Die schottische Rose
eine vollkommen undamenhafte Verwünschung, als ihr klar wurde, dass sie soeben ihre Frisur ruiniert hatte, von ihrem Stolz ganz zu schweigen.
Als sie die Augen öffnete, baumelte ihr Kleid vor ihr in der Luft. Dieser Fremde hielt es ihr an der Spitze seines Schwerts hin, fast so, wie man einen Esel mit einer Mohrrübe lockt.
»Ich nehme an, dies hier gehört Euch«, meinte er und zog seine lange, vornehme Nase kraus. »Allerdings empfehle ich Euch, es gründlich waschen zu lassen. Es stinkt nach …«
»Ich weiß!« Wütend riss Juliet das Kleid von der Schwertspitze. »Wenn meine Männer Euch erwischen, werden sie Euch als Wilderer festnehmen und kurzerhand aufknüpfen«, verkündete sie.
Connor war sich nicht sicher, ob ihre Stimme genugtuend oder bedauernd klang, und er war nicht im Geringsten geneigt, so lange zu warten, bis er es herausfand.
»Falls sie mich erwischen«, erklärte er lächelnd, verbeugte sich spöttisch und war mit drei langen Schritten bei seinem Hengst.
Mit einem geschmeidigen Satz schwang sich Connor in den Sattel, warf noch einen Blick auf die nun reglos dastehende Frau, um sich ihren Anblick für immer einzuprägen, wendete sein Ross, gab ihm ungewohnt nachdrücklich die Sporen und galoppierte davon.
Im nächsten Moment donnerte das Gespann mit der Kutsche heran und kam am Ufer des Weihers zum Stehen. Auf dem Bock saßen die beiden Männer der Grants, und Nanette, die sich fast die Lunge aus dem Leib schrie, steckte den Kopf zum Fenster heraus.
»Juliet! Milady! Gott sei Dank, du … Ihr lebt, Milady! Wir haben uns solche Sorgen gemacht, als diese beiden Schurken aus dem Wald gerannt kamen, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her! Wir haben dort auf Euch gewartet, und ich dachte schon …! Los, Kerl, macht die Klappe auf, sofort!«
Juliet riss sich aus ihrer Erstarrung und zog sich hastig das stinkende Gewand über den Kopf.
Der Soldat war bereits abgesprungen und ans Ende der Kutsche gelaufen, während Nanette den Kopf zurückzog, um sofort aus der Kutsche springen zu können.
Keiner von beiden hatte einen Blick für Connor übrig, der bereits im Halbdunkel zwischen den Bäumen verschwunden war.
Nur der Kutscher starrte offenen Mundes hinter ihm her und bekreuzigte sich, nachdem er die Zügel um den Bock gewickelt hatte. Er kletterte langsam herunter und murmelte dabei etwas, während er sich erneut bekreuzigte. Keiner der drei anderen hörte, was er beinahe ehrfürchtig murmelte.
»Ich will verdammt sein, ein Kentaur! Ein verdammter leibhaftiger Kentaur! Ich will verdammt sein!«
[home]
3. Kapitel
E in Kentaur also, hm?« Sir Archibald von Grant strich sich bedächtig über den dichten Vollbart, durch dessen silbriges Grau nur noch vereinzelt einige schwarze Fäden schimmerten. »Es ist schon lange her, dass sich solche Fabelwesen am Elfenteich gezeigt haben.« Sir Archibalds Augen glitzerten verschmitzt. »Mehr als ein Jahrhundert, glaube ich. Wir waren schon fast geneigt, sie als Ammenmärchen abzutun. Aber jetzt kann ja kein Zweifel mehr an ihrer Existenz bestehen, denn wie ich höre, hattet Ihr, verehrte Lady Juliet, das höchst seltene Vergnügen, die Bekanntschaft eines solchen Wesens zu machen, richtig?« Der Chief des Grant-Clans hob fragend seine buschigen grauen Augenbrauen, als er über den langen, uralten Eichentisch hinweg Juliet musterte, und verbarg seine Belustigung, als er sah, wie sie unmerklich zusammenzuckte. Er senkte seine dröhnende Stimme, die von den roh behauenen und mit zahlreichen Wandteppichen geschmückten mächtigen Steinquadern des Großen Saals von Grant Castle zurückgeworfen wurde. Aber seine gedämpften Worte waren dennoch deutlich zu verstehen, deutlicher, als es Juliet lieb war. »Wie man mir sagte, hat er Euch Gesellschaft geleistet, als Ihr gerade ein Bad im Elfenteich nahmt, hm?« Er schnalzte mit der Zunge und schüttelte mit gespieltem Bedauern den Kopf. »Offenbar sind diese Kentauren doch wohl mehr Hengst als Mensch. Sie scheinen ihrem Ruf als ungehobelte Gesellen ohne jeden Sinn für Anstand alle Ehre zu machen. Wie die Legende weiß, soll vor ihnen ja kein weibliches Wesen sicher sein, nicht einmal eine Lady.«
Sir Archibald hob den schweren Humpen aus Steingut an die Lippen, während er beobachtete, wie Juliets Wangen sich zartrosa färbten. Steht ihr gut, dachte er amüsiert, befriedigt, dass es ihr endlich einmal die Sprache verschlagen hatte. In dem Moment ertönte ein ersticktes Keuchen am Tisch.
Nanette
Weitere Kostenlose Bücher