Die Schöne und der Werwolf - Warren, C: Schöne und der Werwolf - She's no Faerie Princess (Others 02)
– doch manchmal konnte sie einfach nicht anders, als sich zu wünschen, stattdessen als Kind zweier Trolle oder Gnome oder Kobolde oder Lemuren zur Welt gekommen zu sein – oder sogar als Tochter einer Dryade mit einem Satyr. Jede Art von Fabelwesen unter der Sonne wäre ihr recht gewesen, solange es sich dabei bloß nicht um ein Mitglied eines der beiden herrschaftlichen Höfe handelte. Ja, pflegte sie manchmal zu sinnieren, das Leben als Feenprinzessin konnte ganz schön beschissen sein.
Und gerade weil sie nun auch wieder darüber nachdachte, bestärkte sie das nur in ihrem Entschluss, gegen sämtliche Regeln zu verstoßen und die Gelegenheit zu ergreifen, sich ihre bitter benötigten Urlaubstage zu gönnen. In der Welt der Menschen konnte sie für eine Weile untertauchen, ein Niemand sein. Sie würde nicht weiter auffallen, und nachdem ihr magischer Glanz in der fremden Umgebung weitgehend von ihr gewichen war, würde sie, selbst, wenn sie es darauf anlegte, kaum imstande sein, viel Aufsehen zu erregen. Es klang alles perfekt.
Sie blickte sich ein letztes Mal sorgfältig um, setzte Squick neben sich auf den Boden, schulterte dann ihre kleine Reisetasche und winkte dem Elfen und dem Kobold zum Abschied fröhlich zu.
»Macht’s gut, meine kleinen Freunde«, rief sie und eilte auf das schimmernde Tor der Anderwelt zu, hinter dem die unkomplizierte, überschaubare Welt der Menschen sie erwartete.
Tobias Walker hatte seit mindestens drei Monaten keinen Sex mehr gehabt. Er wusste nur zu gut, dass man das kaum als Notfall bezeichnen konnte, aber er empfand es dennoch als symptomatisch für sein gesamtes derzeitiges Leben. Nicht nur, dass er während der ganzen Zeit keinen Sex gehabt hatte – was bei einem unvermählten Werwolf in der Blüte seiner Jugend durchaus kein Grund sein musste, sich Sorgen zu machen –, aber er war in diesem Zeitraum außerdem nicht ein einziges Mal verabredet gewesen, hatte nicht eine einzige Nacht durchgemacht, nicht ein einziges Baseballspiel von Anfang bis zum Ende verfolgt oder einen Tag blaugemacht. Konnte es da verwundern, dass seine Stimmung sich von Minute zu Minute verschlechterte, während er um drei Uhr morgens seine Patrouillenrunde im Park machte?
Rein dienstplanmäßig war dies noch nicht einmal seine Runde, was nur noch zusätzlich zu seiner miesen Laune beitrug. Als Beta-Tier des Silverback-Clans – somit unterstand er in der Rangfolge lediglich dem Rudelführer, dem Alpha-Tier – war Walker zum Anführer der vorwiegend aus Wölfen bestehenden polizeilichen Sicherheitstruppe von Manhattan ernannt worden, was bedeutete, dass es ihm oblag, die Schichten einzuteilen und damit auch dafür zu sorgen, dass er selbst gelegentlich mal einen freien Tag bekam – theoretisch zumindest. An diesem Abend hätten ihm nach einer doppelten Nachtschicht in seinem eigentlichen Revier, dem Central Park, fünf Stunden Durchschlafen – geradezu dekadent! – vergönnt sein sollen, doch das Rudelmitglied, das für die heutige Nachtschicht hier oben im Inwood Hill Park eingeteilt gewesen war, war zu Walkers Pech urplötzlich trächtig geworden, so dass ihr Lebenspartner sich strikt geweigert hatte, sie aus dem Haus zu lassen.
Das stieß bei Walker durchaus nicht auf Unverständnis;
seine eigenen wölfischen Instinkte hätten ihn ähnlich reagieren lassen, wenn er eine Partnerin gehabt hätte . Es musste irgendwie mit dem Y-Chromosom zusammenhängen, dass Wölfe sich in rasende Urtiere verwandelten, wenn es um die Unversehrtheit ihrer Partner ging – aber Walker war eben noch ein Single. Was blieb ihm also, um sich damit die Nacht um die Ohren zu schlagen? Eine ganze Stadt, die er zu überwachen hatte – und das im Rahmen eines Polizeiaufgebots, dessen Personaldecke eigentlich viel zu dünn war, um einer solchen Aufgabe gewachsen zu sein.
Er knurrte und vergrub die Hände in den Taschen, während er durch den Park stapfte und mit seinem scharfen Blick unablässig die Umgebung nach etwas Auffälligem absuchte.
Man sollte glauben, dass das mittlerweile für ihn zur Gewohnheit geworden war. Seit sechs Monaten ging das nun schon so, seit nämlich der Hohe Rat der Anderen gemeinsam mit seinen über den gesamten Erdball verteilten Partnerorganisationen in geheime Verhandlungen mit den Menschen getreten war. Die Brisanz dieser Gespräche erforderte eine – wenn auch noch so gezwungene – Atmosphäre des gegenseitigen Wohlwollens, falls die Verhandlungspartner zu einem Konsens gelangen
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