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Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Titel: Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Callahan Henry
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E INS
    E s gibt wunderbare und schreckliche Momente im Leben einer Frau. Beides in rauen Mengen. In einem weißen Kleid vor Familie und Freunden zu stehen und dem gutaussehenden Mann vor mir ewige Liebe zu schwören steht ganz oben auf meiner »Wunderbar«-Liste. Zwanzig Jahre später dann auf der Beerdigung meiner Mutter die Beileidsbekundungen der Trauergäste entgegenzunehmen und mich der Berührung desselben Mannes zu entziehen, weil ich weiß, dass ich ihn nicht mehr liebe, nicht mehr lieben kann, ist schlimmer als schrecklich. Es ist tragisch.
    Ich schreibe, um den Wirbelsturm meiner Gefühle mit Worten zu bändigen, um einen Sinn in dem zu finden, was im Moment so sinnlos erscheint.
    Mutters Beerdigung
    Auf der Beerdigung meiner Mutter gab es weit und breit nur eine Art von Blumen: Lilien. Überall. Unzählige. Wenn man bedenkt, wie viele verschiedene Blumen es auf der Welt gibt, Millionen von Blüten und Knospen, hätte irgendwem doch auch etwas anderes einfallen können.
    In der Sprache der Blumen steht die Lilie für Unschuld, Reinheit und Schönheit. Aber nicht deswegen wurde die Kirche von einem Meer aus Lilien überschwemmt. Seit zwölf Generationen, vielleicht auch schon länger, bekommtdie erstgeborene Tochter der erstgeborenen Tochter in unserer Familie den Namen Lillian. Es war also klar, warum alle Trauergäste gerade diese Blumen mitgebracht hatten, aber der Geruch war nicht auszuhalten, die widerliche Süße nahm mir die Luft zum Atmen.
    Sadie, meine beste Freundin, stand neben mir, während die kondolierenden Trauergäste vorbeiströmten. »Ellie«, flüsterte sie.
    »Was?« Ich rückte näher an sie heran.
    »Ich frage mich, ob noch irgendwo in ganz Atlanta Lilien zu haben sind. Das ist ja der Wahnsinn.«
    »Auch die hätten ihr nicht gereicht«, sagte ich.
    Sadie lachte ein respektvoll verhaltenes Kirchenlachen. »Stimmt«, erwiderte sie, »sie konnte nie genug kriegen.«
    Auf meiner anderen Seite stand mein Mann Rusty, seine Hand auf meinem Rücken, links neben ihm unsere neunzehnjährige Tochter Lil. Sadie und ich unterdrückten nach Kräften den sich anbahnenden Lachanfall und rangen um die unseren siebenundvierzig Jahren angemessene Contenance. Das Amüsement war natürlich völlig fehl am Platze. Ich habe keine Ahnung, warum Gelächter sich immer dort regt, wo es so ganz und gar nicht hingehört. Ich weiß nicht, warum es immer im falschen Moment regnet oder warum die Liebe verschwindet, wenn wir sie am meisten brauchen. Aber so war es: Wir lachten über den Tod.
    »Ich wette«, sagte ich und verhinderte gerade noch ein unschickliches Losprusten, »alle fanden sich wahnsinnig originell, Lilien zu Lillys Beerdigung zu schicken.«
    Bei dem Versuch, ein Glucksen herunterzuschlucken, entwischte Sadie ein Schnaufen, und das brachte das Fass zum Überlaufen. Wir lachten uns schief und krumm überetwas, das nur ansatzweise oder vielleicht auch gar nicht komisch war. Aber wenn man etwas nicht haben kann, will man es erst recht, und so waren wir nicht in der Lage, unser Gelächter dort unter Kontrolle zu bringen, wo es am wenigsten hinpasste – beim Entgegennehmen der Beileidsbekundungen auf Mutters Beerdigung.
    Rusty warf mir einen Blick zu, der mich seltsamerweise noch mehr zum Lachen brachte. Er streckte die Hand aus, wollte mich berühren, aber ich entzog mich. Meine Tochter sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Sadie drückte meine Hand, wir beruhigten uns – und setzten wieder Trauermienen auf.
    Natürlich war an Mutters Tod überhaupt nichts komisch. Sie war plötzlich und unerwartet gestorben und hatte unsere Familie entsetzt und verstört zurückgelassen. Ich weiß jetzt, dass der Tod endgültig ist: Er lässt sich nicht durch Einsamkeit, Reue oder Trauer umkehren. Mein Bedürfnis nach meiner Mutter, nach einer Art Erlösung oder Aussöhnung loderte mit jedem Gedanken und jeder Erinnerung an ihre Abwesenheit wieder auf. Das Vermissen tat weh, ich wachte auf, erinnerte mich an den Schmerz und sank mit diesem Wissen wieder in rastlosen Schlaf zurück.
    Die Beerdigung war eine Riesenveranstaltung. Mutter wäre stolz gewesen auf die große Schar ihrer Trauergäste, vor allem, wenn man bedenkt, wie klein unsere Familie ist. Mutter war Einzelkind, und Vater hat nur einen Bruder, Onkel Cotton – eine Randfigur in meinem Leben, ein ständig an exotische Orte reisender Autor, über den meine Mutter nur die Augen verdrehte, als sei die Schriftstellerei nichts als brotlose Kunst, die

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