Kattnig.
    Wow, sagt Max.
    – Sie hatten ein Verhältnis.
    – Mein lieber Baroni, davon steht da nichts. Da steht nur etwas von Sehnsucht.
    – Sie wollte es mit ihm treiben.
    – Blödsinn.
    – Du bist naiv, Max.
    – Sie war unglücklich, sie wollte sich von August trennen, konnte aber nicht.
    – Warum?
    – Kattnig sagt, weil sie krank war.
    – Der ist selbst krank. Du sagst, er hat sein ganzes Schlafzimmer mit ihr tapeziert.
    – Und deshalb soll er sie ausgegraben haben?
    – Vielleicht holt er sie zum Spielen nachts in sein Bettchen.
    – Du bist ein Idiot, Baroni.
    – Genau so liebst du mich.
    Sie reden lange, lachen, spinnen Theorien, verwerfen sie wieder, sie sammeln alles, was sie wissen, aber da ist keine Lösung, keine Ahnung, nichts, das sie weiterbringt, keine Antworten, nur Fragen.
    Um zwei Uhr geht Max. Er legt sich leise zu Emma. Er weiß, dass sie wach neben ihm liegt, aber er bleibt still, rührt sich nicht, stellt sich schlafend. Nicht jetzt, denkt er, jetzt muss er schlafen. Am Morgen wird er sich um sie kümmern. Kurz bevor es dunkel wird in seinem Kopf, malt er sich aus, wie der Morgen mit ihr werden wird. Er wird Brot kaufen gehen, noch bevor sie aufwacht, er wird sie überraschen. Seine innere Uhr wird ihn wecken, er wird sich aus dem Haus schleichen und hinüber zur Bäckerei laufen, ihr das Frühstück zum Bett bringen, so wie früher in Wien. Er wird sie wieder zum Lachen bringen, sie streicheln, ihr zuschauen, wie sie die Tasse hält. Ganz

Weitere Kostenlose Bücher