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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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hinaus wollte, und nickte nachdenklich vor sich hin. »Am besten nehmen wir sie uns noch mal vor.«
    »Auf jeden Fall. Aber das ist ja nicht das Problem. Fest steht, daß Quinn allem Anschein nach bis etwa sechs am Leben war. Ich frage mich …« Einen Augenblick schweiften seine Gedanken wieder ab, aber dann setzte er sich plötzlich bolzengerade auf und zückte seinen Parker-Kugelschreiber. »Erst mal gibt es hier noch genug zu tun. Schauen Sie mal nach, ob er schon vom Essen zurück ist.«
    »Wer denn?«
    »Martin natürlich, das hab ich doch eben schon gesagt. Oder sind Sie plötzlich schwerhörig geworden?«
     
    Während Martin voller Verlegenheit Monicas Aussage bestätigte, machte Morse ein Gesicht wie jemand, dem man ein faules Ei direkt unter die Nase hält. Sie hatten beide das Haus etwa um 13 Uhr 10 verlassen. Nein, nicht zusammen, sie waren getrennt gefahren. Ja, zu Monicas Bungalow. Ja, ins Bett. (Ein stinkendes, ekelerregendes Ei.) Ja, und das war eigentlich alles. (Alles, sagt er. Der macht mir Spaß.)
    »Wann sind Sie dort weg?«
    »Ungefähr Viertel vor vier.«
    »Und Sie sind nicht mehr ins Büro gegangen?«
    »Nein, ich bin direkt nach Hause gefahren.«
    »Wie nett für Ihre Frau.«
    Martin schwieg.
    »Lewis, gehen Sie zu Miss Height. Sie haben gehört, was Mr. Martin sagt. Lassen Sie sich ihre Aussage geben.«
     
    Morse sah Martin scharf an. »Sie sind ein geiler Typ, was?«
    Martin schüttelte den Kopf. »Nein, das stimmt nicht, Inspector. Ich habe meine Frau nur mit Monica betrogen, mit sonst niemandem.«
    »Verliebt in die Frau?«
    »Ich weiß nicht. Die Geschichte hat … ach, ich weiß nicht. Sie ist … Ach, ist ja jetzt egal.«
    »Warum sind Sie so früh weggegangen?«
    »Wegen Sally, das ist Monicas Tochter. Meist kommt sie um Viertel nach vier nach Hause.«
    »Und Sie wollten nicht, daß sie dazukommt, wie Sie ihre Mutter bumsen, ja?«
    Martin machte ein unglückliches Gesicht. »Sind Sie noch nie fremdgegangen, Inspector?«
    Morse schüttelte den Kopf. »Nein, mein Junge. Ich hab nämlich noch nie treu zu sein brauchen.«
    »Muß – muß es herauskommen?«
    »Nicht unbedingt. Es sei denn …«
    »Es sei denn?« Martin machte ängstliche Augen, und Morse hütete sich, ihn zu beruhigen.
    »Diese Sally geht in Oxford zur Schule?«
    »Ja. Oxford High School.«
    »Bißchen peinlich bei den Prüfungen, was? Ich meine, wenn ihre Mutter –«
    »Nein, nein, das verstehen Sie falsch, Inspector. Unser Verband hält in England gar keine Prüfungen ab.«
    »Wer prüft in der Oxford High School?«
    »Die zuständigen örtlichen Behörden, nehme ich an.«
    »Aha.«
    Als Martin weg war, rief Morse im Präsidium an und gab Constable Dickson seine Anweisungen. Er lächelte zufrieden vor sich hin, als Lewis zurückkam.
    »Sie bestätigt, was Martin gesagt hat, Sir.«
    »Soso, tut sie das?«
    »Das sagen Sie so skeptisch.«
    »Finden Sie?«
    »Glauben Sie den beiden nicht?«
    »Ich habe den Eindruck, Lewis, daß die beiden das Blaue vom Himmel runterschwindeln. Aber ich kann mich natürlich auch irren. Was, wie Sie wissen, gelegentlich vorkommt.« Er hatte jenen Ausdruck falscher Bescheidenheit aufgesetzt, den viele an dem Chief Inspector am wenigsten schätzten, und Lewis war fest entschlossen, sich durch seine verdrehte Logik nicht noch weiter provozieren zu lassen. Er jedenfalls glaubte den beiden, da konnte der große Morse brabbeln, was er wollte.
    »Haben Sie nicht gehört, Lewis?«
    »Wie meinten Sie, Sir?«
    »Was ist denn bloß heute mit Ihnen los, Mann? Holen Sie mir Ogleby, habe ich gesagt. Wenn das nicht zuviel verlangt ist.«
    Lewis knallte die Tür hinter sich zu.
     
    Morse hatte bei der offiziellen Vorstellung am Vortag kaum ein halbes Dutzend Worte mit Ogleby gewechselt, er war ihm aber auf Anhieb sympathisch gewesen. Dieser Eindruck bestätigte sich, als Ogleby ihm übersichtliche und zuverlässige Informationen über die Arbeit des Verbandes lieferte.
    »Wie ist es mit den Sicherheitsvorkehrungen?« fragte Morse behutsam wie ein zaghafter Schlittschuhläufer, der das Eis testet.
    »Das ist natürlich ein ständiges Problem. Da aber alle es gewissermaßen im Hinterkopf haben, löst es sich immer irgendwie von selbst – wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Morse nickte vor sich hin. »Ihr Geschäftsführer legt offenbar auf diesen Punkt ganz besonderen Wert.«
    »Ja, so könnte man es wohl sagen.«
    Morse warf ihm einen scharfen Blick zu. Hatte in Oglebys Antwort ein Hauch von Ironie –

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