Die schottische Rose
und rührte sich nicht.
»Außerdem bin ich nicht gewohnt, dass mir eine Lady, die ich aus einer, gelinde gesagt, recht prekären Lage rette, eine Standpauke hält, statt sich in aller Form bei mir zu bedanken«, fuhr er fort. Sprich weiter, dachte er. Solange er redete, gelang es ihm, den Impuls zu unterdrücken, der ihn aufforderte, an sie heranzutreten, sie einfach in die Arme zu nehmen und zu küssen.
Connor wusste, dass es ein verhängnisvoller Fehler wäre, sie zu berühren. Er musste sie nicht anfassen, um zu wissen, wie sich ihre makellose Haut anfühlen würde. Sie wäre nicht kalt oder auch nur kühl unter seinen Fingerspitzen. Sie würde glühen, so wie die seine brannte.
Er sah ihr in die weit aufgerissenen Augen, die wie gebannt seinen Blick erwiderten. Sie waren von einem unglaublichen Blau, einem dunklen Veilchenblau, und in ihrem tiefsten Inneren schien eine sengende Glut zu lodern. Connor schluckte und trat einen Schritt zurück.
Sein Puls hämmerte wie der Hufschlag von Pferden, und in der Ferne läutete eine silberhelle Glocke einen Namen. »Milady!«, rief sie. »Milady! Wo seid Ihr? Was ist passiert! Milady! So treibt die Gäule doch an, Kutscher, mon Dieu! Juliet!«
Connor brauchte einen langen Moment, bis ihm klarwurde, dass Glocken gewöhnlich nicht reden, schon gar nicht mit einem französischen Akzent, und dass sein Puls gewöhnlich nicht wie Hufschlag auf der Erde trommelte.
Das bedeutete, es war keine Glocke, die da rief, und es war auch nicht sein Puls, den er da hörte. Und es bedeutete zudem, dass er schleunigst verschwinden sollte.
Offenbar hörte auch die Frau im Weiher die Stimme.
Mit einem Ruck brach sie den Bann ihrer Blicke und schlang die Arme um ihren Oberkörper, um ihren nackten Busen zu bedecken. »Was fällt Euch ein, mich so schamlos anzustarren?« Ihre Stimme klang heiser und vibrierte verdächtig, aber Juliet gewann rasch die Kontrolle über sich zurück. Sie trat einen Schritt nach hinten, tiefer in den Weiher hinein.
»Meine Leute werden Euch dafür zur Rechenschaft ziehen.« Ihre Stimme klang jetzt bestimmter, als ihr Verstand wieder zu funktionieren begann. Noch nie hatte sie erlebt, dass allein der Blick eines Mannes sie so sehr erregen konnte, dass sie anscheinend jeden Anstand und jede Zurückhaltung vergaß. Sie hatte nackt vor ihm gestanden und sich dabei fast gewünscht, dass er zu ihr ins Wasser träte und das Verlangen stillte, das trotz der Kälte des Wassers heiß durch ihre Adern und ihren Schoß strömte. Doch Nanettes besorgte Stimme hatte sie aus diesem Zauber gerissen, und ihre Ernüchterung war fast ebenso erschütternd wie die Erregung, die sie überkommen hatte.
Connor seufzte. Er glaubte zwar, einen Unterton von Bedauern in ihrer Stimme gehört zu haben, aber sicher war er sich nicht. Sicher war nur, dass die Wirklichkeit sie wiederhatte und der Zauber des Moments verflogen war. Die Blätter rauschten, die Vögel zwitscherten, das Wasser kräuselte sich, und der Hufschlag und die Rufe der besorgten weiblichen Stimme kamen näher.
»Verzeiht meine Unverschämtheit, Milady!«, sagte er leise. »Einen Moment lang habe ich Euch wohl für eine … Nymphe gehalten.«
Juliet wollte etwas Vernichtendes erwidern, doch als sie in seine Augen sah, durchströmte sie erneut dieses heiße, beinahe berauschende Gefühl, das dieser Mann nur durch seine Gegenwart und die Art, wie er sie mit seinen grauen Augen angesehen hatte, in ihr ausgelöst hatte.
Sie senkte den Blick. »Und ich Euch für …« Ja, für was? Für einen Elfenkönig vielleicht? Oder einen Satyr?
Was für ein Unsinn!, schalt sie sich. Du bist einfach unmöglich. Die ganze Situation ist unmöglich. Du bist eine Edeldame, die splitterfasernackt vor einem vollkommen Fremden steht, einem Verbrecher gar noch, und du denkst nur daran, wie sich seine Hände auf deiner Haut anfühlen, seine Lippen auf deinem Mund. Sie holte mehrmals Luft, um die letzte Spur dieser Erregung abzuschütteln, die sie noch nie einem Mann gegenüber empfunden hatte. Schließlich gewann ihre Nüchternheit wieder die Oberhand. Und etwas spät fiel ihr ein, dass sie sich seinem Blick ganz einfach entziehen konnte, indem sie untertauchte. Sie ließ sich ins Wasser zurückfallen, doch in ihrer Hast tauchte sie etwas zu weit ein. Das Wasser schlug über ihrem Kopf zusammen und drang in ihren Mund. Sie verschluckte sich und tauchte hustend und prustend wieder auf. Sie rieb sich das Wasser aus den Augen und unterdrückte
Weitere Kostenlose Bücher