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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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daß ich Sie vielleicht hier treffe.«
    Morse hob unverbindlich die Schultern. »Was haben Sie mir zu sagen?«
    »Von vorsichtigen Annäherungen halten Sie nichts, was?«
    »Manchmal schon.«
    »Ja, also … es geht um Freitag nachmittag.«
    »Wie sich so was rumspricht …«
    »Sie wollten wissen, was wir alle am Freitag nachmittag gemacht haben, nicht?«
    »Ja. Im Büro war offenbar keiner von Ihnen.«
    »Bei den anderen weiß ich das nicht so genau – nein, das stimmt nicht ganz, nämlich … Ach je, Sie machen es einem aber auch nicht gerade leicht. Ich war den ganzen Nachmittag weg, das heißt, ich war mit jemandem zusammen, und früher oder später müssen Sie wohl erfahren müssen, wer es war.«
    »Ich glaube, das weiß ich schon«, sagte Morse leise.
    Monica sah ihn verblüfft an. »Das ist doch unmöglich. Haben Sie etwa –«
    »Nein, ich habe noch nicht mit Mr. Martin gesprochen, aber ich werde es in Kürze tun, und er wird mir vermutlich die ganze Geschichte erzählen – mit dem üblichen Schuß Zögern, Verlegenheit und vielleicht mit einem bißchen Bammel. Es stimmt doch, daß er verheiratet ist?«
    Monica legte die Hand an die Stirn und schüttelte traurig den Kopf. »Sind Sie Hellseher?«
    »Wenn das der Fall wäre, würde es bei meinen Fällen ein bißchen fixer gehen.«
    »Soll ich Ihnen alles erzählen?« Sie machte ein unglückliches Gesicht.
    »Jetzt nicht. Es ist mir lieber, wenn ich es von Ihrem Freund erfahre. Er ist kein besonders guter Lügner.« Er stand auf und sah auf ihr leeres Glas. »Gin-Campari, nicht?«
    Sie nickte dankend. Während Morse zur Theke ging, zündete sie sich die nächste Zigarette an und inhalierte tief. Besorgt zog sie die sauber gezupften Brauen zusammen. Was sollte sie nur tun, wenn …
    Morse war ziemlich bald wieder da und plazierte das Glas sorgfältig auf einem Bierfilz. »Das mit dem kostspieligen Geschmack ist mir jetzt klar, Miss Height.«
    Sie sah auf und lächelte ein bißchen. »Trinken Sie denn nichts?«
    »Nicht jetzt, danke. Ich habe diese Woche ein bißchen mehr als sonst am Hals. Eine Mordermittlung zum Beispiel. Und mit Nutten habe ich sowieso nicht viel am Hut.«
    Damit zog er ab und ließ Monica kreuzunglücklich zurück. Wie grausam er gewesen war. Und dabei hatte sie sich noch gestern so wohl in seiner Gesellschaft gefühlt. Jetzt aber haßte sie ihn.
    Auch Morse fühlte sich nicht so recht wohl in seiner Haut. So ruppig hätte er sie nicht zu behandeln brauchen. Und überhaupt – diese Eifersucht war dumm und kindisch. Er hatte sie doch gerade erst kennengelernt. Natürlich konnte er umkehren, sie zum nächsten Glas einladen und sich entschuldigen. Ja, das war eine Möglichkeit … Er tat es nicht. Denn in die Eifersucht mischte sich etwas anderes: das Gefühl, daß Monica ihn belogen hatte.
     

11
     
    Bis auf die Tatsache, daß Mrs. Greenaway, die im Obergeschoß wohnte, am vergangenen Freitag abend einen Jungen zur Welt gebracht hatte, erfuhr Lewis nicht viel Brauchbares von Mrs. Jardine. Sie vermochte die am Vortag gemachte Aussage nicht um Wesentliches zu ergänzen, und Lewis verbrachte nur zehn Minuten bei ihr. Doch der Triumph von vorhin war ihm nicht zu nehmen. Am Nachmittag berichtete er Morse von seinem Gespräch mit Mrs. Evans, überreichte seine Trophäe und war alles in allem sehr mit sich zufrieden. Morses Begeisterung war allerdings eher gedämpft. Quinns Zettel sah er sich zwar lange und genau an, schien aber ansonsten nicht so recht bei der Sache zu sein.
    »Sie scheinen unzufrieden zu sein.«
    »Die Mehrheit der Menschheit verbringt ihr Leben in stiller Verzweiflung.«
    »Na, wenn Sie das nicht aufheitert …«
    »Wie? Blödsinn, Lewis.« Morse schüttelte sich, als könne er damit seine zeitweilige Depression vertreiben, und nahm sich noch einmal den Zettel vor. »Das hätte ich selber kaum besser machen können.« Es war leichthin gesagt, aber Lewis kannte seinen Chef.
    »Raus damit, Sir.«
    »Womit?«
    »Was hätten Sie die Frau gefragt?«
    »Sag ich doch. Genau dasselbe, was Sie gefragt haben.«
    »Was noch?«
    Morse überlegte. »Vielleicht ein, zwei zusätzliche Sachen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Vielleicht hätte ich sie gefragt, ob sie einem Blick in den Papierkorb geworfen hat.«
    »Ach ja?« meinte Lewis ziemlich unbeeindruckt.
    »Vielleicht hätte ich sie gefragt, ob Quinns Anorak da war.«
    »Aber –«
    »Bestimmt hätte ich sie gefragt, ob die Gasheizung im Kamin an war.«
    Allmählich kapierte Lewis, worauf Morse

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