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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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brüllenden Stimmen und blökenden Kampfhörnern aus dem Schlaf gerissen und schreckte, noch in halb benommenem Zustand zwischen Traum und Wirklichkeit, aus seiner Sandmulde hoch.
    Mit überraschender Genauigkeit durchzuckte ihn die Erinnerung an längst vergangene Schlachten, so daß er blind nach einem Schwert griff, bevor er noch ganz auf den Beinen war und die sternklare Nacht über ihm und den geriffelten Sand unter seinen Füßen richtig wahrnahm. Er tastete um sich, um Mark wachzurütteln, bis ihm einfiel, daß dieser nicht mehr bei ihm war, sondern mit Owains Gefolge außer Reichweite dieser plötzlichen Bedrohung, was immer sie auch bedeuten mochte.
    Irgendwo zu seiner Rechten, dort, wo sich das offene Meer westlich bis nach Irland hin erstreckte, verlieh das leise Klirren von Stahl dem Geschrei kämpfender Männer eine zusätzliche, unheilschwere Note. Wirre Szenen von Kampf und Aufruhr verwandelten die von keinem Lufthauch bewegte Stille zwischen Strand und Meer in einen wilden Tumult, als hätte sich ein mächtiger Sturmwind erhoben, um Menschen hinwegzufegen, ohne auch nur die Grashalme zum Zittern zu bringen, über die sie liefen. Die Erde lag reglos, kalt und unbeteiligt da, der Himmel hing still und ruhig darüber, und vom Meer waren Mutwillen und Gewalt heraufgezogen, um dem zweifelhaften Frieden von Menschenhand ein Ende zu bereiten.
    Cadfael stürzte in die Richtung, aus der der Lärm in unregelmäßigen Schüben an sein Ohr drang. Andere, die aus ihren Betten auf der dem Landesinneren zugewandten Seite des Lagers hochgefahren waren, rannten, noch im Laufen ihre Eisen ziehend, neben ihm her, und so strebten sie gemeinsam den seewärtigen Befestigungen entgegen, wo das Kampfgetöse sich inzwischen auf sie zubewegt hatte, so als wären die Wehrzäune durchbrochen worden. Mitten aus dem heftigsten Lärm erhob sich die dröhnende Stimme von Otir, der seinen Männern Befehle zurief. Und ich gehöre gar nicht zu seinen Leuten, dachte Cadfael erstaunt und lief trotzdem immer weiter Hals über Kopf diesem Ruf entgegen, warum sollte ich mich ins Unglück stürzen? Er hätte sich abseits in sicherer Entfernung halten können und abwarten, wer diesen ganz offensichtlich gezielten Überfall angezettelt hatte und wie sich das Kriegsglück für Dänen und Waliser entwickelte, bevor er über die Bedeutung für sein eigenes Wohlergehen befand. Aber statt dessen war er, so schnell ihn seine Füße trugen, auf dem Weg ins Zentrum des Kampfes und verfluchte denjenigen, wer immer es auch war, der zu durchkreuzen beschlossen hatte, was einen annehmbaren Ausgang für ein gefährliches Unterfangen hätte bedeuten können.
    Nicht Owain! Da war er sich sicher. Owain hatte eine gerechte und vernünftige Lösung herbeigeführt, er hätte einen Schritt, der darauf abzielte, das Gewonnene wieder zu zerstören, weder selbst unternommen noch geduldet.
    Irgendwelche vom Haß auf die Wikinger zerfressenen oder nach kriegerischem Ruhm gierenden jugendlichen Hitzköpfe!
    Vielleicht behielt sich Owain eine Auseinandersetzung mit der feindlichen Flotte, die in sein Land eingedrungen war, erst noch vor, vielleicht würde er sogar alle Anstalten machen, sie hinauszuwerfen, wenn alle anderen zwischen ihnen noch offenen Angelegenheiten geregelt waren, niemals jedoch hätte er seine eigenen geduldigen Bemühungen, eine Klärung herbeizuführen, so einfach weggeworfen. Owains Kampf, wenn es denn je dazu gekommen wäre, wie es jetzt den Anschein nahm, wäre ein direkter Kampf gewesen, anständig und nach allen Regeln der Kunst und ohne unnötiges Morden.
    Schon vernahm er das Stöhnen und Ächzen des wogenden Gefechtes ganz in seiner Nähe, sah die hier und dort von den Köpfen und Schultern kämpfender Männer unterbrochene Linie des Wehrzaunes und ein großes Loch dort, wo sich die Angreifer unbemerkt zwischen zwei Wachposten hindurch ihren Weg durch die Befestigungen erzwungen hatten. Weit waren sie nicht gekommen, und Otir hatte bereits einen mächtigen Ring aus Stahl um sie zusammengezogen, aber an den Rändern ließ sich bei der Dunkelheit und allgemeinen Verwirrung Freund nicht von Feind unterscheiden, und so mochten wohl einige von denen, die als erste durch den Spalt gedrungen waren, innerhalb des Lagers frei herumlaufen.
    Gemeinsam mit der Vorhut der Dänen wandte er alle Kraft auf, um die Eindringlinge zurück durch den Wehrzaun und zum Meer hinunterzudrängen, als von hinten jemand leichtfüßig und flink auf ihn zugelaufen kam

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