Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
Cassidy sah Ranon genauer an. Beim Feuer der Hölle. Der Mann wurde rot.
*Da hast du wohl den Nagel auf den Kopf getroffen*, sagte Shira auf einem weiblichen Speerfaden. Dann eilte sie aus dem Raum.
Ranon war stark, mutig, so arrogant wie jeder andere Kriegerprinz und scheute keinen Kampf. Aber wenn es um das Zusammenleben mit Frauen ging, entwickelte er gewisse Berührungsängste und war sich nicht immer sicher, wie er sich verhalten sollte.
Andererseits verstand er vielleicht doch, wie manche Dinge andere aufwogen.
Sie hob die Schachtel auf, dankte ihm und verließ den Raum.
Shira erwartete sie.
»Glaubst du, das ist verhältnismäßig?«, fragte Cassidy und hielt das Geschenk hoch.
Shira sah die Pralinen stirnrunzelnd an. »Verhältnismäßig für was?«
»Für was auch immer Ranon für so schrecklich hielt, dass ich so viel Trost brauchen würde.«
Talon schloss die Tür mit Hilfe der Kunst, legte dann einen Hörschutz um den Raum und versiegelte die Tür mit der Kraft seines Saphir-Juwels. Letzteres eher nicht, damit alle anderen draußen, sondern vor allem, damit Ranon drinnenblieb.
Er musterte den Rücken des Shalador-Kriegerprinzen. Steif. Angespannt. Darauf wartend, dass der Hauptmann der Wache den ersten Schritt tat.
»Sag mir, was du ihr nicht sagen wolltest«, forderte Talon ihn auf.
Ranon drehte sich um. Beim Feuer der Hölle. Wie hatte er es geschafft, diesen Zorn zu verstecken?
»Theran hat seiner … Lady … freie Hand über die Stadt gegeben. Die Kriegerbrüder, die das Landenmädchen verletzt haben … Sie hat sie mit ins Landenviertel genommen – und dann die Wachen bedroht, als sie am Befehl unserer Königin festgehalten haben. Ich habe gehört, dass sie einige der Händler bestiehlt. Und sie geht davon aus, dass Cassidy bis zum Frühling verschwunden ist und sie Königin von Dena Nehele wird.« Ranon ballte die Hände zu Fäusten. »Und weil genau das der Grund war, aus dem Cassidy überhaupt davongelaufen ist, hatte ich nicht vor, ihr von den Gerüchten zu erzählen.«
Talon legte die Stirn in Falten. Landen, Wachen und Händler wollten alle die Stadt verlassen? Für ihn klang das nach mehr als Gerüchten. »Was noch?«
»Ich habe vier Kriegerprinzen getroffen, die gerade angekommen waren, als ich abreisen wollte. Ich glaube, alle vier kommen aus der Herzblutfluss-Provinz.«
Zur Musterung, dachte Talon bitter. Der Versuch, genügend Kriegerprinzen für Kermillas Unterstützung zu gewinnen, um im Frühling einen Hof aufzustellen, der stark genug wäre, Cassidys herauszufordern – und ihn dabei zu zerschlagen.
Aber er hatte bereits bei ihrer Abreise aus Grayhaven gewusst, dass Theran Kermilla zur Königin wollte. Und dass Cassidys Hof auseinanderbrechen würde, wenn Cassidys Erster Begleiter, der Mann, der sie überhaupt erst in dieses Land gebracht hatte, sich von ihr abwandte. Und der Grund, aus dem er damals nichts gesagt hatte, war der Grund, aus dem er auch jetzt schwieg: Gray.
Der Mann, zu dem Gray sich entwickelte, wäre vielleicht in der Lage, an einem Hof zu dienen. Oder zumindest einen frei gewordenen Platz zu besetzen, um diesen Hof zu erhalten. Er wollte dem Jungen so viel Zeit geben wie möglich, bevor man sich dieser Entscheidung stellen musste.
»Wenn du noch etwas hörst, will ich es wissen«, sagte Talon. »Ich werde den Haushofmeister wissen lassen, dass uns möglicherweise nächsten Frühling ein Kampf bevorsteht. Aber es bleibt unter uns dreien. Verstanden?«
»Ja, Sir, verstanden«, antwortete Ranon.
»Hol dir etwas zu essen und brich dann auf«, sagte Talon. »Nimm Burne und Haele mit. Und von der Kutschstation hier die größte Kutsche, die du steuern kannst.«
Ranon wurde blass. »Du redest von einem schnellen Rückzug. Die Schwächsten mitnehmen und fliehen. Die Stärkeren zurücklassen, um zu retten, was noch zu retten ist, bevor der Feind darauf aufmerksam wird. Du kannst doch nicht glauben, Theran würde Frauen und Kinder angreifen, Landen oder nicht. Das kannst du nicht glauben.«
Wenn er an den Jungen dachte, den er aufgezogen hatte, hielt er es nicht für möglich. Aber bei dem Mann war er sich nicht mehr so sicher. Er wusste nicht, was Theran tun würde, solange Kermilla die Zügel in der Hand hielt.
»Wie oft hast du schon jemanden gesehen, der bereit war, zu fliehen, aber nicht lange genug überlebt hat, um auf sicheren Boden zu gelangen?«, fragte Talon. Ranon wurde noch blasser, was ihm verriet, dass der Mann mit eigenen Augen
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