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Die Schöne vom Nil

Die Schöne vom Nil

Titel: Die Schöne vom Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Berechnungen, sondern auch des Glücks.
    Der direkte Weg jedenfalls – und eigentlich hatte man auch nichts anderes erwartet – endete in der Steinkammer. Herburg ließ den Handscheinwerfer kreisen und bewunderte die Wandgemälde, die 5.000 Jahre überdauert hatten. Sie waren frisch, als seien sie erst vor kurzem gemalt worden. Den Farben mußte ein Konservierungsmittel beigemischt worden sein, und das war es, was wiederum Luisa Alius interessierte. Sie kratzte, die Hände durch Gummihandschuhe geschützt, etwas von der Farbe ab und verschloß die Proben in luftdichte Plastikbeutel.
    Überall in den Nischen lagen die Pavianmumien. Als Herburg in einen der elf Quergänge hineinleuchtete, sahen sie die hohen Tongefäße mit den Ibismumien – Stück an Stück – ein Heer von heiligen Vögeln, das den Kind-König zu den Göttern begleiten sollte.
    Dr. Herburg lehnte sich an die rauhe Felsenwand und drückte das Funksprechgerät eng an seinen Atemfilter.
    Draußen, bei über 60° Hitze, unter einem aufgespannten Sonnenschirm, das weiße Nylonseil fest in den Händen, wartete Dr. Harris Pernam.
    »Wir kommen zurück«, meldete Herburg.
    »Fehlanzeige, Frank?«
    »Im Gegenteil. Das ist die umfangreichste Grabanlage nach Djoser, Horus und Teti. Nur eben, daß sie unterirdisch ist. Solche Ausmaße in der Erde kannte man zur Zeit der dritten Dynastie bisher noch nicht. Wir kommen rauf, um nach chemischen Untersuchungen einen genauen Plan aufzustellen.«
    »Und was macht Luisas Giftlabor am Gürtel?«
    »Noch ziemlich dünn! Wir erwarten, daß der Rummel erst in den vielen Seitengängen richtig losgeht und sich noch steigert, je näher wir dem inneren Heiligtum kommen. Auf jeden Fall haben wir wochenlang zu tun.«
    Dr. Pernam war sehr zufrieden. Die bevorstehenden Wochen mit Luisa versprachen interessant zu werden. Auch wenn sie eine Kratzbürste war … selbst die härtesten Borsten werden weich, wenn man sie immer wieder einseift.
    Er holte die weiße Nylonleine, an der Herburg hing, ein und ging dann Luisa entgegen, die als erste aus dem Grabeingang auftauchte. Sie riß sich die Gummimaske mit den Atemschläuchen und dem Filter vom Gesicht und schüttelte ihre blonde Mähne.
    Leila, die neben Pernam unter dem großen Sonnenschutz gesessen hatte, wollte Frank Herburg entgegenlaufen, aber Luisa griff rasch zu und hielt sie am Arm fest. Leila wollte sich mit einem energischen Ruck losreißen, aber der Griff der Ärztin war fester, als man ihr zugetraut hätte.
    »Fassen Sie Ihren Liebling jetzt nur nicht an!« sagte sie hart. »Er könnte Sie vergiften.«
    »Und Sie nicht?« schrie Leila und versuchte, sich aus Luisas Griff zu befreien.
    »Ich habe mich schon abgesprüht. Mein Gott, Sie werden doch wohl noch fünf Minuten warten können, ehe Sie sich ihm an den Hals werfen!«
    »Ich hasse Sie!« zischte Leila. Ihre schwarzen Augen funkelten vor Wut.
    »Das weiß ich. Wenn man Ihnen doch klarmachen könnte, wie unsinnig das ist! Ihr Frank ist nur ein Kumpel für mich, weiter nichts. Aber wie kann man Ihnen den Begriff ›Kumpel‹ erklären?«
    Am Grabeingang erschien jetzt Dr. Herburg. Luisa ging zu ihm zurück, und er blieb, wie abgesprochen, stehen. Luisa sprühte ihn aus einer Desinfektionsflasche mit einem Mittel ein, das die Bakterien vernichten sollte. Es gewährleistete nach den bisherigen Erkenntnissen eine sichere Sterilität. Erst danach löste auch Herburg seine Gummimaske.
    Toc-Toc und drei Arbeiter nahmen ihm die Geräte ab, den Scheinwerfer, die Plastikbeutel mit den Gesteinsproben und Bruchstücken aus den Gipssarkophagen der Pavianmumien, und mit den kleinen Holztafeln. Sie waren mit Schnitzereien bedeckt, die Jagdszenen zeigten – Herburg hatte sie im Gang nahe der Endkammer gefunden. Man erkannte deutlich einen großgewachsenen schlanken Mann mit langen, schulterbedeckenden Haaren, Pfeil und Bogen in der Hand und über dem Rücken den Köcher aus Schilfrohrgeflecht. Im Gürtel, der den Lendenschurz hielt, stak ein Messer. Die darüberstehenden Hieroglyphen berichteten in sechs Zeilen, daß der große Lehrer der Jäger auf dem Wege zum Schilfufer des Heiligen Flusses – des Nils – war, um seinen Schüler die Kunst des Bogenschießens zu lehren.
    Als Frank Herburg diese Tafel fand, mit einem Loch über der Schrift, das darauf hindeutete, daß dieses Holzschnitzbildnis einmal als Wandschmuck gedient hatte, war er nahe daran gewesen, aufzujubeln.
    Der große Jäger, der Lehrer, hatte also einen

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