Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwestern des Lichts - 3

Die Schwestern des Lichts - 3

Titel: Die Schwestern des Lichts - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
Vom Netzwerk:
Mund und wartete, bis er ihn hinuntergeschluckt hatte, bevor er leise antwortete. Sie beobachtete ihn.
    »Es überrascht mich, daß Ihr nicht mehr von Magie versteht, Schwester Verna. Es gibt ein magisches Wort. Damit erreicht man mehr, als Ihr vielleicht glaubt. Vielleicht habt Ihr es schon mal gehört. Es lautet ›Bitte‹.« Er stand auf. »Mir ist nicht kalt. Wenn Ihr ein Feuer wollt, macht selber eins. Ich werde Wache stehen. Wie schon gesagt, ich verlasse mich nicht aufs Glauben. Wenn wir in der Nacht getötet werden, dann nicht ohne Vorwarnung.«
    Er drehte ihr den Rücken zu, ohne eine Antwort abzuwarten. Er wollte nicht hören, was sie zu sagen hatte. Er lief ein gutes Stück durch trockenes Gras, bis er einen Erdhügel rings um einen Erdhundbau entdeckte, auf den er sich fallen ließ, um Wache zu halten. Und nachzudenken.
    Der Mond war aufgegangen. Er tauchte das umliegende, leere Land in fahles, silbriges Licht. Richard ließ den Blick über die menschenleere Landschaft schweifen und fing an zu grübeln. Sosehr er auch versuchte, an etwas anderes zu denken, es nützte nichts. Seine Gedanken kreisten nur um eine Sache: Kahlan.
    Er zog die Knie an und schlang die Arme um sie, nachdem er sich ein paar Tränen aus dem Gesicht gewischt hatte. Er fragte sich, was sie jetzt wohl tat, wo sie steckte, ob sie nach Zedd suchte. Ob er ihr überhaupt noch etwas bedeutete.
    Der Mond wanderte langsam über den Himmel und blickte auf ihn herab. Was sollte er bloß tun? fragte sich Richard. Er fühlte sich verloren.
    Er stellte sich Kahlans Gesicht vor. Er hätte die Welt erobert, nur um noch einmal zu sehen, wie sie ihn anlächelte. Um sich in der Wärme ihrer Liebe zu sonnen. Richard betrachtete das Gesicht vor seinem inneren Auge. Er stellte sich ihre grünen Augen vor, ihr langes Haar. Ihr wundervolles Haar.
    Bei diesem Bild fiel ihm die Haarlocke ein, die sie ihm in die Tasche gesteckt hatte. Er zog sie hervor und betrachtete sie im Mondschein. Es war ein Kreis, den sie zusammengezogen und mit dem Band von ihrem Hochzeitskleid umwickelt hatte, so daß er ihn an eine seitlich verdrehte Acht erinnerte. Man konnte auch das Symbol für Unendlichkeit daraus lesen.
    Richard drehte die Locke zwischen Daumen und Zeigefinger und betrachtete sie. Kahlan hatte sie ihm geschenkt, damit er sich an sie erinnerte. Damit er etwas hatte, das ihn an sie erinnerte. Weil er sie nie wiedersehen würde. Quälender Kummer raubte ihm den Atem.
    Er packte den Strafer, so fest er konnte, bis seine Faust vor Anstrengung zu zittern begann. Der Schmerz des Strafers und der seines Herzens verbanden sich zu einer brennenden Tortur. Seine Wahrnehmung verzerrte sich, bis er es nicht mehr auszuhalten glaubte, doch er wartete noch länger, hielt durch, bis er, kaum noch bei Bewußtsein, am Fuß des Erdhügels zusammenbrach.
    Er keuchte, rang um Luft. Der Schmerz hatte seinen Kopf frei gemacht. Wenn auch nur für ein paar Minuten, aber er brauchte nicht mehr an diese quälenden Dinge zu denken. Er mußte lange liegenbleiben, bis er sich erholt hatte.
    Als er schließlich wieder in der Lage war, sich aufzurichten, stellte er fest, daß er die Haarlocke noch immer in der Hand hielt. Er betrachtete sie im Mondschein und dachte daran, was Schwester Verna zu ihm gesagt hatte – daß er den Bantak eine Lüge erzählt hätte. Eine dreckige Lüge. Genau das waren Kahlans Worte gewesen. Sie hatte gesagt, die Liebe, die er für sie empfand, sei ›eine dreckige Lüge‹. Diese Worte schmerzten mehr als der Strafer.
    »Das ist keine Lüge«, sagte er leise. »Ich würde alles für dich tun, Kahlan.«
    Doch es reichte nicht. Es reichte nicht, den Halsring anzulegen. Er selbst war unzureichend. Der Sohn eines Ungeheuers. Jetzt wußte er, was sie wollte. Was sie wirklich wollte.
    Sie wollte ihn los sein.
    Sie wollte, daß er den Halsring anlegte, damit man ihn fortschaffte. Damit sie frei wäre.
    »Ich würde alles für dich tun, Kahlan«, weinte er.
    Er rappelte sich auf und blickte über die leere Steppe. Der dunkle Horizont verschwamm zu einem wässrig nebelhaften Schleier.
    »Alles. Sogar das hier. Ich lasse dich frei, meine Liebe.«
    Richard schleuderte Kahlans Haarlocke hinaus in die Nacht, so weit er konnte.
    Er sank auf die Knie und fiel schluchzend zu Boden, mit dem Gesicht nach unten. Er weinte, bis keine Tränen mehr kamen. Dann blieb er weiter auf dem Boden liegen und stöhnte schmerzgequält, bis er merkte, daß er den Strafer wieder umklammert hielt.

Weitere Kostenlose Bücher