Die Schöne vom Nil
sie mir mit!« rief Pernam fröhlich. »Oder gar einen Kugelfisch? Hütet euch vor Kraken … Die altägyptischen Ärzte sollen Saugnäpfe mit Gift präpariert haben!«
»Sie haben Humor, Harris«, sagte Herburg und blickte zu Luisa hinüber, die langsam auf den Höhleneingang zuging. »Schnallen Sie mir das Ding auf den Rücken, knoten Sie die Nylonleine an meinen Gürtel, und bleiben Sie bitte draußen stehen, wenn wir in den Gang vordringen. Es kann sein, daß wir nicht weit kommen. Das mit den Masken ist Luisas Erfindung. Sie glaubt an Nervengifte und Bakterien, die sich in verschlossenen Grabkammern über Jahrtausende halten. Viren, die noch nach fünftausend Jahren leben.«
»Wovon denn?«
»Von den Mumien, den Geweben, in denen diese eingewickelt sind. Von Papyrusrollen, ja, sogar von den Farben der Wandmalereien. Wir wissen es nicht – aber sie will es wissen! Zum erstenmal wird ein unberührtes Königsgrab toxikologisch und biochemisch durchforscht. Heute abend wird ein ganzes Labor eingeflogen …«
»Sie bleibt also wirklich hier?« fragte Pernam interessiert. »Wochenlang?«
»Es sieht so aus, Harris. Sammeln Sie all Ihren verfügbaren Inselcharme …«
»Sie haben also nichts dagegen?«
»Nichts.«
»Ich darf mich um Luisa bemühen?«
»Bitte sehr!«
»Soll ich vielleicht jetzt gleich mit ihr in das Grab wandern?«
»Nein! Passen Sie hier draußen auf, daß wir im Labyrinth – falls es hier eins geben sollte – nicht verlorengehen.«
Wie die Kollegen aus früheren Zeiten, die ins Innere der Pyramiden und Gräber vordrangen und fassungslos vor einem Gewirr von Gängen, Nebengängen, Kammern und Stollen standen, so bereiteten sich jetzt auch Dr. Luisa Alius und Dr. Frank Herburg darauf vor, das Innere des unbekannten Grabes zu betreten: Mit einer dicken weißen Nylonschnur um den Leib, die Pernam draußen fest in den Händen hielt, würden sie den Kontakt zur Außenwelt aufrechterhalten. Zusätzlich hatte Herburg ein kleines Funksprechgerät um den Hals hängen; aber was nützte es, wenn er melden mußte: »Wir sitzen hier in einer Kammer zwischen sieben winkeligen Gängen fest und finden den Ausgang nicht mehr!«
Wenn der große Imhotep auch dieses Grab angelegt hatte, würde es mehr Fallen, als man einkalkuliert hatte, enthalten. Da ist eine primitive, aber reißfeste Nylonschnur immer noch die beste Sicherung. Eine Nabelschnur des Überlebens …
Sie standen nebeneinander vor dem Eingang des langen, abwärts führenden Ganges, als Leila zu ihnen trat. Sie würdigte Luisa keines Blickes, stellte sich auf die Zehenspitzen, küßte Herburg auf beide Augen und auf den Mund. Dann wickelte sie ihm die Streifen des zerrissenen Schals um den Kopf – wie einen Verband. Ratlos hielt Herburg still und ließ es geschehen.
Nur Harris Pernam, der an sich eine witzige Seite entdeckte, die bisher im Verborgenen gewuchert haben mußte, meinte:
»Das erinnert mich an die Kamikaze-Flieger der Japaner. Die wickeln sich auch das Sonnenbanner um die Stirn und stürzen sich dann als lebende Bomben auf die Gegner. Ein Glück, daß ich Frank am Strick halte! Immerhin ist es rührend von Ihnen, Leila …«
Der Einstieg war jetzt groß genug. Dr. Pernam kontrollierte sein Gegensprechgerät, Toc-Toc hängte Dr. Herburg einen starken Batteriescheinwerfer um den Hals.
Dr. Luisa Alius hatte an ihrem Gürtel eine Menge Plastikbeutel und Flaschen mit merkwürdigen Verschlüssen hängen. Während normale Sprühflaschen etwas herausspritzen, saugen diese Verschlüsse Außenluft an und schließen sich dann luftdicht ab. Erst im Labor sollten sie später unter größten Sicherungsmaßnahmen in Vakuumbehälter entleert werden. Gab es vergiftete Luft in den Gängen und Kammern der Grabanlage, dann würde man sie einfangen. Imhotep würde nach 5.000 Jahren besiegt werden können …
»Wie fühlen Sie sich?« fragte Herburg und trat an den freigelegten Eingang heran.
Luisa sah ihn kalt an.
»Dumme Frage! Bei Pockenkranken pflege ich Plastikanzüge zu tragen.«
»Heute aber betreten Sie ein Grab der dritten Pharaonen-Dynastie …«
»Soll ich deswegen Herzklopfen haben?« erwiderte Luisa unbeeindruckt.
»Ich bewundere Sie, Luisa!« mischte sich Pernam ein und versandte sein charmantestes Lächeln.
»Ich Sie nicht, Dr. Pernam.« Ihre Stimme war eisig. »Ich mag nämlich Männer nicht, die mit ihren Blicken Löcher in meinen Körper brennen …«
»Bei Ihnen müßte man Laserstrahlen haben«, schlug Pernam
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