Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schuld des Anderen

Die Schuld des Anderen

Titel: Die Schuld des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
einladend. Das Wohnzimmer reichte vom Fußboden bis zu den Dachsparren, und in halber Höhe zog sich ringsum eine Art Galerie. Im Obergeschoß gab es ein Zimmer, das Ähnlichkeit mit einem überdimensionalen Geldschrank hatte - eisenbetonierte und mit Stahlplatten verkleidete Wände machten es diebes-und feuersicher. Diesen Raum konnte man nur vom darunterliegenden Zimmer aus über eine steile Stiege erreichen. Der eigentliche Tresor, in dem der alte Besitzer sein Geld aufbewahrt hatte, weil er es Banken nicht anvertrauen wollte, war in die Mauer dieses Zimmers eingebaut. Und aus verständlichen Gründen fand der neue Besitzer all diese Dinge sehr nützlich.
    Gegen zwei Uhr morgens verringerte Helder die Geschwindigkeit, brachte den Wagen fast ganz zum Stehen und bog dann vorsichtig in eine holprige Zufahrt ein. Bald danach hielt er vor dem düsteren Haus.
    Ein Mann hatte den ankommenden Wagen gehört, öffnete die Tür und kam heraus. Er verschwand wieder, um den Schlüssel für den Schuppen zu holen, in dem Helder sein Auto einstellte.
    Im großen Wohnzimmer brannte ein Feuer, obwohl es Juni war. Die beiden fröstelnden Männer standen schweigend vor dem Kamin, um sich zu wärmen. Der dritte beobachtete sie gespannt.
    »Wir wollen uns erst ein wenig umtun, Clinker«, sagte Helder plötzlich.
    Der Verwalter nickte mürrisch und verschwand.
    Helder ging in sein Zimmer, zog sich rasch um und kam ins Wohnzimmer zurück, wo Tiger einen Whisky getrunken hatte. Sie sprachen leise miteinander. Der Verwalter, den sie wieder hereinriefen, sagte nur wenig und gab lakonische Antworten auf die Fragen, die ihm gestellt wurden. Er war ein kleiner Mann mit dichtem grauen Bart. Seine buschigen Augenbrauen verdeckten fast die Augen, die unablässig von einem zum ändern spähten.
    »Was macht er jetzt?« fragte Helder.
    Der Verwalter klopfte sich mit dem Finger an die Stirn.
    »Spielt verrückt«, sagte er nur.
    »Wieso verrückt?« fragte Helder ungeduldig.
    Der Bärtige zuckte die Schultern.
    »Er zeichnet und trinkt. Wollen Sie ihn sehen?«
    Helder nickte.
    Clinker zog einen Schlüssel aus der Tasche und führte die beiden zuerst in das ebenerdige Zimmer und von dort die steile Stiege hinauf in den Raum, in dem sich der Geldschrank befand.
    Das Zimmer wurde von einer starken Deckenlampe erleuchtet. Die Möblierung war spärlich - ein Tisch, ein Stuhl und ein Feldbett.
    Am Tisch saß ein Mann in Hemdsärmeln. Er drehte sich halb um, als sie eintraten. Stahlinstrumente lagen herum, und auf dem Brett vor ihm war eine halbfertig gravierte Platte befestigt.
    »Nun, Maple, wie geht’s?« begrüßte ihn Helder. Tom Maple lächelte schwach und erhob sich. »Wollen Sie mich jetzt endlich freilassen?« fragte er mit brüchiger Stimme. »Ich habe alles getan, was Sie von mir verlangten - die Sache ist mir in höchstem Grade zuwider!« Helder klopfte ihm auf den Rücken.
    »Ich werde Sie zu gegebener Zeit ziehen lassen. Sie sind selbst schuld, daß Sie hier sind.«
    Man konnte auf den ersten Blick sehen, daß Maple krank war. Seine Hände zitterten, und ab und zu lief ein nervöses Zucken über sein Gesicht. Nur bei der Arbeit überkam ihn noch immer ein merkwürdiger Zustand der Ruhe und Sicherheit.
    Helder zeigte auf die angefangene Platte auf dem Tisch. »Sie brauchen das nicht fertigzumachen - wir werden die Produktion von französischen und amerikanischen Banknoten ganz einstellen. So langsam wird die Geschichte zu riskant. Einen großen Coup müssen wir allerdings noch lancieren - dann ist ein für allemal Schluß. Maple, hören Sie gut zu: Als letztes müssen Sie uns jetzt Platten für englische Banknoten gravieren - sozusagen als Krönung Ihrer Arbeit und Ihres Lebens!«
    Maple steckte die Hände in die Taschen und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Sein Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an, er schüttelte den Kopf, ein verkniffener, bösartiger Zug lag um seinen Mund.
    Helder sah ihn betroffen an.
    »Maple, was haben Sie denn? Wollen Sie etwa wieder anfangen, uns Schwierigkeiten zu machen? Ich dachte, das wäre vorbei. Natürlich sind Sie wütend, weil wir Sie hierhergebracht haben und gefangenhalten - aber ich versichere Ihnen, daß es nur zu Ihrem Besten geschah! Übrigens - Sie tun ja schließlich nichts, was Sie nicht früher schon taten.« Er zündete sich eine Zigarre an und schaute vor sich hin. »Sie waren der geschickteste Graveur der österreichischen Staatsdruckerei. Ich hörte vor sechs Jahren davon. Sie

Weitere Kostenlose Bücher