Die Schwerter von Zinjaban
Studiozelt mit dem Abdrehen der Blue-Screen-Takes und der Vertonung. Um den Nachmittag totzuschlagen, wanderte Reith durch den Wald von Stativen mit Scheinwerfern und Reflektoren und bahnte sich seinen Weg über ein Gewirr von Kabelsträngen und – rollen. Er hörte, wie Olson, der Chefbeleuchter, zu Motilal sagte: »Akku Nummer drei geht langsam der Saft aus. Wenn er seinen Geist aufgibt – und vergiß nicht, Nummer vier ist ja schon platt –, sind wir aufgeschmissen.«
»Für diese Aufnahme tun’s zur Not auch ein paar Glühbirnen«, erwiderte Motilal. »Es ist eine Nachtszene.« Er wandte sich Fairweather zu. »Randal, geh noch mal zurück bis ›Wie habe ich nur jemals an dir zweifeln können? ‹ und sprich die ganze Sequenz noch mal neu. Versuch, britischer zu klingen! Das amerikanische Publikum findet das aristokratischer, halt so, wie ein Prinz klingen sollte. Sprich einfach so wie ich.«
»Du meinst, mit einem Hindu-Akzent?« fragte Fairweather mit demonstrativer Arglosigkeit.
Motilal knallte wütend sein Script auf den Boden. »Nein, verdammt noch mal! Ich spreche perfektes Oxford-Englisch! Ich meine … ach, soll dich doch der Teufel holen!« Vor Wut bebend, rang der kleine Mann um Beherrschung. »Mein guter Mister Pair-Fairweather, wären Sie wohl so freundlich und würden diese Szene noch einmal sprechen, beginnend mit ›Wie habe ich nur jemals …‹!«
Nachdem er eine Stunde zugeschaut hatte, kehrte Reith in das Zelt zurück, das er jetzt mit Alicia teilte, und vergrub seine Nase in einer Grammatik der Sprache von Katai-Jhogorai.
Auf der Kuppe des langen Hanges, der hinunter zum Fluss ging, im Dorf Zinjaban, gingen die Menschen ihren Alltagsgeschäften nach. Wann immer sie sich ein wenig Zeit von ihrer Arbeit stehlen konnten, fanden sie sich mit ihren Kindern bei den Zelten ein, um den seltsamen Fremden mit staunenden Augen bei der Arbeit an ihrem Lichtspiel zuzuschauen. Einige von ihnen boten den Filmleuten schüchtern Esswaren an, als Dank dafür, dass sie geholfen hatten, ihnen die Nomadenhorde vom Hals zu halten.
Zu gegebener Zeit kehrte Timásh mit Zerre und einem jungen Khaldonier, der sich als Minyevs Vetter Yinkham vorstellte, aus Novorecife zurück. Der Khaldonier sagte, er habe erfahren, dass Minyev seine Stelle bei Reith aufgegeben und ihn, Yinkham, als Nachfolger für den Job empfohlen habe.
»Mein Gott, was für eine Unverfrorenheit!« sagte Reith kopfschüttelnd auf englisch zu Alicia.
»Wir sollten versuchen herauszufinden, was er über die Vizman-Geschichte weiß«, sagte Alicia. »Vielleicht hat er ja überhaupt nichts damit zu tun.«
»Vielleicht«, sagte Reith grimmig. »Aber er wird schuften müssen wie ein Berserker, um mich davon zu überzeugen. Besser, du fragst ihn; dein Khaldonisch ist besser als meines.«
Alicia begann mit der Befragung. Yinkham gab sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort an und bekräftigte noch einmal, dass er ein Vetter von Minyev sei. Dann fragte er. »Madame, seid Ihr nicht die Doktor Dyckman, von welcher ich meinen Vetter habe sprechen hören?«
»Ja, die bin ich. Was hatte er über mich zu sagen?«
»Oh, er sprach immer in Tönen des höchsten Lobes von Euch. Er sagte, Ihr solltet die Königin eines krishnanischen Reiches werden; wenn es je in seiner Macht stehen sollte, würde er alles daran setzen, dafür zu sorgen, dass dies Ereignis wahr werde.«
Ein einstündiges rigoroses Verhör überzeugte Reith davon, dass Yinkham wirklich nichts von Alicias Entführung wusste – eine Schlussfolgerung, die Alicia teilte. Es zeigte sich freilich auch, dass der Khaldonier gewisse Grenzen hatte. Er war noch nicht ganz erwachsen, und wie Minyev war er von eher mickriger Statur und somit nicht gerade sonderlich belastbar. Außerdem verfügte er über nur sehr rudimentäre Mikardandou-Kenntnisse, und von den terranischen Sprachen sprach er nicht eine.
»Er hat noch einen weiten Weg vor sich«, sagte Reith. »Ich weiß nicht, ob es sich für mich lohnt, zu versuchen, ihm alles beizubringen, was er können muss, oder ob es nicht vielleicht doch besser wäre, ich suchte mir irgendeinen viel versprechenden einheimischen Burschen.« »Willst du ihn wieder zurückschicken?« »Wenn wir zu Hause auf der Ranch wären, würde ich das wahrscheinlich tun. Ich werde ihn aber jetzt noch nicht sofort feuern, sondern abwarten, wie schnell er lernt und welchen Eifer er bei der Erledigung der Alltagsarbeit an den Tag legt.«
Endlich waren auch die letzten
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