Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
sie die Königin. Das Dreieck sollte vollständig sein. Sie sollte einen Gefährten haben.«
Saetan legte die Arme auf die steinerne Gartenmauer. Ein sanfter Nachtwind rauschte in den Kieferbäumen jenseits des Gartens. »Sie hat bereits einen Gefährten«, erwiderte er leise, aber bestimmt. »Als Erster Begleiter kann Lucivar stellvertretend die meisten Pflichten eines Gefährten erfüllen und die dritte Seite des Dreiecks sein, bis …« Er brach ab.
»Falls das je eintreffen sollte, SaDiablo«, meinte Andulvar mit sanftem Nachdruck. »Solange niemand den Ring der Hingabe trägt, wird jeder ehrgeizige Draufgänger im ganzen Reich – und etliche davon direkt aus Terreille – versuchen, in ihr Bett zu schlüpfen, um die Macht und das Ansehen zu erlangen, die damit verbunden sind. Sie braucht einen guten Mann, Saetan, nicht eine bloße Erinnerung. Was sie benötigt, ist ein starker Mann aus Fleisch und Blut, der ihr des Nachts das Bett wärmt, weil er sie liebt und nicht ihre Macht.«
Der Höllenfürst starrte auf das Land hinaus, das sich jenseits des Gartens erstreckte. »Sie hat einen Gefährten.«
»Tatsächlich?« Als Saetan nichts erwiderte, klopfte Andulvar ihm auf die Schulter und ging.
Lange Zeit blieb Saetan dort stehen und lauschte dem Lied des Nachtwinds. »Sie hat einen Gefährten«, flüsterte er. »Oder etwa nicht?«
Der Nachtwind blieb ihm die Antwort schuldig.
6Das Verzerrte Reich
E r kletterte.
Die Landschaft war hier nicht mehr so verformt oder steil, aber die Nebelschwaden, die aus den Erdspalten hervorstiegen, bedeckten den Weg und gaben ihm das unbehagliche Gefühl, dass unterhalb seiner Knie nichts existierte.
Nach einiger Zeit bemerkte er, dass der Ort ihm bekannt vorkam, dass er diese Pfade bereits erkundet hatte, als er noch stark und vollständig gewesen war. Er hatte das Grenzland betreten, das die Wirklichkeit und das Verzerrte Reich voneinander trennte.
Die Luft hier war taufrisch und mild. Das Licht war zart wie am frühen Morgen. Irgendwo in der Nähe zwitscherten Vögel, um den anbrechenden Tag zu begrüßen, und in der Ferne konnte er das Geräusch von wogender Brandung hören.
Sein Kristallkelch war beinahe wieder zusammengefügt. Während des langen Anstiegs war ein Stück nach dem anderen wieder an seinen Platz zurückgekehrt. Es gab ein paar abgesplitterte Stellen, ein paar Erinnerungen, die verloren gegangen waren. Insbesondere eine: Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, was in der Nacht geschehen war, in der man Jaenelle zu Cassandras Altar gebracht hatte.
Als er zwischen zwei großen Felsen hindurchging, die wie Wachtposten am Wegrand standen, verdichtete sich der Nebel hinter ihm.
Vor ihm lagen das Wasser, die Vögel, der Duft fruchtbarer Erde, die warmen Sonnenstrahlen – und ihr Versprechen, auf ihn zu warten.
Vor ihm lagen die Wirklichkeit und der gesunde Verstand.
Doch da waren auch Wissen und Leid. Er konnte es spüren.
Daemon.
Eine vertraute Stimme, aber nicht diejenige, nach der er sich sehnte. Er durchforstete sein Gedächtnis, bis er mit der Stimme einen Namen in Verbindung brachte.
Manny. Sie sprach mit jemandem über Brot und Butter. Daemon.
Jene Stimme kannte er ebenfalls: Surreal.
Ein Teil von ihm sehnte sich nach alltäglicher Unterhaltung, nach einfachen Dingen wie Brot und Butter. Ein anderer Teil von ihm hatte große Angst.
Er wich einen Schritt zurück … und konnte fühlen, wie
sich leise eine Tür in seinem Rücken schloss. Die Felsen waren zu einer hohen, undurchdringlichen Mauer geworden.
Zitternd lehnte er sich dagegen.
Es gab keinen Weg zurück.
Daemon.
Er nahm seinen ganzen verbliebenen Mut zusammen und ging auf die Stimmen und das Versprechen zu.
Er verließ das Verzerrte Reich.
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Anne Bishop:
Schatten
Die Schwarzen Juwelen 3
Danksagung
M ein Dank geht an Blair Boone, die meine Fragen zu Jagd und Waffen geduldig beantwortete. Hoffentlich habe ich die Informationen nicht allzu sehr verfälscht, als ich mir daran zu schaffen machte. Karen Borgenicht, Nancy Alden, Linda Bovino und der restlichen Bande im Krafttraining gebührt mein Beifall. Schließlich gilt mein ganz besonderer Dank den übrigen Schwestern meines Herzens: Lorna Czarnota, Merri Lee Debany, Annemarie Jason und Pat York.
Titel der amerikanischen Originalausgabe
THE BLACK JEWELS TRILOGY 2:
HEIR TO THE SHADOWS
Deutsche Übersetzung von Ute Brammertz
Deutsche Erstausgabe 12/2005
Redaktion: Natalja Schmidt
Copyright © 1999 by Anne
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