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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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zu pflücken. Ihre Hände waren schmal und bewegten sich mit einer natürlichen Anmut, und ihr langes, offenes Haar fiel ihr über die Schultern herab. Warum nur kam sie ihm so bekannt vor?
    “E…entschuldigen Sie?” stammelte er verblüfft.
    Rebecca. Das war es. Sie sah genauso aus, wie er sich Ivanhoes Rebecca vorgestellt hatte.
    Mit großen Augen blickte sie ihn an.
    “Jeder Pfad bringt dich zu den Menzies”, erwiderte sie. “Der weniger ausgetretene Weg ist kürzer, doch du musst durch den Bach.”
    “Ich danke, Ma’am. Ich bin Harris Chisholm. Alec McGregor hat uns zur Hochzeit eingeladen. Sind Sie eine der Bräute?”
    Sie beantwortete seine Frage nicht und machte auch keine Anstalten, sich vorzustellen. “Ich dachte, du bist der Priester.”
    Es erschien Harris wie eine Ironie, dass man ihn für einen Mann im Priesterrock halten könnte, bedachte er, wo er letzte Nacht gewesen war und was er tun wollte, ehe ihn der Klang des Dudelsacks wieder zur Vernunft gebracht hatte. Luzifer und die Schlange entsprachen eher der Wahrheit.
    Harris, auf der Flucht vor diesen unwillkommenen Erinnerungen, wandte sich dem Pfad zu seiner Linken zu. Er hatte erst wenige Schritte getan, als die Frau ihm zurief: “Richte Murdock Menzies von mir aus, dass er nüchtern bleiben soll. Ich möchte nicht, dass Isabel der Tag verdorben wird.”
    Es klang gebieterisch – eine Stimme, die sich Gehör zu verschaffen wusste und der man gehorchte.
    Harris kam zurück. “Bist du Morag McGregor? Isabel sandte mich hierher. Mit fast der gleichen Aufgabe, denke ich, obwohl sie es ein wenig …”
    Als er auf die Frau mit ausgestreckten Händen zuschritt, schrak sie zurück. Der Ausdruck in ihren grünen Augen wirkte jetzt gehetzt, doch Harris nahm davon kaum Kenntnis. Sein Blick fiel auf ihre elfenbeinfarbenen Wangen, wo der dünne Schleier ihrer dunklen Haare fortgeweht war.
    Zwei Narben durchfurchten ein sonst schönes Gesicht. Sie störten die Regelmäßigkeit ihrer Züge, so als ob der Kopf einer Porzellanfigur entzweigegangen wäre und ihn jemand unsachgemäß wieder zusammengeklebt hätte.
    Für Harris war es das erste Mal, dass er ein anderes narbenentstelltes Antlitz sah, außer seinem eigenen im Spiegel. Tief in seinem Innersten fühlte er mit dieser Frau. Taten ihre Wunden noch weh? Ein Teil seiner selbst litt mit ihr. Sicher hatte man früher ihr Gesicht mit Entzücken betrachtet.
    “Ja, ich bin Morag.” Hinter dem Schleier kühler Arroganz, der sich über ihre Züge senkte, verbarg sich unendlicher Schmerz. Harris kannte das nur zu gut. “Geh zu den Menzies, Fremder, und halte die Augen offen für diesen Tölpel von Murdock.”
    Ein Rascheln im Unterholz ließ Harris’ Blick abschweifen. Als er wieder zurückblickte, war Morag McGregor verschwunden, als wäre sie niemals hier gewesen.
    Es raschelte abermals im Gebüsch, und als Harris diesmal hinsah, erblickte er eine große, hagere Frau, die auf ihn zukam.
    “Sie haben Morag kennengelernt, wie ich sehe”, meinte sie und schüttelte missmutig den Kopf. “Was für eine schreckliche Sache, doch Sie wissen, was die Bibel sagt, Hochmut kommt vor dem Fall.”
    Harris wusste nicht, was er darauf erwidern sollte, und schwieg.
    “Sie müssen dieser Chisholm sein, der zur Hochzeit gekommen ist. Den ganzen Weg von Richibucto zu Fuß? Ich habe noch nie so etwas Verrücktes gehört! Sind Sie auf dem Weg zu Menzies? Dahin will auch ich – ich werde mit Ihnen gehen.”
    Harris, der noch immer gedankenverloren über Morag McGregor nachsann, schritt neben der Frau einher. Ihr lästiges Gerede beachtete er kaum, zu sehr beschäftigte ihn die merkwürdige Begegnung mit Morag.
    Traurig. Verschmäht. So hatte auch er sich in seiner Jugend gefühlt. Bereits der leiseste Hauch von Mitleid hatte ihn genauso reagieren lassen wie Morag McGregor. Auch er hatte sich mit einem schützenden Panzer aus kalter Verachtung umgeben. Nun hatte er es aus anderer Sicht erfahren, und es war nicht so, wie er es erwartet hatte. Es gab weitaus schlimmere Dinge, dessen war er sicher, als zartes Mitleid.
    Neben ihm schwatzte das redselige Frauenzimmer immer noch. Ab und zu nickte er zustimmend. Sie hatte sich ihm vorgestellt, doch er hatte bloß halb zugehört und konnte sich nicht an ihren Namen erinnern.
    “Alle denken, dass es sonderbar ist – ein Chisholm aus dem Süden, doch ich erinnere mich an Glasgow, wo ich mit einer Chisholm gedient habe, und sie war nicht aus den Highlands. Eine hübsche kleine

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