Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schoensten Weihnachtsgeschichten

Die schoensten Weihnachtsgeschichten

Titel: Die schoensten Weihnachtsgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
stehen würden in Fräcken und ausgeschnittenenAbendkleidern. Und wenn ich uns unter diesen Feiergästen vorstellte, so wußte ich, nicht dahin gehörten wir, nicht da lag unser Glück.
    Es war nicht feige Weltfremdheit, keine schwärmerische Suche nach einem Idyll, sondern es war dies, daß man so leben muß, wie man gewachsen ist. Unsere Glieder und unsere Köpfe und vor allem unsere Herzen waren nicht für Abendkleid und Frack gewachsen.
    Aber an dieser Stelle weigerte sich mein Kopf, weiterzudenken, und wieder einmal meinte ich, daß es mit uns doch eine andere Sache sei und daß ich es – trotz des vielen Geldes! – schon nett für uns einrichten würde und daß es feige wäre, vor einem solchen Glück davonzulaufen.
    Schließlich sagte August Böök: »Nun wird’s aber Zeit nach Haus, kleine Mücke! Die Mummi wird schon mit der Bescherung warten.«
    Wir wanderten wieder hinein in den dunkeln Hochwald, die Mücke und ich, und nach einer Weile holte uns dann der August ein, der noch die Lichter gelöscht hatte (aber ohne daß es die Mücke wußte), und eifriges Raten ging los, ob wohl der Weihnachtsmann unterdes in Hause gewesen sei und was er jedem gebracht habe.
    Jawohl, der Weihnachtsmann war unterdes im Haus gewesen, und er hatte uns alle überreich beschenkt. Der gute August Böök, der es verschmähte, sich um Geld zu sorgen und Geld anzusammeln, hatte doch eine große Liebe für die schönen Dinge dieser Erde, und es erwies sich, daß er das Sparbuch der Mücke ohne alle Zurückhaltung geplündert hatte. Die Weihnachtsgeschenke derjungen Schreyvogels waren wirklich millionärshaft, und eine ganze Zeit lang waren die guten Kantorsleute sehr betreten, welch vornehme Leute bei ihnen abgestiegen waren.
    Aber nach einer Weile vergaßen sie über Mückes Jubel, Karlas Herzlichkeit und meiner unverstellten Freude die herrliche goldene Taschenuhr – ganz dünn! – für mich, den schönen Topasring für Karla, der so gut zu ihrer bräunlichen Haut stand, die wunderbaren Stofftiere und schreiend lackierten Autos der Mücke, die ja ein Vermögen gekostet haben mußten!
    Sie vergaßen’s und freuten sich mit uns. Sie merkten ja, daß wir uns nicht alle Tage und auch nicht alle Weihnachten so beschenkten. Wenn die Frau Kantor nun richtig ein bißchen neugierig wurde und gar zu gerne herausbekommen hätte, was für eine Bewandtnis es mit diesem jungen, zur Weihnachtszeit heimatlos umherirrenden, reichen Ehepaar hätte und ihrem seltsamen Begleiter mit goldenem Ohrring und recht schmutzigem Sweater (zum Waschen war Karla doch nicht gekommen), diesem Begleiter, der uns Chef und Chefin nannte, von uns aber wild durcheinander »Au gust « – »Böök« – »Herr Böök« – »Onkel Böök« gerufen wurde …
    Wenn da also die gute Frau Friedemann freundlich, aber hartnäckig zu bohren anfing, so ergriff der »Herr Böök«
sein
Weihnachtsgeschenk von uns, ein ungeheures weißes und silbernes Akkordeon mit ich weiß nicht wieviel Tasten, Zügen und Bässen – und spielte und sang ein Lied. Beileibe nicht nur Weihnachtslieder, sondernLieder der Matrosen, aus allen Häfen, in vielen Sprachen. Da verlor die Frau Kantor immer wieder die Spur, denn sie mußte protestieren gegen »solche« Lieder am Heiligen Abend. Der Herr Kantor aber fing an zu schreien, jedes Lied sei recht, wenn der Mensch sich nur freue, und ob der Herr Böök nicht ein Lied wisse, wie es die Japaner sängen oder die Leute von Tahiti oder doch wenigstens etwas Spanisches!
    Über alledem wurde es nur zu rasch Zeit zum Abendessen, denn der Kantor mußte ja noch in die Kirche zum Orgelspielen, und daß wir da alle mitgingen, war ausgemacht. Wir saßen denn auch alle nebeneinander auf der dunkeln, harten Bank, oben sang die Orgel, und die Mücke sah mit immer größeren Augen in all die vielen Lichtlein, denn jeder Kirchenbesucher hatte sich eines mitgebracht und vor sich festgeklebt. Ich hörte wieder die Worte des Weihnachtsevangeliums, das auch ich als Junge unter dem Tannenbaum hatte sprechen müssen.
    Ich hielt die Hand der Karla, der neue ungewohnte Topasring erinnerte mich an den wunderlichen Weg, den ich, der Sohn des ewig Not leidenden Fuhrmanns, bis hierher in die Langleider Dorfkirche gegangen war, und so fremd mir in den langen Jahren der Gottesdienst mit seinen Einrichtungen auch geworden war – so gläubig erhoffte ich doch meinen Frieden auf Erden.

FAMILIENBRÄUCHE
    In Berlin halten die Weihnachtsbäume zeitig ihren Einzug auf Straßen

Weitere Kostenlose Bücher