Die schottische Braut
Haus kommen. Dort geht es so emsig zu wie in einem Bienenstock. Erzählen Sie allen, wer Sie sind, und dass Sie bis zur Hochzeit bleiben. Ich werde auch bald kommen.”
Schon bald hörten sie die rhythmischen Schläge der Axt nicht mehr. Harris und Jenny folgten dem Pfad, den ihnen McGregor gewiesen hatte.
Harris räusperte sich. Solange sie noch allein waren, gab es etwas, was er wissen musste.
“Wir könnten heute Nacht schon in Chatham sein.”
“Ich denke nicht, dass ein Tag mehr sehr viel ausmacht.”
Für dich vielleicht nicht, dachte Harris, als ein schmuckes kleines Haus in Sicht kam, das von geschäftigen Frauen umschwärmt wurde. Er allerdings beabsichtigte, jede Minute so gut wie möglich zu nutzen, um sich gegen den Schmerz des kommenden Abschieds zu wappnen.
Er wagte es nicht zu sprechen, deshalb zuckte er die Schultern, als wäre es ihm gleichgültig.
Sie näherten sich dem Haus, und eine junge Frau kam ihnen entgegen. Die Ärmel waren bis über die Ellenbogen hochgerollt, und braune Hühnerfedern klebten an ihren Händen. Ein schmaler Spalt zwischen den Vorderzähnen, der sichtbar wurde, als sie den Mund zu einem Lächeln verzog, machte ihre Verwandtschaft zu Alec McGregor deutlich.
“
Failte!”
begrüßte sie die beiden.
Harris antwortete mit einigen für Jenny unverständlichen Worten, die sie für Gälisch hielt. Anscheinend grüßte er die junge Frau ebenfalls. Dann sprach Harris wieder Englisch.
“Wir haben Mr McGregor getroffen, und er hat uns eingeladen, zur Hochzeit zu bleiben. Ich bin Harris Chisholm, und das ist Jenny Lennox. Wir sind auf dem Weg nach Chatham, wo sie sich vermählen wird.”
Offenbar wollte er nicht, dass jemand auf den Gedanken kam, dass sie ein verheiratetes Paar waren. Auch Jenny wollte das nicht, obwohl sie die Notwendigkeit nicht einsah, dass er diese Tatsache sofort allen erzählen musste.
“Ich bin Alecs Tochter, Isabel McGregor. Sie haben den richtigen Ort gewählt, um in Hochzeitsstimmung zu kommen, Miss Lennox.”
Jenny blickte die junge Frau mit der blutverschmierten Schürze und den zerzausten Locken an. “Sind … sind … Sie nicht die Braut?”
“Ja, eine von ihnen.” Isabel McGregor ließ einen amüsierten Blick über ihre Hände und die Schürze schweifen. “Doch wenn wir ein anständiges Fest haben wollen, dann muss jemand den älteren Hühnern den Garaus machen und sie rupfen, Miss Lennox. Meine Schwester ist dazu nicht zu gebrauchen.”
“Heiratet Ihre Schwester auch?” erkundigte sich Jenny.
Alle Fröhlichkeit wich aus Isabel McGregors rosigem Gesicht. Und Jenny fragte sich, was sie diesmal Falsches gesagt hatte.
“Nein.” Isabels Stimme klang abweisend. “Nicht heute.”
“Wie Ivanhoe in Ashby”, kam Harris Jenny zu Hilfe. “Wenn wir bei dem Fest dabei sein dürfen, sollten wir mithelfen, damit alles rasch fertig wird. Sagen Sie uns, was wir tun sollen.”
Isabel wirkte, als wäre sie ebenso wie Jenny erfreut über diese Ablenkung. Sie lächelte wieder, obgleich es ein wenig unecht wirkte.
“Ja, wir sind froh über jeden, der uns hilft. Sie können Ihre Sachen im Haus unterbringen. Wenn Sie den Pfad dort hinter der Scheune entlanggehen, Mr Chisholm, dann kommen Sie bald zu Ewan Menzies Farm. Sie braten dort ein Schaf, und die Männer sind dabei, noch einige Fische zu fangen. Ich nehme an, dass man Sie dort gut gebrauchen kann. Bloß zwischen uns beiden, ich sähe es lieber, wenn Sie die Männer davon abhalten könnten, sich über Ewans Gebräu bereits vor der Zeremonie herzumachen.”
“Es bedürfte wohl eines mutigeren Mannes als mich, der sich zwischen einen Highlander und seinen
usquebaugh
stellen sollte”, meinte Harris scherzhaft. “Doch ich werde tun, was ich kann, um Ihnen zu Diensten zu sein, Ma’am, und mich selbst nützlich zu machen.”
“Soll ich mit ihm gehen?”, fragte Jenny.
“Um Himmels willen, nein!”, warf Isabel McGregor fröhlich ein. “Wenn mein Murdock Sie sieht, würde er mich noch vor der Hochzeit verstoßen. Sie bleiben besser hier, Miss Lennox. Sie können Grannie McPhee beim Backen des Haferkuchens helfen, wenn Sie wollen. Ihre armen Hände sind schon von der Gicht ein wenig verkrüppelt, doch nichts kann sie von der Arbeit abhalten.”
Isabel wies zu einem Backofen im Freien. “Sie müssen wissen, dass sie gern schwatzt, und deshalb wird sie keine Ruhe geben, bis sie nicht Ihre ganze Lebensgeschichte kennt.”
Harris sagte: “Dann wollen wir an die Arbeit gehen, Miss
Weitere Kostenlose Bücher