Die Schwarze Armee 01 - Das Reich der Träume
von der mehrere rotglänzende Siegel mit den Symbolen verschiedener Dörfer und Städte herabhingen.
»Ich möchte, dass du es mir vorliest. Heute ist ein besonderer Tag, und ich habe keine Lust, meine Energie mit dem Lesen eines von meinen Untergebenen verfassten Schriftstückes zu verschwenden.«
Dem Sprecher der Abordnung lief es kalt den Rücken hinunter. Er hatte nicht an die Möglichkeit gedacht, dass er mit lauter Stimme die Forderungen seiner Mitstreiter verlesen müsste. Er wurde sehr nervös.
»Los, mach schon, du vergeudest meine Zeit!«, drängte ihn Morfidio. »Lies!«
»Verzeiht, Herr …«, stammelte der Mann und entrollte das Pergament. »Nun denn … Hier steht: ›Mit dem gebotenen Respekt, Ritter Frómodi, und im Namen all derer, die gemeinsam dafür gekämpft haben, Reynaldo vom Thron zu stürzen, möchten wir Euch daran erinnern, dass die Krone dem Volk gehört und der neue König von allen Männern des Reiches gewählt werden muss. Deswegen bitten wir Euch, auf die Krone so lange zu verzichten, bis die Gemeinden entschieden haben, wer unser neuer Herrscher sein soll …‹ Nun, das ist es, was wir …«
»So dankt ihr mir also alles, was ich für euch getan habe? Habt ihr vergessen, dass ich es war, der den Plan erarbeitet hat, um diesen verdammten Reynaldo zu beseitigen, der euch mit seinen Stiefeln zertreten wollte?«
»Wir sind Euch dankbar für Eure Hilfe und erklären uns bereit, Euch dafür angemessen zu entlohnen …«
»Mich entlohnen?«, schrie Morfidio außer sich vor Wut und baute sich vor dem Sprecher auf. »Bin ich vielleicht euer Söldner? Für wen haltet ihr mich?«
Der Mann war sich im Klaren darüber, dass er sich seine Worte sehr genau überlegen musste. Doch dafür blieb ihm keine Zeit. Kaum hatte er Luft geholt, da schnitt ihm Morfidio schon mit seinem Dolch die Kehle durch.
»Bringt sie alle um!«, befahl er seinen Rittern. »Dass mir keiner mit dem Leben davonkommt! Solch undankbare Kreaturen verdienen es nicht zu leben!«
Die Ritter, die darauf vorbereitet waren, stürzten sich mit gezogenen Schwertern auf die unbewaffneten Bauern. Diese versuchten zu fliehen, mussten jedoch feststellen, dass die Tür verschlossen war. Die Soldaten, die draußen Wache standen, hörten vor Angst zitternd die grauenhaften Schreie der Bauern.
Wenig später öffnete sich die Tür und Morfidio und seine Ritter traten heraus. An ihren blutriefenden Schwertern hingen Kleiderfetzen.
»Säubert auf der Stelle den Saal!«, befahl Morfidio. »Und verbrennt die Leichen! Die Zeremonie beginnt, sobald ich mich umgezogen habe.«
Er begab sich in seine Gemächer und zog sein prächtiges Gewand aus, das jetzt blutdurchtränkt war. Er warf es in den Kamin und legte neue Kleider an. Als er sich gerade die Stiefel anziehen wollte, bemerkte er, dass seine Füße bis an die Knöchel schwarz gefärbt waren. Er versuchte, sie zu säubern, doch es gelang ihm nicht. Daraufhin schenkte er sich sein Glas voll Wein und trank es in einem Zug leer.
Er schäumte vor Wut. Mit jedem Tag, der verging, fühlte er, dass er blutrünstiger, grausamer und machtbesessener wurde. Auch die plötzlichen Wahnsinnsschübe, die ihn hin und wieder befielen, machten ihm Sorgen. Und das alles, seit er den Fuß in jenen unterirdischen Fluss gesetzt hatte, damals, als er sich mit Arturo duellierte, dem kleinen Wilden, der ihn so gedemütigt hatte.
»Ich werde dich umbringen! Ich schwöre dir, ich werde dich umbringen, du verfluchter Kerl!«, murmelte er und zog sich die Stiefel an.
Während der Krönungszeremonie herrschte absolute Stille. Niemand erkundigte sich nach den Bauern, die Frómodi, den neuen König, um eine Audienz gebeten hatten. Nur aus dem großen Kamin stieg eine riesige Rauchwolke auf, die einen verräterischen Geruch verströmte.
XII
Die Schlinge zieht sich zu
H oracios Vater hat sein Angebot für die mittelalterlichen Objekte erhöht, die Mercurio im Gartenhäuschen der Schule gefunden hat. Mein Vater hat mitgeboten und so ist der Preis immer weiter gestiegen. Dadurch haben sich unsere Beziehungen zur Bank noch mehr verschlechtert. Sie sind nicht bereit, irgendwelche finanziellen Abenteuer zu unterstützen, sagen sie.
Horacio erzählt überall herum, meine Familie wolle sich mit List und Tücke sämtliche mittelalterlichen Kunstschätze unserer Stadt unter den Nagel reißen. Das macht mich rasend. Wenn ich ihm auf dem Schulhof begegne, würde ich ihn am liebsten zur Rede stellen und ihn auffordern,
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