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Die Schule der Spielleute

Die Schule der Spielleute

Titel: Die Schule der Spielleute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bonn
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Flamme loderte empor.
    Er stürzte sich auf den verhassten Dudelsack, stieß mit dem Messer durch das Leder, riss lange Schnitte hinein, kreuz und quer, auf und ab, schlitzte die Naht auf. Wie Weihrauchduft stieg ihm der Wachsgeruch in die Nase. Doch das genügte ihm nicht. Er wollte mehr.
    Er riss die Spielpfeife aus ihrem Stock, hielt sie schräg zu Boden und trat darauf. Das Birnbaumholz splitterte, weit oben, wo es kaum so dick wie ein Faden war. Er packte die Bruchstelle und trat noch einmal zu. Knirschend brach das Holz auch weiter unten entzwei. Den Schalltrichter, den jämmerlichen Rest, hieb er gegen den gemauerten Kamin, immer wieder, bis der Rand nachgab und die Stücke davonflogen.
    Die erste, ungestüme Wut war dahin. Das Feuer brannte gleichmäßig und heiß, gerade recht, um damit zu arbeiten. Ruhig, fast vergnügt zog er die Bordunpfeife aus dem Stock und das obere Ende aus dem unteren. Drei, vier gut gezielte Schläge gegen den Kamin, dann war auch dieser Schalltrichter Kleinholz. Er trat die langen Teile zusammen, wie er es geübt hatte.
    Dann besah er sein Werk. Es war nicht mehr viel übrig von der Sackpfeife. Aus dem Hof erklang die elende Fidel des Ungarn zum Gebrumm des Bären. Er hatte noch etwas Zeit.
    Von seinem Gürtel löste er einen Lederbeutel und schnupperte daran wie ein Koch an einem besonders guten Braten. Dann fasste er mit zwei Fingern in das braune Mus und strich es in das Mundstück. Er wischte sich die Finger an dem Laken ab, auf dem die Bruchstücke des Dudelsacks lagen, und begann den letzten Teil seiner Arbeit.
    Er nahm das Doppelrohrblatt aus der Spielpfeife – aus dem, was davon übrig war – und biss ein paarmal kräftig darauf. Das gute welsche Rohr splitterte, er spuckte die Fasern aus. Dann zerbiss er das einfache Blatt aus der Bordunpfeife und warf die Reste auf den geschlitzten Sack.
    Mehr konnte er nicht tun. Erleichtert ging er zur Tür, vergewisserte sich, dass ihn niemand sah, und ging hinunter in den Hof.
     
    Irgendwann verkündete Tamas das Ende der Vorstellung. ťBär geht jetzt schlafen.Ť Er spielte eine Melodie, die gut als Wiegenlied zu erkennen war, auch wenn niemand verstand, was er dazu sang. Der Bär drehte sich immer langsamer, senkte die Vorderbeine zum Boden und legte sich nieder. Die Umstehenden applaudierten.
    ťStümperŤ, zischte Wolfram vernehmlich und ging eilig in den Saal zum Essen. Dort zankte der Wirt den Küchenjungen aus, weil die Tafel noch nicht bereit war.
     
    Am Abend, während die anderen in der Gaststube zu spielen begannen, saß Franz still an den warmen Schlot gelehnt und summte vor sich hin. Wenn er nur genug Geld hätte
    So viele schöne Instrumente gab es hier, die er noch kaum kannte. Rebec und Fidel zum Beispiel. Von ihnen träumte er schon lange. Der Bogen und die frei zu greifenden Saiten boten sicher mehr Möglichkeiten als das Rad und die Tangenten der Drehleier. So klang es zumindest, wenn Tamas fidelte. Wenn es nur nicht so schwer wäre, mit ihm zu reden. Er könnte Franz bestimmt einiges beibringen.
    Oder Gottfrid mit seinem Rebec. Franz musste sich eingestehen, dass er es kaum wagte, den Jungen anzusprechen. Er spielte so gut, wusste so viel, dass er fast übermenschlich wirkte. Das Gleiche galt für Elbelin und seine Rotta. Dabei gaben die beiden ihr Wissen großzügig weiter.
    Franz lächelte. Vorhin hatten sie sicher ein wenig übertrieben und den Rest der Gruppe an die Wand gespielt. Das vertrugen nicht alle Spielleute. Alheit stand auch lieber auf der anderen Seite. Wenn sie Worms wirklich mit einem Dudelsack verließ, musste er sich von seinen Träumen verabschieden. Nicht nur des Geldes wegen. Rebec, Rotta, ja selbst Roberts schrille Flöten gingen dagegen unter. Erst recht die Harfe, die ebenfalls nach Franz’ Geschmack wäre. Sie passte gut als Liedbegleitung, aber auch für fröhliche Tanzmelodien – drinnen, nicht auf dem Marktplatz. Wenn sie nur etwas kleiner wäre. So passte sie weder in eine Kiepe noch auf den Handkarren. Und viel zu stimmen gab es auch. Vier Saiten oder 40, das war schon ein Unterschied. Trotzdem. Franz stellte sich vor, wie schön sich zu so einer Harfe singen ließ. Er würde Marjorie fragen, ob er ihr Instrument nicht einmal ausprobieren durfte.
    Ebenso unwahrscheinlich wie sein Traum von der Harfe war der vom Portativ. Das Instrument, das Meister Wolfram heute zum Vorschein gebracht hatte. Er zog zu Pferd durch die Lande und konnte solche Lasten mit sich führen. Für einfache

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