Die Schöne vom Nil
lassen?«
»Nichts einfacher als das. Aber dann graben sie das einfach wieder aus. Sie kennen diese Leute nicht, vor allem diesen Frank Herburg, Gemal Mohammed! Er lebt nach der bekannten europäischen Devise: Schwierigkeiten sind dazu da, beseitigt zu werden.«
»Ein Satz – wie für Sie geschaffen, Suliman!« Gemal Mohammed blätterte in einem Heft auf seinem sonst fast leeren Schreibtisch. Es war ein riesiges Möbelstück mit blanker Mahagoniplatte und eingelegtem grünen Saffianleder. Englischer Stil. »Also dieser Herburg bereitet Ihnen Schwierigkeiten? Na? Und was soll man nach der erwähnten Devise mit Schwierigkeiten machen? Sie wegräumen! Bei Allah! Muß man Ihnen alles vorbeten, Suliman?«
»Aber es soll doch alles so aussehen, als sei es Schicksal!«
»Suliman, ist es Ihnen nicht möglich, einen einzelnen Menschen zu beseitigen? Meinetwegen unter schicksalhaften Umständen? Wir haben doch immer Phantasie gehabt. Wer hat die besten Märchenerzähler der Welt?«
»Frank Herburg und die Ärztin sind mit Atemmasken und Gegengiften ausgerüstet, da helfen keine Märchen mehr.«
»Dann werden Sie endlich konkret, bei Allah!« schrie Gemal Mohammed. Er blätterte weiter in seinem Heft …
Es handelte sich um einen Import aus Holland: Fotos nackter Mädchen in außerordentlichen Stellungen. Gemal hatte auf einmal Lust, das Büro zu verlassen, nach Hause in seine Villa zu fahren und sich mit Fawzia zu vergnügen, seiner neuen Geliebten, die seit einer Woche seinen Harem bevölkerte. Dieses Gespräch mit dem eitlen, feigen Suliman ärgerte ihn.
»Ich selbst habe noch nie einen Menschen getötet«, brachte Suliman zögernd hervor.
Gemal verzog ungeduldig das feiste Gesicht, als ekele ihn die Stimme an.
»Dann kaufen Sie jemanden, Suliman. Sie verstehen zwar etwas von bestimmten Handelsbeziehungen und noch mehr von Weibern – was Ihnen fehlt, ist das Gebiß eines Löwen, der auch zubeißen kann. Wenn jetzt irgend etwas schiefgeht, ich sagte es schon, können Sie sich im Nil ertränken.«
»Ich habe der Forschungsgruppe eine fröhliche Party in Aussicht gestellt«, berichtete Suliman heiser.
»Bei Allah, ja, machen Sie das! Aber hoffen Sie nicht, bei Luisa Alius landen zu können und damit alle Probleme zu lösen! Da muß Ihnen etwas Besseres einfallen!« Gemal betrachtete ein Foto in dem Heft aus Holland, das seine Kopfhaut kribbeln ließ. »Hören Sie, Suliman, wenn es schon schicksalhaft aussehen soll … Denken Sie an Kleopatra und ihre Giftschlangen! In jedem Bett eine … das genügt!«
»Ich werde eine ganz tolle Party geben!« antwortete Suliman ausweichend. »Eine Party, von der man sprechen wird. Und auf dieser Party wird einiges passieren, was das Bild in Sakkara grundlegend verändern wird. Ich habe da bestimmte Vorstellungen …«
»Da bin ich aber wirklich gespannt!« rief Gemal ironisch.
»Das dürfen Sie auch!« Suliman legte den Hörer auf. Dieser feiste alte Bock, dachte er wütend. Ich habe das Risiko, und er kommandiert mich herum. Aber das ändert nichts daran, daß Dr. Herburg und Luisa Alius im Begriff sind, nicht nur Menesptah zu entdecken, sondern nebenbei und ungewollt auch Gemal und mich um ein Millionengeschäft zu bringen. Das ist schon eine Party ganz besonderen Stils wert …
Am Abend schickte Suliman ibn Hussein einen Boten im Kostüm eines altägyptischen Hofmeisters mit den Einladungen in das Barackenlager von Sakkara.
IV
Das ›Unternehmen Menesptah‹, wie man die Erforschung der unbekannten Grabanlage ab jetzt nannte, war ins Stocken geraten.
Nach genau 47 Metern, in deren Verlauf der Gang einige Bögen machte und insgesamt elf Stollen von ihm abzweigten, standen Dr. Herburg und Dr. Alius in einer über drei Meter hohen, rundum mit Wandgemälden geschmückten Kammer, die keine weiteren Türen, keinen weiteren Ausgang hatte.
Eine Endkammer? Oder verbarg sich hinter den herrlichen Bilddarstellungen altägyptischen dörflichen Lebens eine andere, zugemauerte Tür, die weiter in ein Gewirr von Gängen und Stollen führte? Imhoteps unterirdisches Zauberreich der Toten!
Es konnte aber auch sein, daß einer der elf Querstollen zu den Hauptkammern führte oder von jedem der elf Seitenwege wiederum Abzweigungen wegführten zu neuen Gewölben oder Kammern …
Eines jedenfalls wußte man mit Gewißheit: Hier war man in ein echtes Labyrinth geraten, dessen genaue Erforschung Monate dauern würde. Ob man jemals Menesptahs Sarkophag finden würde, war nicht nur eine Sache
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