Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
und nickte bekräftigend. Es hatte ihre Abreise um einen Tag verzögert, aber Van Veeteren hatte darauf bestanden, dass mindestens einer von ihnen eine Waffe tragen sollte.
Das ist ungewöhnlich, dachte Münster. Er ist sonst nicht so darauf bedacht. Zumindest was ihn angeht.
»Das Risiko besteht wohl trotzdem«, stellte Münster fest. »Dass sie hier ist, meine ich. Wenn sie bereits in Athen war, als wir dort angekommen sind, wie Krause behauptet… ja, ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was sie eigentlich treibt.«
»Hmpf«, brummte Van Veeteren und schob den Strohhut wieder an Ort und Stelle. »Das ist wahrscheinlich gar nicht so kompliziert. Es ist nicht deFraan, dem sie dicht auf den Fersen ist, das sind wir, mein lieber Watson. Du und ich. Zwei lahmarschige Kriminalpolizisten, die ihre Fahrten und Hotels mit Karacho unter ihrem richtigen Namen buchen… deFraan hat sicher alles gemacht, um sie sich vom Leibe zu halten, aber was hilft das, wenn wir so deutlich zu sehen sind wie zwei bunte Flusspferde auf einem Hühnerhof?«
Münster runzelte die Stirn und glättete sie sogleich wieder.
»In Ordnung«, sagte er. »Möglicherweise ist das so. Und wenn wir sie doch zufällig in diesem Gewimmel sehen, was wollen wir dann tun? Sie festnehmen?«
»Weswegen?«, gab Van Veeteren zurück. »Soweit ich weiß, hat sie bislang nicht einmal einen Strafzettel für Falschparken gekriegt.«
Münster dachte nach.
»Stimmt«, sagte er. »Aber was sollen wir dann machen?«
»Warten«, sagte Van Veeteren. »Das habe ich dir doch gerade versucht zu erklären. Hast du deinen Pascal schon vergessen?«
Oh Teufel, dachte Münster und biss die Zähne zusammen. Hier promenieren wir in aller Ruhe herum – wie bunte Flusspferde! –, obwohl wir eigentlich auf der Jagd nach einem Wahnsinnigen sind, der mindestens vier Menschen mit bloßen Händen umgebracht hat… und einer vollkommen besessenen Frau. Und er redet von Pascal! Das Antiquariatsleben hat doch seine Spuren hinterlassen.
Er schob seine Waffe zurecht, die in der Achselhöhle scheuerte, und beugte sich unter eine rote Markise, unter die Van Veeteren gerade gehuscht war, um irgendwelche außergewöhnlich großen und fetten Oliven zu probieren.
»Achte auf die Kerne«, redete Münster mit sich selber.
»Was?«, brummte Van Veeteren. »Die hier sind gar nicht so schlecht. Was sagte der Kommissar?«
»Ach, nichts«, sagte Münster.
Sie nahm ihn aus den Augenwinkeln wahr und hätte ihn um Haaresbreite gleich wieder aus dem Blick verloren.
Nikos Rent-a-car. Ganz am nördlichen Ende der Bebauung, wo die Straße über den Berg hinauf nach Argostoli anstieg. Sie ging einige Meter an dem Laden vorbei und blieb dann stehen.
Er stand dort drinnen. Maarten deFraan.
Er.
Das Herz pochte ihr bis zum Hals, und sie konnte plötzlich ganz deutlich den Geschmack von Metall auf der Zunge spüren. Das war eigenartig. Ein paar Sekunden stand sie einfach nur da, mitten auf dem Gehweg, während der Boden sich unter ihren Füßen zu winden schien und die Zikaden ihre Trommelfelle zerschmetterten. Als ob etwas – oder vielleicht sogar alles – kurz vorm Platzen war.
Es ging schnell vorbei. Sie holte zweimal tief Luft und besann sich. Die Konzentration floss wie ein kräftiger Strom in sie hinein. Jetzt, dachte sie. Jetzt ist es nicht mehr lange hin. Es ist nahe… . aber was hatte er vor?
Er wollte ein Auto mieten. Oder irgendein Motorrad. Das war so klar wie Kloßbrühe.
Warum? Welche Absichten hegte er? Was machte er überhaupt auf dieser verfluchten Insel?
Und was sollte sie selbst tun?
Sie schaute sich hastig um. Ein weißgrünes Taxi kam den Weg herangekrochen, und reflexartig hob sie die Hand. Der Fahrer hielt an, und sie kletterte auf die Rückbank.
Im gleichen Moment kamen der Vermieter – ein untersetzter junger Mann mit einem groß karierten Hemd, das bis zum Bauchnabel aufgeknöpft war – und deFraan aus dem Laden. Offenbar war der Mietvertrag unterschrieben. Alles hatte seine Ordnung. Sie gingen zu einem blauroten Scooter, der für sich stand, etwas abseits von den anderen Zweirädern auf dem Gehweg. Sie schloss daraus, dass deFraan ihn sich bereits ausgesucht hatte, bevor er in den Laden ging. Der Vermieter überreichte ihm ein Paar Schlüssel und gab ihm einfache Anweisungen. DeFraan nickte und schwang sich aufs Fahrzeug. Schob seinen kleinen Rucksack zurecht und wechselte noch einige Worte mit dem jungen Mann. Dann drehte er den Zündschlüssel und startete den
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