Die schottische Braut
seine Schläge. Wenn der Mann einen Kampf wollte, dann sollte er, verdammt noch einmal, auch einen bekommen.
»Lauf, Jamie!«, rief sie ihrem Bruder zu.
Doch er kam nicht weit, bevor einer der anderen Ritter ihn packte.
Ihr Pech verfluchend drang Callie heftiger auf ihren Gegner ein. Sie stand kurz davor, ihn zu entwaffnen, als eine kühle, vage vertraute Stimme erklang und sie innehalten ließ.
»Lasst das Schwert fallen, Mylady.«
Aus dem Augenwinkel erkannte sie den Mann von der Treppe wieder. Wie die anderen Ritter auf seine Gegenwart reagierten, war wirklich bemerkenswert.
Sie wichen vor ihm zurück.
Roger warf dem schwarzen Ritter einen wütenden Blick zu und erklärte: »Halt dich da raus. Das geht dich nichts an.«
Der schwarze Ritter zog spöttisch eine Braue in die Höhe. »Bedenkt man, wie tief die Dame dich eben erst dadurch beschämt hat, dass sie besser mit dem Schwert umgehen kann als du, bezweifle ich ernsthaft, dass du meinen Stahl erproben willst.« Er warf dem anderen Mann einen spöttischen Blick zu. »Oder irre ich mich?«
Callie sah die Unentschlossenheit auf Rogers Zügen.
»Lass es sein, Roger«, sagte einer der Ritter. »Du weißt, dass er nur auf die Gelegenheit wartet, dich umzubringen.«
Roger nickte langsam, senkte sein Schwert und marschierte davon.
Callie drehte sich um und sah den Mann an, der den anderen solche Angst einzujagen vermochte. Er stand reglos wie eine Statue und beobachtete sie mit steinerner Miene, sodass sich weder seine Gedanken noch seine Stimmung auf seinem Gesicht widerspiegelten. Die leichte Brise spielte mit seinen Haaren, während er sie ohne zu blinzeln anstarrte.
Aye, er war gefährlich, tödlich gefährlich, so viel stand fest. Sie war sich nicht sicher, ob der Teufel selbst furchteinflößender war.
Also hielt sie ihr Schwert weiter kampfbereit.
Der schwarze Ritter lächelte kühl. »Ich sehe, Ihr versteht Euch darauf, mit Männerwerkzeug umzugehen.«
Mehrere der Männer lachten anzüglich.
Ihr Gesicht rötete sich bei dieser groben Bemerkung. »Eure Beleidigungen gefallen mir gar nicht.«
»Es soll keine Beleidigung sein, Mylady, dessen seid versichert. Ich bewundere eine Frau, die ihren Mann stehen kann.«
Sie konnte nicht sagen, ob er das ernst meinte oder sich über sie lustig machte. Weder seine Körperhaltung noch sein Tonfall verrieten die Absicht hinter seinen Worten.
»Jetzt senkt das Schwert.«
»Nein«, entgegnete sie fest. »Nicht ehe mein Bruder und ich frei sind.«
»Mylady?« Callie erkannte die Stimme der Magd wieder, die ihr bei der Verkleidung für die Flucht geholfen hatte. Das Mädchen trat aus den Schatten an der Tür ins Burginnere und schaute sie an. »Tut, was Seine Lordschaft sagt, Mylady. Bitte. Ihr habt keine Ahnung, wer er ist, aber nehmt mein Wort darauf. Das Letzte, was Ihr wollt, ist, ihm in die Quere zu kommen.«
Der schwarze Ritter streckte seine Hand aus. »Das Schwert!«
Aus irgendeinem unbekannten Grund hätte sie beinahe gehorcht. Aber ein Blick auf Jamie, und sie wusste, sie konnte ihre bis hierhin beste Chance nicht kampflos verstreichen lassen. So machte sie einen Schritt auf den schwarzen Ritter zu.
Sie bewegte ihr Handgelenk, sodass sich die Schwertspitze dicht vor seinem Hals befand, doch zu ihrer Verwunderung wich er weder zurück, noch zuckte er zusammen. Er starrte sie einfach nur aus diesen seelenlosen dunklen Augen an. Ruhig. Geduldig. Wie eine Natter, die darauf wartet, dass ihre Beute nahe genug kommt, um dann plötzlich zuzustoßen.
Sie verharrte reglos.
Plötzlich, bevor sie auch nur wusste, was geschah, machte er einen blitzschnellen Schritt nach vorne, klemmte die Klinge zwischen seinen Unterarmen ein und schlug ihr die Waffe aus den Händen. Sie beschrieb einen Bogen in der Luft und fiel zu Boden. Mühelos bekam er das Schwert am Griff zu fassen, wirbelte es einmal herum und stieß es dann scheinbar ohne sich anzustrengen neben sich in die Erde.
Nun war sein Lächeln noch kühler als vorhin. »Hat Eure Mutter Euch nicht beigebracht, den Teufel nicht herauszufordern, es sei denn, Ihr seid willens, seinen Zoll zu zahlen?«
Callie taten die Finger weh, weil er ihr das Schwert entrissen hatte, doch sie sagte nichts. Um genau zu sein, sie wusste auch gar nicht, was sie darauf hätte erwidern sollen. Alles, was sie wusste, war, dass er sie besiegt hatte. Niemand hatte sie je zuvor entwaffnet.
Und dazu hatte er noch nicht einmal seine eigene Waffe gezogen. Das Gefühl der
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