Die Schule der Spielleute
Fahrende, die zu Fuß unterwegs waren, war das schöne Stück einfach zu schwer. Aber Franz mochte den Klang der Pfeifen. Mindestens ebenso gut gefiel ihm jedoch die Vorstellung, im Sitzen zu spielen, vielleicht gar in einem Saal mit Kamin, vor verständigen Zuhörern, an einer reich gedeckten Tafel.
Energisch schüttelte er den Kopf. Er hatte sich über Winter an das Wohlleben in Heidelberg gewöhnt. Aber jetzt kam das Frühjahr, auch wenn man noch nicht viel davon sah, und damit andere Feste.
ťWas ist?Ť, sagte eine Frauenstimme dicht neben ihm. ťWas schüttelst du den Kopf?Ť
Lene hatte sich an seiner Seite niedergelassen, ihr Gesicht nur bleiche Wangen, große Augen und ein roter Mund.
ťNichtsŤ, antwortete Franz. ťIch habe nur ein paar Träume verjagt.Ť
ťWarum? Willst du nicht mehr träumen?Ť
ťNoch nicht. Wenn ich einmal so alt bin wie Meister Wolfram, dann kann ich von solchen Dingen träumen.Ť
Lene lächelte anzüglich. ťBis dahin tust du es lieber?Ť
ťBis dahin will ich andere Träume in die Tat umsetzenŤ, erwiderte Franz ernsthaft.
Lene stockte einen Augenblick, doch dann sagte sie: ťWelche Träume sind das?Ť Sie schob sich noch näher an ihn heran. ťKann ich dir dabei helfen?Ť Ihre Stimme wurde immer tiefer.
Franz richtete sich auf und sah sie überrascht an. ťDu wirst lachen, ja.Ť
ťWie denn?Ť Jetzt war es an Lene, überrascht zu sein.
ťIch möchte mich mit deinem Mann unterhaltenŤ, sagte Franz, und Lene sah noch erstaunter drein. ťÜber seine Fidel, und so, dass wir einander wirklich verstehen. Dazu brauche ich dich.Ť
ťIch kann kein UngarischŤ, entgegnete Lene abweisend. ťUnd überhaupt habe ich mich schon viel zu lange hier aufgehalten. Ich muss wieder hinunter, ich werde erwartet.Ť Sie stand auf, strich ihr Kleid glatt und ging mit wiegenden Hüften zur Tür.
Franz blickte ihr seufzend nach. Einfach war ihr Leben gewiss nicht, aber sie musste ihr Geld anderswo verdienen, nicht bei ihm.
Nach dem Essen blieben die zehn in der Gaststube beisammen. Sie spielten ihre Weisen, tauschten Instrumente aus und erzählten von ihren Abenteuern auf der Straße.
Burkhard stand ruhig im Hintergrund, hörte zu und summte manchmal leise mit. Bis wieder Herr Heinrich von Alzey mit seinem Knappen kam. Dann ging er, den Wein für den Ritter zu holen.
ťDie Stiftsherren von St. Paulus waren von unseren beiden Spielleuten sehr angetanŤ, berichtete dieser. ťSie werden also am Sonntag und am Fest des Apostels
Matthias dort spielen, nach der Messe und zum Essen vor der Vesper.Ť
Elbelin und Gottfrid brachen in ein jubelndes Gloria aus.
ťHab ich es euch nicht gesagt? Die werden euch behalten wollenŤ, spottete Robert.
ťDa habt ihr noch allerhand ArbeitŤ, mahnte Meister Wolfram. ťMit euren Tanzweisen vom Marktplatz könnt ihr bei diesen Herren nicht ankommen.Ť
Elbelin lachte. ťWir waren schließlich zwei Jahre im Dienst der Kirche.Ť Gottfrid strich ein reich verziertes Halleluja.
ťJedenfalls habe ich keine Zeit, mit euch gesondert zu übenŤ, schloss der Meister. ťWir werden uns morgen noch einmal die Tänze von heute vornehmen. Vielleicht geht es ja diesmal ohne euer Heidenspektakel.Ť
Halb scherzhaft zog Elbelin den Kopf ein. ťVerzeih uns, Meister. Da ist die Musik mit uns durchgegangen. Morgen sind wir ganz fromme Schüler.Ť
ťWieso? Was war los? Was habt ihr gespielt?Ť, wollte Herr Heinrich wissen.
Elbelin erzählte, und bald spielten alle die Melodien dieses Tages. Alheit versuchte gar nicht erst mitzukommen. Sie war froh, wenn sie jeweils den Übergang von einem Tanz zum nächsten hören konnte.
Spät am Abend neigte sich der Knappe zu Herrn Heinrichs Ohr. Daraufhin seufzte der Ritter: ťJa, du hast recht, Ewald.Ť Er gab dem jungen Mann die Laute und stand auf. ťIch muss euch verlassen, meine Freunde. Gute Nacht.Ť
Daraufhin löste sich die Versammlung schnell auf. Wolfram, Robert und seine Familie gingen in ihr Quartier im Erdgeschoss. Durch die Tür fiel der warme Schein des kleinen Feuers im Kamin auf den Hof. Die anderen stiegen die Treppe hinauf.
Alheit wollte sich eben niederlegen, als Elbelin einen Schrei ausstieß.
ťWas ist?Ť Lene fand als Erste eine Laterne und trat an das Lager des Jungen. Alheit entzündete ein weiteres Licht und eilte hinzu.
Nachdem sich ihre Augen an den schwachen Schimmer gewöhnt hatten, sah sie ein seltsames Gebilde auf Elbelins Bett liegen. Der Spielmann kniete daneben.
Es war der Dudelsack. Bordun und
Weitere Kostenlose Bücher