Die Schwarze Armee 03 - Das Reich des Lichts
betrunken.
„Hau ab, du Säufer, fass mich nicht an, sonst …!“, erwiderte der Soldat und stieß ihn fort.
Weiter kam er nicht. Crispín nahm ihn in den Schwitzkasten und hielt ihm den Mund zu. Der Soldat starb, ohne einen Ton von sich zu geben. Seine Kameraden, die ganz in der Nähe waren, bekamen von dem Vorfall nichts mit.
Crispín versteckte den toten Wachsoldaten zwischen den Bäumen und wechselte mit ihm die Kleider. Dann spazierte er in aller Ruhe zum Schloss. Niemand verwehrte ihm den Zutritt. Man hinderte ihn nicht einmal daran, den Hauptturm zu betreten, in dem sich König Horacles aufhielt.
***
G RAF M ORFIDIO SCHLUG erneut zu. Er hatte trotz allem nichts von seiner Energie eingebüßt. Arturo, der seit dem ersten Duell viel über den Schwertkampf gelernt hatte, geriet in Panik.
„Verstehst du jetzt, was ich sagen wollte, Arturo?“, fragte Morfidio spöttisch. „Ich bin stärker als du, stimmt’s?“
„Du kannst mich nicht beeindrucken. Bald wirst du begreifen, dass Geschicklichkeit wichtiger ist als Kraft“, antwortete Arturo, der nicht wusste, was Morfidio mit seinem „Schwachpunkt“ gemeint hatte.
Escorpio beobachtete den Kampf aus sicherer Entfernung. Er war buchstäblich zu einem Schatten geworden, den Arturo kaum noch erkennen konnte.
Der Graf verdoppelte seine Kräfte und griff mit wütendem Gebrüll an. Noch nie hatte Arturo einen ähnlich ungestümen Gegner vor sich gehabt. Also beschloss er, so zu tun, als weiche er zurück. Morfidio sollte glauben, er hätte ihn in die Enge getrieben. Auf diese Weise würde er ihn dazu bringen, seine Energien zu vergeuden.
„He, Arturo!“, rief Escorpio aus dem Hintergrund. „Schau mal, was ich hier mache!“
Arturo sah zu ihm hinüber. Entsetzt beobachtete er, wie Escorpio auf Alexias Sarg sprang. Für ihn kam das einem Sakrileg gleich.
„Komm sofort da runter, du elender Hund!“, schrie er, wohl wissend, dass der Spitzel seinem Befehl nicht Folge leisten würde. „Oder ich mach dir Beine!“
„Du wirst ihn nicht daran hindern können, seine Mission zu erfüllen“, sagte Morfidio. „Er weiß, was er zu tun hat.“
Arturo war verwirrt. Was hatte Escorpio vor?
„Schau mal, Adragón!“, schrie der Spitzel, eine Fackel in der Hand. „Willst du sehen, wie schön der Sarg brennt?“
Arturo war wie gelähmt.
„Scheint so, als hätte Escorpio deinen Schwachpunkt entdeckt“, sagte Morfidio in sarkastischem Ton. „Willst du es wirklich zulassen, dass er den Sarg deines Mädchens verbrennt?“
„Das wirst du mir büßen!“, brüllte Arturo verzweifelt. „Ich rate dir, tu das nicht!“
„Nein?“, lachte Escorpio. „Schau mal!“
Er hielt die brennende Fackel an den Sarg.
Arturo raste vor Wut. Er musste unbedingt etwas tun.
Er drehte sich um und stieg auf den Felsen, auf dem die Statue des Großen Drachen stand. Jetzt war er außerhalb Morfidios Reichweite.
„Adragón!“, rief er und schleuderte seine Waffe auf Escorpio. „Zeig’s ihm!“
Das alchemistische Schwert flog auf den Spitzel zu, der zuerst nicht begriff, was da vor sich ging. Nie zuvor hatte er ein Schwert gesehen, das fliegen konnte wie ein Vogel … oder wie ein Drache.
Die Klinge bohrte sich tief in seinen rechten Oberschenkel. Escorpio stieß einen Schrei aus, der tausendfach in der Grotte widerhallte. Man hätte meinen können, ein Höllenhund habe soeben gebrüllt.
„Was hast du getan?“, murmelte Escorpio und umklammerte sein Bein. Das Schwert war zu Arturo zurückgeflogen! „Das ist Hexerei!“
„Der Ärmste kannte den Trick mit dem fliegenden Schwert noch nicht“, sagte Morfidio. „Lass dir bloß nicht einfallen, ihn auch bei mir anzuwenden!“
„Keine Sorge, ich halte mich an den Ehrenkodex“, erwiderte Arturo. „Nicht so wie du! Lass uns von Gleich zu Gleich kämpfen, auch wenn wir es nicht sind!“
„Doch, das sind wir! Unsterblich und ehrgeizig! Wir wollen beide König werden.“
„Aber wir verfolgen unterschiedliche Ziele“, entgegnete Arturo. „Ich will Gerechtigkeit in diese Welt bringen, während du die Macht für dich alleine willst. Das unterscheidet uns voneinander.“
„Pah! Das ist doch Haarspalterei! Was zählt, ist das, was wir in diesem Tal der Tränen erreichen!“
„Nein! Was zählt, ist das, was wir für dieses Tal tun, damit es weniger Tränen gibt!“, widersprach ihm Arturo und sprang von dem schwarzen Felsen.
Sofort stürzte sich Morfidio wieder auf ihn, und der Kampf begann von Neuem.
Weitere Kostenlose Bücher