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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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allem, was er heute Nachmittag erfahren hatte, sehnte er sich danach, es ihr zu erzählen.
    In seiner Nähe erregte etwas seine Aufmerksamkeit. Einige Mädchen, ein wenig jünger als Jenny, wichen mit geröteten Gesichtern rasch seinem Blick aus, doch nicht schnell genug, denn Harris bemerkte, dass sie auf ihn gezeigt und über ihn gesprochen hatten. Zweifellos sah er wie ein Narr aus in dieser Hochlandkleidung, die er trug – er, der niemals weiter nördlich als bis Edinburgh gekommen war.
    Aus den Augenwinkeln heraus sah er Morag McGregor, die sich in einiger Entfernung herumschlich. Vielleicht beobachtete auch sie ihn. Harris wurde sich plötzlich bewusst, dass sie verstehen würde, was er Jenny sagen wollte. Könnte er doch nur ihre eisige Zurückhaltung brechen.
    Der Pfarrer rief die Anwesenden zum Gebet und begann die Zeremonie. Er war noch sehr jung und hatte wohl das Seminar noch nicht lange verlassen. Seine helle Stimme erfüllte die kleine Lichtung. Fünf Paare traten vor. Zwei der Bräute reichten ihre Säuglinge älteren Frauen. Eines der Kinder begann, heftig zu schreien. Alle Anwesenden lachten darüber.
    “Die Ehe”, begann der Geistliche, “ist eine Einrichtung Gottes …” War der Bursche überhaupt alt genug, um die volle Bedeutung dessen, was er über Liebe, Hilfe und Trost sagte, zu verstehen?
    Harris schrak zurück. Würde er jemals eine Frau finden, die bereit war, ihm das alles zu geben? Er konnte sich bloß eine vorstellen, und die war fort.
    “Nimmst du, Murdock Menzies, Isabel McGregor zu deinem gesetzlich angetrauten Weibe?”, fragte der Pfarrer, “um gemeinsam in Gottes heiligem Sakrament zu leben?”
    Harris blickte neiderfüllt auf das glückliche Paar, als er ein leises Rascheln neben sich vernahm. Er sah rasch zur Seite und erstarrte beinahe bei Jennys Anblick.
    Sie hatte ihn doch nicht verlassen! Eine Welle der Glückseligkeit durchflutete ihn. Und so wie damals am Kai von Kirkcudbright überwältigte ihn ihre Schönheit.
    Sie sah wundervoll aus in diesem Kleid. Die breite Schleife betonte ihre Taille, die Rundungen ihrer Brüste und die Hüften. Der heidekrautfarbene Glanz der Seide passte zu ihren Augen.
    Harris, der kaum wusste, was er tat, kam ihr so nahe, bis er Jennys Arm gegen den seinen gepresst fühlte. Gemeinsam standen sie in engerer Berührung da als die Brautpaare, und die zeitlose Litanei der Hochzeitszeremonie verband sie beide.
    “Sie niemals zu verlassen und sie zu beschützen, solange ihr lebt.”
    Während Murdock Menzies seine Zustimmung murmelte, rief Harris stumm:
Ich will. Gott sei mein Zeuge, ich will
.
    Erneut warf Harris Jenny einen Blick zu, und er prägte sich jede Einzelheit ihres Gesichtes ein, um sich in den einsamen Jahren, die vor ihm lagen, daran zu erinnern. Jetzt sah auch sie ihn an. Harris schien es, als würde die ganze Welt um sie her versinken.
    Die Hochzeitsgelübde erklangen.
    “Sie zu lieben und zu ehren …” Einfache Worte, doch in Beziehung auf Jenny die süßesten.
    “Von diesem Tag an, in guten wie in schlechten Zeiten. Ob in Armut oder Reichtum …”
    Ein Schauer überlief Jenny, und sie riss die Augen auf, als hätte sie etwas Schreckliches gesehen. Sie wandte den Blick ab und wich hastig zur Seite. Eine Kluft hatte sich zwischen ihnen aufgetan.
    Könnte ich jemals mein Herz vor ihr verschließen?, fragte Harris sich bitter.
    Eines der Dorfmädchen warf ihm einen einladenden Blick zu. Harris’ Mund verzog sich zu einem bereitwilligen Lächeln, und er trat zu dem Mädchen.
    Es war Zeit, sich eine Arznei zu verabreichen.
    In guten wie in schlechten Tagen. In Armut oder Reichtum.
    Armut. Diese entsetzliche Zeit bitterer Entbehrungen hatte sie erfahren müssen. Und nie wieder wollte sie das erleben. Eine Ehe war keine romantische Sommeridylle. Sie bedeutete Mühsal, Sorgen und war endgültig. Die grausame Wirklichkeit forderte von zärtlichen Gefühlen wie Liebe und Verlangen ihren Tribut. Jenny wusste, sie war nicht stark genug, eine Liebesheirat unter diesen Bedingungen zu ertragen.
    Und doch …
    Ihre Empfindungen zu Harris hatten sich im Laufe der Zeit ihres Beisammenseins vertieft und sie dazu gebracht, widersprüchliche Dinge zu tun. Wie die närrische Geste, ihr Hochzeitskleid anzuziehen. Sie musste entsetzlich aussehen. Das Kleid war verknittert, hatte Wasserflecken am Saum und stellte ihre weiblichen Reize freizügig zur Schau.
    Einen kurzen, köstlichen Augenblick, als Harris sie zum ersten Mal darin angesehen

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