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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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konnte, um die Großzügigkeit, mit der sie ihn bei sich aufgenommen hatten, entgelten zu können.
    Doch nicht die Buchführung ließ Harris die Stirn runzeln. Es war das widersprüchliche Verhalten eines bestimmten bezaubernden Mädchens und seiner eigenen einfältigen Beharrlichkeit. Nach jener scheinbar endlosen, schrecklichen Nacht hatte er sich dem Glauben hingegeben, dass sich die Gefühle zwischen ihnen geändert hätten. Die Art, wie sie einander gehalten hatten. Das Vertrauen, das sie miteinander geteilt hatten. Wie konnte das alles so viel für ihn bedeutet haben, ohne ihr selbstsüchtiges kleines Herz zu berühren?
    Wenigstens hatte er gehofft, dass sie ihre Ehe mit Roderick Douglas nochmals überdenken würde. Stattdessen schien sie mehr denn je entschlossen zu sein, nach Chatham zu gelangen. In die wartenden Arme ihres Zukünftigen. Sein ganzes Leben lang würde er ihre Eile nicht verstehen. Richibucto war ein angenehmer Ort, obgleich nicht sehr vornehm. Man konnte es schlechter treffen, als sich hier niederzulassen.
    Doch Jenny wäre bloß vierzig Meilen entfernt in Chatham. Könnte er sich zu dieser Trennung durchringen? Er seufzte tief über seine eigene Ungeduld. Harris schlug das schwere Hauptbuch zu. Das kleine Kontor der Brüder Jardine leistete sich immerhin die Annehmlichkeit eines verglasten Fensters. Harris erhob sich von dem Stuhl, streckte sich und blickte hinaus.
    Die Augustsonne brannte auf den Hafen herab, so wie sie es jeden Tag tat, seit der Sturm die
St. Bride
beschädigt hatte. Möwen tauchten vom wolkenlosen Himmel herab. Ihr schrilles Kreischen klang wie höhnisches Gelächter.
    Kannst du hier bleiben und sie nie mehr sehen?
schienen sie zu schreien.
Oder gehst du nach Chatham, um sie Tag für Tag mit einem anderen Mann zu sehen?
    “Aye”, murmelte Harris bitter. “Das ist die Frage.”
    Die Singvögel schienen eine bittersüße Liebesballade als Kontrapunkt zu dem lauten Geschrei des Babys zu trällern, als Jenny beobachtete, wie Harris bei den Glendennings ankam. Überzeugt, dass er sie am Waldrand nicht bemerkt hatte, betrachtete sie ihn schweren Herzens. Ihr Verstand sagte ihr, dass sich sein Aussehen kaum verändert hatte seit dem Tag, da sie von Kirkcudbright ausgelaufen waren.
    Er war sonnengebräunter, was die warmen Farbtöne seines Haares und seiner Augen unterstrich. Und sein Gesicht hatte den alten, gehetzten Ausdruck verloren. Sein trockener Humor war herzerfrischend. Seine Narben waren geblieben, obwohl Jenny sie jetzt kaum noch bemerkte. Vielleicht, weil Harris ihr weniger selbstgefällig erschien.
    Diese kaum merklichen Unterschiede konnten schwerlich der Grund für den Wandel ihrer Gefühle sein. Wann immer er in ihre Nähe kam, durchströmte sie glühende Hitze. Ihr Herz änderte seinen ruhigen, monotonen Schlag zu einem heftigen Trommeln. Oftmals reichte eine flüchtige Handbewegung oder ein Lächeln, damit ihr der Atem stockte.
    Sie begann, sich für ihn zu interessieren.
    Genau das hatte Jenny befürchtet. Sie hatte jedes Anzeichen dafür bekämpft, doch ohne Erfolg. Es war, als ob Harris’ Anziehungskraft nur noch stärker wurde, je mehr sie sich dagegen wehrte. Wie lange konnte sie noch widerstehen? Noch einen Monat?
    Wahrscheinlich nicht.
    Harris trat aus der Hütte und blickte in ihre Richtung. Roderick Douglas’ zukünftige Braut wollte sich abwenden und in den Wald laufen, wie der Hirsch, den sie eines Morgens bei Tagesanbruch überrascht hatte. Eine unwiderstehliche Kraft ließ sie indes wie angewurzelt an ihrem Platz verweilen, bis Harris herankam.
    “Wieder ein schöner Tag.” Er blickte empor zu dem azurblauen Himmel, den keine Wolke trübte. “Sag über den Ort, was du willst, doch das Wetter ist in Ordnung.”
    Ihre widerstreitenden Gefühle ließen Jenny scharf antworten: “Du hast leicht reden. Du musst kein Wasser vom Fluss schleppen, um den Garten vor dem Austrocknen zu bewahren.”
    Harris blickte sie an, als habe sie ihn geschlagen.
    “Ich meine, es ist besser als jeden Tag Regen.” Ihr Tonfall wurde sanfter, und sie lächelte entschuldigend. “Zumindest kann man die Felder wässern, damit sie nicht verdorren. Doch wir können nicht viel dagegen tun, wenn sie durch die Nässe verrotten. Was führt dich hierher?”
    Er lächelte. “Mr Jardine schickt dir eine Einladung. Würdest du heute Abend mit uns essen?”
    Jenny zögerte einen Augenblick, bevor sie sagte: “Ja, gern. Wenn ich mich mit einem vermögenden Mann vermähle und in

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