Die schottische Braut
zerstört wurden, Chisholm. Ich wünschte, ich könnte das auch von der übrigen Fracht der
St. Bride
sagen.”
Sie genossen ein reichhaltiges Mahl, zu dem man Schaumwein trank und eine gepflegte Unterhaltung führte. Die Gespräche reichten weit, und dank der Anleitung von Harris war Jenny in der Lage, ihren Beitrag zu leisten. Nach dem Dinner spielte Mrs Jardine am Pianoforte. Als Harris ihren Gastgebern von dem kleinen Konzert auf dem Vorderdeck der
St. Bride
erzählte, bestanden sie darauf, dass Jenny sie mit einem Lied unterhielt.
Als sie an diesem lauen Augustabend im Mondschein zurück zu den Glendennings schlenderten, seufzte Jenny zufrieden und sehnsüchtig zugleich. “Immer habe ich davon geträumt, so zu leben. Die Menschen sind so höflich und elegant. So liebenswürdig.”
Harris verlangsamte seinen Schritt. Als in der Ferne eine Eule rief, legte er seine linke Hand auf Jennys, die auf seinem rechten Arm ruhte. Die Hochstimmung des Abends wischte alle seine Befürchtungen hinweg.
“Auch für mich war es schön gewesen, Jenny. Doch es waren nicht die delikaten Speisen oder das Porzellan von Mrs Jardine oder gar die Musik. Ich bin in Edinburgh bei einer Gesellschaft gewesen und habe mit den Robertsons in Dalbeattie diniert, aber ich habe mich niemals so gut unterhalten wie heute Abend. Dass du da warst – das hat den Abend zu etwas Besonderem gemacht.”
Sie wandte sich ihm zu, holte kurz Luft, bevor sie sprach. Harris wusste, was sie sagen wollte, doch er würde sie erst dann zu Wort kommen lassen, wenn sie ihn zu Ende angehört hatte. Rasch, doch unendlich zärtlich legte er ihr die Finger auf die Lippen. Erregende Gefühle stiegen in ihm hoch, als er ihre Wärme fühlte und ihn ihr Atem streifte.
“Schelte mich später”, flüsterte er. “Doch jetzt lass mich sagen, was ich auf dem Herzen habe. Du machst jeden Tag und jede Nacht zu etwas Besonderem, Jenny. Selbst wenn wir nur zusammen ein Buch lesen oder bei Sonnenuntergang durch die Wälder wandern.”
Sie blickte ihn mit Tränen in den Augen an. Harris schluckte, da er fürchtete, ihm könnte die Stimme versagen.
Doch er fuhr fort, denn er wusste, dass dies vielleicht seine beste, seine einzige Chance war. “Du bist diejenige, mit der ich das alles teilen möchte, Jenny.”
Ihre Lippen bebten unter seiner Berührung. Er konnte nicht länger an sich halten und zog Jenny an sich, so fest, als wollte er sie nie wieder loslassen.
“Musst du nach Chatham gehen, Jenny? Musst du Roderick Douglas ehelichen? Kannst du nicht bei mir bleiben? Mr Jardine möchte, dass ich für ihn die Geschäfte führe. Ich weiß, wir würden mit wenig anfangen, doch ich schwöre, ich werde hart arbeiten, damit wir ein gutes Leben führen.”
Spielte ihm seine Fantasie einen Streich, oder schmiegte sich Jenny an ihn? Er konnte die Worte kaum verstehen, die sie sagte.
“Du darfst solche Dinge nicht äußern, Harris. Du ahnst nicht, wie sehr mich … du verstehst das nicht. Ich habe mein Wort gegeben. Mr Douglas bezahlte für meine Überfahrt und meine neuen Kleider. Wie könnte ich ihm das jemals zurückzahlen?”
“Ist
das
alles, was dir im Wege steht?” Harris warf seinen Kopf zurück und lachte erleichtert. “
Ich
bezahle ihn, Jenny. Ich würde Mr Douglas jeden Pfennig bezahlen, den er ausgegeben hat, auch wenn er hundert Prozent Zinsen verlangt.”
Leise fügte er hinzu: “Und trotzdem hätte ich das beste Geschäft in meinem Leben gemacht, Jenny.”
“Da ist noch mehr, Harris.” Jenny versuchte, sich seiner Umarmung zu entwinden, doch ihr Widerstand war schwach. Harris fühlte, dass sie nicht wirklich wollte, dass er sie losließ.
Deshalb tat er es auch nicht.
“Ereifere dich nicht, Jenny. Ich verlange nicht, dass du dich heute noch entscheidest. Ich möchte bloß, dass du eine Weile darüber nachdenkst. Ist die
St. Bride
wieder zum Auslaufen bereit, kannst du mir deinen Entschluss mitteilen. Wenn du dich dafür entschieden hast, Mr Douglas zu heiraten, werde ich mit dir nach Chatham gehen, wie ich es versprochen habe, und wir reden nie mehr darüber.”
Bei dem Gedanken fröstelte ihm in der lauen Sommernacht. Seine Wange an Jennys Haar gedrückt, flüsterte er: “Doch ich möchte dich warnen. Ich werde von nun an jede Gelegenheit wahrnehmen, um die Waagschale zu meinen Gunsten zu beeinflussen.”
Ehe Jenny etwas erwidern konnte, vernahm Harris ein Rascheln auf dem Pfad, der vor ihnen lag, und das Tapsen von bloßen Füßen. Einen Moment
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