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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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hatte, dachte sie, er bewunderte sie. Ihr Herz hatte heftig gepocht, und all ihre Sinne waren geschärft gewesen. Sie sehnte sich danach, eins mit ihm zu sein. Das Haar wollte sie ihm durchwühlen und mit den Fingern und Lippen jeden Zug seines Gesichtes nachzeichnen. Der dunkle Klang seiner Stimme sollte sie verzaubern und seine Küsse und Liebkosungen sie in geheimnisvolle Tiefen hinabführen.
    Der starke Einfluss, den er auf sie ausübte, ängstigte und erregte Jenny zugleich. Wie ihr auf den harmlos aussehenden Sandbänken in Küstennähe der Boden unter den Füßen weggerissen werden konnte, so war Harris Chisholm fähig, ihre sorgfältig entwickelten Hochzeitspläne noch kurz vor der Durchführung zu vereiteln. Und ihre eigene brennende Leidenschaft unterstützte ihn dabei sogar noch.
    “Was Gott verbunden hat”, erklärte der Pastor, “soll der Mensch nicht trennen.”
    Die beiden Sprösslinge wurden den Jungvermählten wieder in die Arme gelegt, und andere Kleinkinder wurden herbeigebracht, um die heiligen Sakramente der Taufe zu erhalten. Als alle ordnungsgemäß gesalbt und die Gebete vorüber waren, begannen die Frauen, das Festmahl anzurichten.
    Der Duft der Speisen erinnerte Jenny daran, dass sie hungrig war. Das wohlriechende Aroma von gebratenem Huhn, der zarte nussige Duft von frisch gebackenem Haferkuchen und der salzige Geruch von gekochtem Hummer stiegen ihr in die Nase. Während sie ihren Teller mit traditionellen schottischen und einheimischen Delikatessen belegte, versuchte Jenny, ihr Bestes zu tun, um der Schar Mädchen, die Harris umgarnten, keine Beachtung zu schenken.
    Auch wollte sie die Eifersucht unterdrücken, die sie schon zu peinigen begann.
    Man hatte eine lange Reihe von Tischen und Bänken für das Hochzeitsfest aufgestellt. Nur einen Augenblick dachte Jenny, dass die roh gezimmerten Sitze ein Loch in ihr Kleid reißen könnten, doch dann zwängte sie sich zwischen Alec McGregor und Grannie McPhee.
    Harris saß auf der gegenüberliegenden Seite. Jenny bemerkte, dass die Person neben ihm das kichernde Mädchen war, das Harris einen Helden genannt hatte. Eine andere junge, ziemlich dralle Frau hatte den Platz zu seiner Linken für sich beansprucht. Beide verloren keine Zeit, sich gegenseitig dadurch zu überbieten, indem sie seine Aufmerksamkeit durch Fragen auf sich zu lenken versuchten.
    Ihre fröhlichen Neckereien schallten bis zu Jenny hinüber und verdarben ihr gründlich den Appetit. Offensichtlich war die Charmelektion, die sie Harris an Bord der
St. Bride
erteilt hatte, auf ebenso fruchtbaren Boden gefallen wie das Lesen, das er ihr beigebracht hatte. Seine Tändeleien mit anderen Frauen trieben sie zur Raserei, und
sie
hatte ihn auch noch in dieser Kunst unterwiesen!
    Nachdem der Gottesdienst nun beendet war, hatte niemand mehr Einwände dagegen, den Schnaps von Ewan Menzies auszuschenken. In der Hoffnung, er könnte ihre Gefühle ebenso betäuben wie damals ihren rebellierenden Magen auf der
St. Bride
, nahm Jenny einen großen Schluck von dem scharfen Getränk. Sie verzog das Gesicht, als die Flüssigkeit durch ihre Kehle rann.
    Jenny blickte auf und sah Harris, wie er sie mit einem fröhlichen Lächeln betrachtete. Sein Blick schien sagen zu wollen,
wenigstens hast du ihn diesmal nicht wieder ausgespuckt
. Die Erinnerung an diesen schrecklichen Sturm in der ersten Nacht fern von Schottland war wie ein unsichtbares Band zwischen ihnen.
    Sie warf ihm einen ungehaltenen Blick zu und versuchte, noch mehr von Menzies’ Gebräu hinunterzuwürgen und sich mit ihren Nachbarn zu unterhalten. Doch immer wieder warf sie verstohlen einen Blick in Harris’ Richtung. Und sie lauschte angestrengt der Unterhaltung, die zwischen ihm und seinen Verehrerinnen dahinplätscherte. Selbst ihre Gedanken schweiften ab, kehrten zu den Erinnerungen an die gemeinsam verbrachte Zeit mit Harris zurück.
    Endlich, als die Schatten länger wurden, und die Gesellschaft genug gespeist hatte, nahmen die Musikanten ihre Fideln auf und begannen zu spielen. Die Töne klangen munter und lockten die Tänzer herbei. Jenny fand einen Platz unter einem großen Ahornbaum, von wo aus sie das Treiben begeistert verfolgen konnte, ohne selbst aufgefordert zu werden. Als die Nacht hereinbrach und der Whisky von Ewan Menzies floss, wurde die Musik noch wilder.
    Eine Frau hob zu singen an. Jenny nahm an, dass die Verse Gälisch waren, denn sie konnte nichts von der ergreifend vorgetragenen Ballade verstehen. Nicht

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