Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
die geringste Aufmerksamkeit. Das war auch gut so, denn er hatte keine Ahnung, was er als Nächstes tun sollte.
Immer noch schwer atmend betupfte Thera sich die Lippe und starrte dann das frische Blut auf ihrem Handrücken an. »Beim Feuer der Hölle, Lia, du hast meine Lippe aufplatzen lassen.«
Lia schob sich das Haar aus dem Gesicht und meinte zerknirscht: »Es tut mir leid.« Sie betrachtete die Haarsträhnen, die ihr nun an den Fingern hingen. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. »Andererseits vielleicht auch nicht. Hast du mir tatsächlich so viele Haare ausreißen müssen?«
»War keine Absicht. Mein Arm ist weggezuckt, als ein gewisser Jemand auf uns gefallen ist, der nicht schlau genug war, uns aus dem Weg zu gehen.«
»Ach so.«
Sie sahen ihn an.
Jared bedachte sie mit einem kalten, harten Blick.
Ihre Blicke senkten sich zu der Hand, die er immer noch rieb. Beide Frauen rutschten ein Stück auf ihren Bänken weiter, sodass sie ein wenig näher bei Blaed saßen.
»Es tut uns leid, dass wir dich gebissen haben, Jared«, sagte Lia demütig und warf ihm einen Blick durch ihre langen Wimpern zu.
»Du bist nicht der Einzige, der Schmerzen erleiden musste«, beschwerte sich Thera, die sich das Schienbein massierte. »Ich habe mir das Scheinbein an etwas verflucht Hartem angeschlagen.«
»Ja«, erwiderte Jared kühl. »An meinem.«
»Oh.« Nach einer Runde unbehaglichem Schweigen schnaubte Thera wütend und schob sich das Haar zurück. »Tja, ich möchte mal bezweifeln, dass jemand den Mumm haben wird zu fragen, was vorgefallen ist.«
Blaed ließ ein zorniges Knurren vernehmen.
»Abgesehen von euch beiden«, fügte Thera hinzu und musterte Blaed voll vorsichtigem Respekt. »Darauf wollte ich ja hinaus.«
Blaeds Muskeln schienen anzuschwellen vor lauter Zorn, der in seinem Innern schwelte.
Jared verengte die Augen zu Schlitzen. Wo war die Wut, die Thera und Lia dazu veranlasst hatte, aufeinander loszugehen? Die beiden hätten sich nicht derart schnell wieder beruhigen können. Doch da saßen sie wie zwei Freundinnen, die eine kleine Kabbelei gehabt hatten anstatt …
»Ihr habt das absichtlich getan«, sagte Jared langsam. »Ihr habt uns absichtlich alle in Angst und Schrecken versetzt.«
»Natürlich«, antwortete Lia, die überrascht dreinblickte. »Thera und mir war klar, dass wir alle von der Explosion ablenken mussten, damit niemand danach fragte, bis wir Zeit gehabt hätten, uns zusammenzureimen, was da vorgefallen ist.«
»Ihr habt uns belogen!«
»Wir haben nicht gelogen «, erklärte Lia empört. »Wir haben uns verstellt und so getan, als würden wir miteinander kämpfen, um die anderen abzulenken.«
Sein Geist war in der Lage, den Unterschied zwischen lügen und sich verstellen nachzuvollziehen, aber seine Gefühle hatten keinerlei Interesse, derart feine Unterscheidungen zu treffen.
»Der Kampf hat ja wohl einen guten Grund für die Explosion abgegeben«, stellte Thera fest.
»Und wir haben uns der Kunst bedient, damit unsere Stimmen weit genug getragen haben und jeder in der Gruppe Bescheid wusste«, fügte Lia hinzu.
Jared zwang seine Zähne auseinander, bevor ein paar unter dem Knirschen zerbrechen würden. Wenige Sekunden. Länger hatte es nicht gebraucht, bis eine der beiden der anderen einen Gedanken zugeschickt hatte. Etwas wie, Wir müssen etwas tun, damit die Männer keine Fragen stellen. »Ihr habt das in der Zeit ausgeheckt, die ihr gebraucht habt, um aufzustehen, aber ihr hattet nicht einmal ein paar Sekunden übrig, um Blaed und mir einen Faden zu senden und uns einzuweihen?« Er schlug mit der Faust gegen die Tür, was beide Frauen zusammenzucken ließ. »Ihr habt einfach angefangen, euch gegenseitig Beleidigungen an den Kopf zu werfen und seid einander an die Kehle gegangen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, wie wir uns dabei gefühlt haben. Ihr habt euch der Kunst bedient, damit jeder hören konnte …«
Die Luft in dem Wagen kühlte sich merklich ab. Er gewahrte die Veränderung in ihren Augen. Sie waren gewillt gewesen, ihn bis zu einem gewissen Punkt zu besänftigen, doch den hatte er erreicht.
»Du vergisst dich, Krieger«, sagte Lia kalt. »Eine Königin hat es nicht nötig, sich einem Mann gegenüber zu rechtfertigen.«
Richtig, dachte Jared, aber hatte er nicht ein bisschen mehr Rücksicht verdient?
Lias Miene entspannte sich. »Wenn wir euch beiden gesagt hätten, dass es nur Schau war, hättet ihr nicht genauso reagiert. Nicht
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