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Die schoensten Weihnachtsgeschichten

Die schoensten Weihnachtsgeschichten

Titel: Die schoensten Weihnachtsgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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zu der Alten zurückschicken, gerade an solcheinem Tage. Und nun fing er an, alle Leute im Dorf herzuzählen. Erst die kleinen Leute, die uns aber alle nicht aufnehmen konnten. Dann die Bauern, die uns aber alle nicht würden aufnehmen wollen.
    Schließlich blieb nur noch der Pastor, der Krämer und der Kantor. Davon wurde der Krämer auch noch ausgeschieden, weil der morgen am ersten Feiertag zu Verwandtschaft über Land fahren wollte …
    Der Meister dachte scharf nach und meinte dann, zum Pastor möge lieber die junge Frau allein fragen gehen oder besser noch mit dem Kind an der Hand. Denn Pastors hätten nie Kinder gehabt und seien also kinderlieb. Zum Kantor aber solle der andere Herr gehen, nämlich der August, weil er nämlich ein bißchen fremd aussehe, und Kantors seien alt und hörten darum gerne etwas Neues.
    So hatte jeder seinen Auftrag, bloß ich nicht. Aber ich mochte nicht allein in der Schmiede sitzen, und so ging ich zum Krämer, um mir Zigaretten zu kaufen und dabei zu horchen, ob nicht vielleicht doch etwas dort zu machen sei, wenigstens mit Quartier.
    Es war aber dort wirklich nichts zu machen, es war nicht einmal ein Wort dort zu reden, denn der ganze Laden stand voller Frauen, die noch rasch ihre letzten Weihnachtseinkäufe mit Lichtern, Sirup, Tannenbaumschmuck, Hefe, Rosinen, Mandeln, Pflastersteinen, Püppchen erledigten.
    Ich war froh, als ich wieder aus dem Laden war, ordentlich heiß war mir geworden unter all den Blicken. Und kaum war ich zwanzig Schritte gegangen, so stießich auf Karla und Mücke. Sie hatte schon beinahe die Zusage gehabt von der Frau Pastor, als sie sich im Böökschen Lügengestrüpp von der bösen Schwiegermutter verfangen hatte. Die Frau Pastor hatte gemeint, daß heute abend Friede auf Erden sein solle, und es würde eine rechte Sünde von ihr sein, uns aufzunehmen statt uns sofort heimzuschicken zum Friedensschluß mit der lieben alten Mutter, die nach Art der alten Leute vielleicht wunderlich sei, aber bestimmt nicht böse …
    So setzten wir wieder einmal all unsere Hoffnung auf den August Böök, und nicht zu Unrecht. Denn er kam mit der Kunde, daß wir zu Kantors dürften, aber unter der Bedingung, daß wir mit den alten Leuten gemeinsam feiern müßten und daß, wenn die Kleine erst schlafe, ein bißchen erzählt und gespielt werden müßte zur Gesellschaft.
    Da sagten wir gerne ja, und fröhlich hielten wir unseren Einzug ins Kantorhaus, gleich neben der Dorfkirche, und das hübscheste, sauberste, vollgestellteste Haus war es, das wir je zu sehen bekommen hatten. Und die freundlichsten, friedlichsten alten Leute waren die Kantorsleute. Kantor Friedemann hießen sie, beide klein und rundlich, mit blühenden Farben.
    Die beiden greisen Leute taten recht, als seien wir irgend etwas liebes Anverwandtes, das nach langer Zeit, sehnlichst schon erwartet, zu Besuch gekommen sei. Und es war uns nicht eine Minute so, als seien wir irgendwo in der Fremde. Sondern gleich fing Frau Kantor Friedemann an, von all ihren Kindern und Kindeskindern zu erzählen. Sie hatte nämlich sieben Kinder, allesTöchter, und sechsundzwanzig Enkelkinder, anderthalb Dutzend Mädchen und zwei drittel Dutzend Jungen, und auch schon wieder fünf Urenkel, alles Jungen … Und es flog nur so heimatlich-behaglich von Fridas und Lenis über den Tisch, von Dresden und Zehdenick und Langenleube, daß einem ganz gemütlich ums Herz wurde …
    Der Kantor Friedemann aber versuchte, mich unterdes ein wenig nach Wesen und Art zu erforschen. Aber er war nicht sehr neugierig, sondern als er erfahren hatte, daß wir unser ganzes Leben in der Stadt Radebusch verbracht hatten, fand er, er wisse genug von uns, und berichtete nun von sich. Nämlich, daß er auch nicht viel weiter herumgekommen sei, aber immer den Wunsch gehabt habe, in die Welt hinauszukommen, nach Timbuktu oder Tananarivo oder seinethalben auch nur nach Buenos Aires oder dem Goldenen Tor bei San Franzisco … Er sprach diese fremden Ortsnamen aber mit solcher Ehrfurcht aus, daß ein jeder spürte, wie er all seine Träume an sie gehängt hatte, und daß das Herz des alten Mannes heute noch voll von Fernweh war, wie sonst nur das Herz der Allerjüngsten.
    Der August Böök sagte darum nach einer Weile, der Herr Kantor Friedemann stelle sich die Welt wohl ein bißchen anders vor, als sie in Wahrheit sei. Gewiß, er, der August, sei ein wenig herumgekommen und er müsse zugeben, es wären viele schöne Plätze in ihr. Aber schön sei schön,

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