Die Schule der Spielleute
dann verstand er, was sie meinte, und sein Blick wurde hart. ťDas war etwas ganz anderes.Ť
Finster erwiderte Alheit seinen Blick. Sie hatte nicht vor, jetzt stundenlang darüber zu streiten. ťDas war genau das Gleiche. Zeig mir dein Bündel.Ť
ťBist du toll, Weib?Ť, platzte der kleine blonde Sänger dazwischen. ťNiemand hier muss dir antworten, und schon gar nichts zeigen. Verschwinde.Ť
ťDieser Mensch hat mich bestohlenŤ, sagte Alheit, so ruhig sie eben konnte. ťIch will mein Eigentum wiederhaben.Ť
ťUnser Knecht stiehlt nichtŤ, erwiderte ein anderer, ťund er geht auch nicht ins Frauenhaus.Ť
Werner verzog das Gesicht.
ťWartet, bis eure Beutel Beine bekommenŤ, fauchte Alheit. ťAber dann ist es zu spät.Ť
ťGeh doch zum Schultheißen, wenn dir so viel dran liegtŤ, schlug der Mann vor.
Werner konnte eine unruhige Handbewegung nicht unterdrücken. Das nahm Alheit als Eingeständnis. Dennoch ahnte sie, was herauskommen würde, wenn sie in ihrer Not zum Platzmeister ginge.
ťWann musst du vorspielen?Ť, wandte sie sich an Werner.
Er antwortete nicht gleich. Dafür fragte der Wortführer der Sänger nach. ťDu willst vorspielen? Bei wem?Ť
ťDas hat er uns jedenfalls erzähltŤ, bestätigte Alheit. ťWerner will bei einem hohen Herrn Dienst nehmen, obwohl er kein Instrument hat.Ť
ťEr hat einen Psalter, und er spielt für unsŤ, entgegnete der Sänger. ťAlso verschone uns mit deinen erfundenen Mären. Wir haben noch zu tun.Ť
ťBocks
Ť Alheit brach ab. Sie würde nicht fluchen wie Lene. ťDann nehmt euer Geld in Acht, mehr kann ich euch nicht sagen.Ť
ťDas ist mehr als genug. Bist du noch nicht weg?Ť
Alheit warf Werner einen wütenden Blick zu und verließ das Haus zur Gans.
Mit langen Schritten stürmte sie auf die Gasse. Sie war nicht weit vom Wilden Mann entfernt. Doch dort würde sie keinen finden, an dem sie ihre Wut auslassen konnte. So nahm sie einen Umweg und kehrte zurück, wie sie gekommen war.
Sie kam jedoch nicht weit. Langsam zog eine Prozession dunkler Gestalten zur Judenpforte hinaus und draußen an der Stadtmauer dahin. Sechs Männer trugen einen verhüllten Leichnam auf den Schultern. Ein Vorsänger rezitierte klagend in einer fremden Sprache, die anderen antworteten dumpf. Christen gingen dem Leichenzug aus dem Weg und bekreuzigten sich. Dafür sorgten zwei Waffenknechte mit Stäben, die dem Zug voranschritten. Auch das Ende wurde von zwei Stäblern in Wappenröcken mit weißen Lilien angezeigt.
Noch ehe der Zug die Stadt ganz verlassen hatte, rief jemand aus einer Seitengasse: ťDa ist Israel!Ť
ťWas hat der sich da vor der Stadt herumzutreiben?Ť, erwiderte eine andere Stimme. ťUnd wir warten auf ihn!Ť
Alheit kniff die Augen zusammen und schritt eilig in die Richtung, aus der sie den Ruf gehört hatte.
Die Trauernden dagegen beachteten den Lärm nicht.
Dann begannen die beiden Stimmen zu singen, ein Spottlied auf einen jüdischen Wucherer, der Geschäfte mit dem Teufel macht und von diesem schließlich überlistet wird.
Wie Alheit erwartet hatte, schlossen sich Elbelin und Gottfrid dem Zug an. Der eine schlug die Rotta, der andere strich das Rebec. Immer neue, immer frechere Verse sangen sie, im Wechsel oder gemeinsam.
Die Stäbler am Ende des Zuges schritten mit unbewegtem Gesicht geradeaus. Was sich hinter ihnen abspielte, ging sie nichts an.
Der Gesang der Trauernden dagegen geriet ins Wanken. Zwar waren sie zu zehnt in der Überzahl, doch einigen blieb der Gesang im Halse stecken. Erst recht, als den Spottversen höhnisches Gejohle vom Straßenrand folgte. Dafür erhob sich eine andere Stimme aus der Gemeinde umso lauter, eine Stimme, die den Psalm ein klein wenig anders sang.
Alheit drängte sich durch die Umstehenden, lief den beiden unverschämten Gesellen nach und packte Elbelin am Mantel. ťWas macht ihr hier? Seid ihr verrückt geworden?Ť
ťHe!Ť Widerstrebend drehte sich der Junge zu ihr um.
Dann blieb auch Gottfrid stehen. ťIsrael war heute schon wieder nicht da. Deshalb sind wir ihn suchen gegangenŤ, erklärte er vorwurfsvoll.
Elbelin ergänzte: ťUnd wo die Leute hier alle so griesgrämig herumlaufen, wollten wir sie ein wenig aufheitern.Ť
ťAufheitern!Ť, fauchte Alheit. ťStellt euch vor, es wäre eure Mutter, die da zu Grabe getragen wird.Ť
ťAber das sind doch Juden!Ť, widersprach Gottfrid empört.
ťUmso schlimmerŤ, erwiderte Alheit. ťZu wissen, dass ihre Verwandten auf ewig verdammt sind
Ť
ťPah, die schlachten
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