Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
seinen Anteil an der Kanzlei, um seinen Drogenbedarf finanzieren zu können. Natürlich bereitete es der Tochter eine gewisse Befriedigung, als sie ein Vierteljahrhundert später die Sache wieder zurechtrücken konnte.
Auch wenn Henrik Kristev zu dem Zeitpunkt bereits wie eine zarte, blaue Haschwolke aus der Geschichte verschwunden war und die Wiederauferstehung nicht mehr erleben konnte.
Natürlich war es ein deutlicher Vorteil, dass es jetzt einen Kristev aus Fleisch und Blut in einem so renommierten Büro wie Booms, Booms & Kristev gab. Dass es sich dabei um eine Frau handelte, immer noch jung, immer noch hübsch, machte die Sache nicht gerade schlimmer.
Eine Kristeva. Jacob Booms aus der dritten Generation der Booms’, der das größte Zimmer in den Geschäftsräumen in der Zuyderstraat mit zwei echten Van-Dermeng-Gemälden und einem persischen Javeleteppich inne hatte, hatte vorgeschlagen, den Firmennamen doch hinsichtlich dieses kleinen femininen a zu ändern, jetzt, wo die Besitzverhältnisse endlich wieder zu ihrer Grundstruktur zurückgefunden hatten, aber Anna hatte dieses Angebot abgelehnt.
Sie wusste auch so, dass sie eine Frau war. Dazu brauchte sie nicht diesen Extrabuchstaben im Milchglas der Türscheibe zu ihrem Büro. Und auch keine Veränderung der Garamond-Lettern, die es von Anfang an gegeben hatte.
Das Einzige, was abgesehen von diesem doch reichlich abgedroschenen Geschlechtsrollenaspekt notwendig war, das war ab und zu mal ein Mann.
Für kürzere Zeiträume, wie gesagt. Und nicht zu tiefgehend.
»Der wichtigste Unterschied zwischen Männern und Bananen«, hatte ihre Freundin Ester Peerenkaas bei irgendeiner Gelegenheit einmal angemerkt, »ist, dass Männer nicht auf Bäumen wachsen.«
Das war eine absolut korrekte Beobachtung. Auch wenn man nur darauf aus war, ein periodisch auftretendes Bedürfnis zu befriedigen, so war es natürlich ein Argument, dass die Frucht gut schmeckte. Die Männer, die in Restaurants, Bars und anderen zweifelhaften Plantagen zu finden waren, ließen sich zwar leicht pflücken, aber das Resultat, die Ausbeute der Aktion, war nur selten zufriedenstellend. Das hatten Anna Kristeva und Ester Peerenkaas beide nach einigen Jahren Ernte auf diesen traurigen Äckern festgestellt. Der Nachgeschmack war oftmals bedeutend bitterer als die Süße der Frucht. Es war nur äußerst selten die Frage von mehr als einer einzigen, etwas angstvollen nächtlichen Begegnung, und auf ein so streng zeitlich begrenztes Arrangement hatte eigentlich keine von beiden Lust.
»Bescheuert«, hatte Ester kommentiert. »Es war total bescheuert. Ihm ist es nach zwanzig Sekunden gekommen, und dann hat er noch zwei Stunden heulend dagelegen. Wir müssen eine neue Methode finden.«
Ester Peerenkaas ihrerseits war etwas geläuterter, was Männer betraf, als Anna Kristeva. Zumindest behauptete sie das gern, und es war schwer, ihr in dieser Beziehung nicht zuzustimmen.
Ende der Achtziger hatte Ester einen ägyptischen Mann, schön wie ein Abgott, bei einer Konferenz über internationale Ökonomie in Genf getroffen. Sie war fünfundzwanzig Jahre alt, gerade mit ihrer Ausbildung fertig, frisch angestellt im Finanzministerium, das Leben lag offen vor ihr wie ein Sonnenaufgang. Sie verliebte sich, sie heirateten, sie bekam eine Tochter, alles innerhalb eines Jahres. Sie ließen sich in Paris nieder, wo er bei der Botschaft arbeitete. Nach ungefähr drei Jahren fand sie ihren Abgott im Bett mit einer ihrer französischen Freundinnen. Die Scheidung brauchte nicht mehr als zwei Monate. Ester bekam das Sorgerecht für die Tochter, zog mit ihr zurück nach Maardam, aber da der Vater ein gewisses Besuchsrecht hatte, gab sie sich geschlagen und ließ ihn einen Sommermonat zusammen mit Nadal verbringen. Das Mädchen war damals fünf Jahre alt, seitdem hatte sie sie nie wieder gesehen. Einen Botschaftssekretär Abdul Isrami gab es nicht mehr in Paris, und Ägypten ist ein großes Land.
Deshalb protestierte Anna Kristeva nicht, wenn ihre Freundin ab und zu etwas zynisch in Geschlechterfragen argumentierte.
Aber welche Methode dann?
Wie vorgehen, wenn es darum ging, sich diese leichte Süße nicht entgehen zu lassen, die diese hohle Frucht trotz allem zu bieten hatte.
Wie?
, kurz gesagt. Ester war es schließlich, die mit dem Vorschlag kam.
Anzeigen aufgeben.
Anfangs war das mehr als Scherz gemeint, aber mit der Zeit kann auch aus einem Scherz Ernst werden. Frau konnte es ja einfach mal versuchen, und an
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