Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
Blitze auf ihn losließe. Stattdessen erschien eine Pergamentrolle vor ihm, die mit einem blutroten Band zusammengeschnürt war.
»Das ist eine Liste der Territorien, die sich dem Schwarzen Askavi unterworfen haben. Fortan stehen sie im Schatten des Bergfrieds. Sie gehören mir. Jeder, der versucht, sich in meinem Territorium niederzulassen, wird auf Widerstand stoßen. Jeder, der irgendjemandem aus meinem Volk Schaden zufügt, wird hingerichtet werden. Es wird keinerlei Entschuldigungen oder Ausnahmen geben. Ich formuliere es ganz einfach, damit die Mitglieder dieses Rates sowie die Eindringlinge, die Land erobern wollen, auf das sie keinen Anspruch haben, niemals behaupten können, sie hätten es nicht verstanden.« Jaenelles Lippen kräuselten sich zu einem boshaften Lächeln. »Haltet euch von meinem Territorium fern!«
Die Worte dröhnten durch den Saal und hallten lange Zeit von den Wänden wider.
Ihre Saphiraugen, die nicht ganz menschlich aussahen, hielten das Tribunal etliche Minuten in ihrem Bann. Dann drehte sie sich um und glitt aus der Ratskammer, gefolgt vom Höllenfürsten und Prinz Yaslana.
Magstroms Hände zitterten so heftig, dass es ihm erst nach dem dritten Versuch gelang, das blutrote Band aufzuknoten. Er strich die Pergamentrolle glatt, ohne sie, wie es sich eigentlich gehörte, an Jorval, den Ersten Tribun, weiterzureichen.
Name auf Name auf Name auf Name. Manche davon waren
in Märchen aufgetaucht, die seine Großmutter ihm einst zu erzählen pflegte. Manche waren ihm als ›herrenloses Land‹ bekannt. Von manchen hatte er noch nie im Leben etwas gehört.
Name auf Name auf Name.
Am Schluss des Pergaments, über Jaenelles Unterschrift und ihrem schwarzen Wachssiegel, befand sich eine Landkarte von Kaeleer, bei der die Territorien, die nun im Schatten des Bergfrieds standen, schraffiert gekennzeichnet waren.
Abgesehen von Kleinterreille und der Insel, die dem Dunklen Rat vor Jahrhunderten übertragen worden war, gehörte das Schattenreich nun Jaenelle Angelline.
Magstrom betrachtete die elegante, kalligraphische Unterschrift. Zweimal hatte sie als Mädchen vor dem Rat gestanden, und beide Male hatten sie die Warnsignale missachtet, die besagt hatten, was sie werden würde. Jetzt hatten sie es mit einer Königin zu tun, die kein Fehlverhalten dulden würde.
Mit einem Schaudern musterte er das Siegel. In der Mitte war ein Berg zu sehen, über dem sich das Horn eines Einhorns befand. Um den Rand des Siegels standen fünf Worte in der Alten Sprache geschrieben.
Auf einmal erschien ein kleiner gefalteter Zettel über dem Siegel. Magstrom griff in dem Augenblick danach, als Jorval ihm das Pergament aus den Händen riss. Sogleich lasen Jorval und der Zweite Tribun dem restlichen Rat die Liste vor, wobei ihre Stimmen immer heftiger zitterten, als ihnen klar wurde, was das Schreiben bedeutete. Währenddessen öffnete Magstrom heimlich das Stück Papier.
In einer Männerhandschrift standen dort dieselben fünf Worte geschrieben wie auf dem Siegel. Darunter folgte die Übersetzung.
Zum Andenken. Als eine Mahnung.
Magstrom hob den Blick.
Der Höllenfürst stand draußen vor der offenen Tür der Ratskammer.
Magstrom nickte kaum merklich und ließ den Zettel verschwinden,
erleichtert, dass niemand bemerkt hatte, wie Saetan zurückgeblieben war, um ihm diese Botschaft zukommen zu lassen.
Er würde sich die Warnung zu Herzen nehmen und noch heute Abend eine Nachricht nach Hause schicken. Seine beiden älteren Enkeltöchter waren glücklich außerhalb Kleinterreilles verheiratet. Er würde Arnora, seine jüngste Enkelin, auffordern, sofort zu einer ihrer Schwestern aufzubrechen. Wenn sie erst einmal dort war, würde es bestimmt eine Möglichkeit geben, die neue Königin von Dharo oder Nharkhava zu überreden, sie bleiben zu lassen.
Während Magstrom nur mit halbem Ohr dem entrüsteten, verängstigten Palaver des Rates zuhörte, spürte er einen Hoffnungsfunken in sich aufsteigen, was Arnoras Zukunft betraf. Zwar kannte er die neuen Königinnen nicht, aber er kannte jemanden, der mit ihnen vertraut war.
Nach all den Gerüchten und Geschichten über die Familie SaDiablo war es die Ironie des Schicksals, dass der eine Mensch, an den er sich wenden und der seine Sorgen verstehen und ihm helfen würde, ausgerechnet der Höllenfürst war.
5Kaeleer
I ch wollte nie herrschen«, sagte Jaenelle, als sie und Saetan durch die vom Mondschein erhellten Gärten des Bergfrieds wanderten. »Niemals wollte
Weitere Kostenlose Bücher