Die Schwestern des Lichts - 3
in die Höhe. »Wie man dir bereits gesagt hat, fällt es dir schwerer, das zweite Angebot anzunehmen. Bitte glaube uns, du schwebst in großer Gefahr. Deine Zeit läuft ab. Bitte, Richard, nimm das zweite Angebot jetzt an, bei der zweiten Chance. Den dritten der drei Gründe zu akzeptieren, wird nur noch schwerer werden.«
In seinen Augen lag ein Ausdruck, den Kahlan nur ein einziges Mal zuvor bei ihm gesehen hatte – als man ihm den Halsring zum ersten Mal angeboten hatte. Etwas Fremdes, Furchteinflößendes. Es ließ sie kalt erschaudern. Sie bekam eine Gänsehaut auf den Armen. Der Zorn wich aus seiner Stimme.
»Ich habe es Euch schon einmal erklärt«, sagte er leise. »Ich werde keinen Halsring anlegen. Für niemanden. Aus keinem Grund. Wenn Ihr mir beibringen wollt, wie man die Gabe nutzt, wie man sie beherrscht, gut, darüber können wir reden. Es geschehen Dinge, von denen Ihr nichts wißt, wichtige Dinge, gefährliche Dinge. Als Sucher trage ich Verantwortung. Ich bin keines der Kinder, mit denen Ihr umzugehen gewohnt seid. Ich bin erwachsen. Wir können darüber reden.«
Schwester Elizabeth warf ihm einen wilden stechenden Blick zu. Richard wich einen halben Schritt zurück. Er schloß die Augen und erbebte. Schließlich richtete er sich wieder auf. Er öffnete die Augen und atmete tief durch. Er erwiderte den starren Blick der Schwester. Irgend etwas war geschehen, und Kahlan hatte nicht die geringste Ahnung, was.
Die Kraft im Blick der Schwester schwand. Sie ließ die Hände, die den Halsring hielten, sinken. Ihre Stimme klang ängstlich. »Nimmst du das Angebot des Rada’Han an?«
Richard stand da und blickte sie entschlossen an. Seine Stimme hatte zu alter Kraft zurückgefunden. »Ich weigere mich.«
Schwester Elizabeth erblaßte. Sie sah ihn noch einen Augenblick lang an, dann drehte sie sich zu der Frau hinter ihr um. »Vergib mir, Schwester, ich habe versagt.« Sie legte den Rada’Han Schwester Verna in die ausgestreckten Hände. Mit leiser Stimme sagte sie: »Jetzt liegt es bei dir.«
Schwester Verna gab ihr einen Kuß auf jede Wange. »Das Licht vergibt dir, Schwester.«
Schwester Elizabeth drehte sich wieder zu Richard um, ihr Gesicht war wie erschlafft. »Möge das Licht dich immer auf sanften Händen tragen. Auf daß du eines Tages den Weg findest.«
Richard hatte die Hände in die Hüften gestemmt und sah ihr in die Augen. Sie hob das Kinn. Wie Schwester Grace hob sie den Arm, und mit einer kurzen Bewegung des Handgelenks schnellte das Messer in ihre Hand. Richard sah sie noch an, als sie es mit einer kurzen Drehung gegen sich selbst richtete. Kahlan hielt den Atem an und verfolgte wie gebannt, wie die Frau ihren Selbstmord vorbereitete. Einen Herzschlag lang standen alle wie erstarrt da.
Richard bewegte sich im selben Augenblick wie das Messer. Seine Geschwindigkeit war schockierend. Bevor Schwester Elizabeth begriff, was geschehen war, hatte Richard sie am Handgelenk gepackt. Mit der anderen Hand machte er sich daran, ihr das eigenartige Messer zu entwinden, während sie sich alle Mühe gab, es festzuhalten. Sie hatte seiner Kraft nichts entgegenzusetzen.
»Ich habe Euch meine Regeln mitgeteilt. Ihr dürft Euch heute nicht töten.«
Die sinnlose Anstrengung verzerrte ihr Gesicht. »Bitte! Laß los -«
Ein Zucken ging durch ihren Körper. Sie warf den Kopf zurück. Dann ein Lichtblitz, der aus ihrem Innern, aus ihren Augen zu kommen schien. Schwester Elizabeth sackte nach vorn und brach zusammen, während Schwester Verna der Frau ihr Messer aus dem Rücken zog.
Schwester Verna löste den Blick von der Toten und sah Richard an. »Du mußt ihre Leiche selbst begraben. Wenn du es einen anderen für dich tun läßt, wirst du für den Rest deines Lebens Alpträume haben, Alpträume, hervorgerufen durch Magie. Es gibt kein Mittel gegen sie.«
»Ihr habt sie umgebracht! Ihr habt sie ermordet! Was ist los mit Euch? Wie konntet Ihr sie töten!«
Sie steckte sich das Messer in den Ärmel und sah ihn wütend an. Dann streckte sie die Hand aus, entriß ihm das silberne Messer und ließ es in ihr Gewand gleiten.
»Du hast sie umgebracht«, sagte Schwester Verna leise.
»Ihr habt das Blut doch noch an Euren Händen!«
»Auch die Axt des Henkers ist blutverschmiert, und trotzdem schwingt sie sich nicht von selbst.«
Richard wollte ihr an die Kehle gehen. Sie rührte sich nicht, sondern starrte ihn einfach weiter an. Seine Hände hielten inne, bevor er sie erreicht hatte. Richard
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