Die schottische Braut
finden.”
“Nicht
alles
, Madam”, antwortete der Mann nun ernst.
“Das war nicht Französisch”, erklärte Harris ihr, “sondern Gälisch. Diese Leute hier müssen aus dem Hochland stammen.”
Der Hüne streckte eine große Hand aus. “Alec McGregor, früher in Rannoch, zu Ihren Diensten. Und wer sind Sie, Fremder, dass Sie den Unterschied zwischen Gälisch und Französisch erkennen?”
“Harris … Chisholm, Sir.” Er ließ sich nichts anmerken, als McGregor ihm mit sehr festem Druck die Hand schüttelte. “Früher … in Dalbeattie in Galloway.”
“Chisholm, sagen Sie? Das erklärt alles. Doch was macht ein guter Hochländer mit Namen Chisholm so weit südlich von Galloway?”
“Mein Großvater musste nach dem Aufstand 1745 fliehen.” Obwohl Harris keine Ähnlichkeit entdecken konnte, erinnerte ihn dieser Mann an seinen drahtigen Großvater. Vielleicht war es der vertraute keltische Klang seiner rauen Stimme.
McGregor nickte verständnisvoll. “Ich hörte, dass dies harte Zeiten waren. Die Menschen taten, was ihr Gewissen forderte, und viele mussten fort. Seien Sie und Ihre hübsche Frau ganz herzlich willkommen.”
Harris zögerte nur einen Moment mit seiner Antwort. Dass er Levi Augustines Leute denken ließ, Jenny gehörte zu ihm, war eine Schwäche, denn er selbst wünschte sich dies.
“Ich bin kein verheirateter Mann, Mr McGregor. Dies ist Jenny Lennox, eine Nachbarin aus Dalbeattie. Wir sind auf dem Weg nach Chatham.”
“Wir kommen von Richibucto – über den Landweg”, sagte Jenny sichtbar stolz über ihre Leistung.
Die grauen Augenbrauen zogen sich aufmerksam zusammen. “Das ist keine Reise, die ich gern machen möchte. Wenn Sie bis hierher ohne unliebsame Zwischenfälle gekommen sind, dann kann ich Ihnen sagen, dass Sie bald am Ziel sein werden. Es sind nur noch fünf Meilen von hier bis Chatham, und es gibt auch eine gute Straße bis dahin. Außer im Frühjahr und im Herbst kann man sogar mit dem Wagen fahren.”
Nur noch fünf Meilen lagen zwischen Jenny und Roderick Douglas. Wenn an diesem Abend der Mond aufging, war sie für immer aus seinem, Harris’, Leben verschwunden. Obwohl er die letzten Stunden damit verbracht hatte, sich nach dem Ende dieser Qualen zu sehnen, fühlte er sich durch den bevorstehenden Abschied niedergeschlagen.
“Danke für die Auskunft, Mr McGregor.” Harris versagte beinahe die Stimme. “Wenn Sie so freundlich wären, uns den Weg zur Straße zu zeigen, ziehen wir weiter.”
“Können Sie nicht einen Tag bleiben? Sie sind zu einem guten Zeitpunkt gekommen. Die Pfarrer kommen aus Pictou. Wir haben Hochzeit.”
“Danke für die Gastfreundschaft”, antwortete Harris rasch. “Doch sind wir sehr in Eile …”
“Es ist freundlich von Ihnen, dass Sie uns einladen”, unterbrach Jenny ihn. “Wir würden gern bleiben, meinst du nicht, Harris? Wer vermählt sich?”
“Wer verheiratet sich
nicht
?” Der Mann lachte erneut – herzlich und ansteckend. “Fast alle jungen Leute. Meine Tochter Isabel. Zwei meiner Neffen. Die jüngste Schwester meines Weibes. Sie möchte ihren Nachwuchs auch gleich taufen lassen.”
Offenbar fing er den Blick auf, der zwischen Harris und Jenny getauscht wurde, denn er fügte hastig hinzu: “Es ist mehr als zwei Jahre her, dass ein Seelsorger der freien Kirche vorbeikam. Wenn ein Mann und sein Mädchen sich vermählen wollen, holen sie sich in der Zwischenzeit den Segen ihrer Familien und versprechen, die Heirat ordnungsgemäß beim nächsten Vermählungstag nachzuholen. Wenn Sie selbst beabsichtigen, sich zu verbinden, bin ich sicher, dass der Priester über ein öffentliches Aufgebot hinwegsehen wird.”
Zornesröte überzog Harris’ Gesicht. “Wir danken für das Angebot, doch Miss Lennox hat einen Bräutigam, der in Chatham auf sie wartet. Ich begleite sie bloß.”
Der Mann zuckte die Schultern, als wollte er sagen,
tut, was euch beliebt
. “Wenn Sie die Absicht haben, sich hier in diesem Gebiet niederzulassen, Chisholm, dann finden Sie hier genug reizende Mädchen. Solch ein Vermählungstag ist immer eine gute Gelegenheit, jemandem den Hof zu machen.”
In der Tat. Das klang, als wäre es die richtige Medizin, von Jenny Lennox zu genesen, ehe er an gebrochenem Herzen starb.
McGregor spuckte in die Hände und nahm seine Axt wieder auf. “Nun, dieser Baum wird nicht von selbst fallen, das ist ein Jammer. Doch ich möchte die Arbeit zu Ende bringen. Laufen Sie schon los. Sie werden bald zu meinem
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