Die Schwestern des Lichts - 3
Dämmerung ließ Schwester Verna für die Nacht Halt machen. Sie hatte nicht mehr mit ihm gesprochen. Er wußte nicht, ob sie noch immer verärgert war, aber eigentlich war ihm das auch egal.
Richard führte die Pferde ein kurzes Stück bis zu einer Reihe kleiner Weiden am Ufer eines Bachlaufs, nahm ihnen das Zaumzeug ab und tauschte es gegen Halfter aus. Sein Brauner warf den Kopf hoch und war froh, von der Kandare befreit zu werden. Richard sah, daß es eine Breitkandare war. Es gab kaum eine grausamere Strafe für ein Tier.
Menschen, die sie benutzten, so schien es ihm, waren offenbar der Ansicht, Pferde seien nichts als wilde Tiere, die man nur zu unterwerfen und zu beherrschen brauchte. Vielleicht sollten die Menschen die Kandare in den Mund bekommen, damit sie das Gefühl einmal kennenlernten. Richtig ausgebildet, benötigte ein Pferd nichts weiter als eine mit einem Seil verbundene Trense. Wenn es richtig ausgebildet war und man ihm ein wenig Verständnis entgegenbrachte, war eine Kandare überflüssig. Offenbar setzten manche Menschen mehr auf Strafe als auf Geduld.
Er hob probeweise die Hand, um das schwarzgeränderte Ohr des Pferdes zu streicheln. Es hob den Kopf und schwenkte ihn entschlossen von ihm fort. »Aha«, murmelte er, »die Ohren haben sie dir auch verdreht.« Er kraulte und tätschelte den Hals des Pferdes. »Das werde ich dir nicht antun, mein Freund.« Das Pferd stupste ihn mit der Nase an.
Richard holte Wasser in einem Eimer aus Wachstuch und ließ jedes Pferd nur wenige Schlucke trinken, da sie noch nicht abgekühlt waren. In einer der Satteltaschen entdeckte er Bürsten und nahm sich Zeit, jedes von ihnen sorgfältig zu striegeln und ihre Hufe zu reinigen. Er nahm sich mehr Zeit, als er eigentlich gebraucht hätte, denn er zog die Gesellschaft der Tiere der der Schwester vor.
Als er fertig war, schnitt er ein Stück Schale aus der Melone, die der Bantak ihm gegeben hatte, und gab jedem Pferd ein Stück davon. Es gibt nur wenig, auf das Pferde so versessen sind wie auf Melonenschale. Die beiden waren geradezu verrückt danach. Es war das erste Mal, daß eines der beiden ein Anzeichen von Eifer gezeigt hatte. Nachdem er die Breitkandaren gesehen hatte, wußte er auch, warum.
Als ihm klargeworden war, daß seine Brust zu sehr schmerzte, um noch länger herumzustehen, ging er zurück zu der Stelle, wo Schwester Verna auf einer kleinen Decke saß, und legte seine eigene Decke ihr gegenüber auf die Erde. Er nahm den Schneidersitz ein und zog ein Stück flaches Tavabrot aus seinem Gepäck, mehr deswegen, um etwas zu tun zu haben, denn aus Hunger. Sie nahm das Stück, das er ihr anbot. Er schnitt die Melone auf und legte die übriggebliebene Schale zur Seite, für später. Dann bot er Schwester Verna ein Stück Melone an.
Sie betrachtete es kühl, als er es ihr hinhielt. »Du hast sie dir unter einem Vorwand erschwindelt.«
»Sie wurde mir als Dank dafür gegeben, daß ich einen Krieg verhindert habe.«
Schließlich nahm sie das Stück, wenn auch nicht begeistert. »Möglich.«
»Wenn Ihr wollt, übernehme ich die erste Wache«, bot er ihr an.
»Es ist nicht nötig, Wache zu stehen.«
Er musterte sie in fast völliger Dunkelheit, während er ein saftiges Stück Melone kaute. »Es gibt Herzhunde in den Midlands. Und anderes. Ich könnte einen weiteren Screeling anlocken. Ich denke, es wäre klug, eine Wache aufzustellen.«
Sie riß ein Stück Tavabrot ab, ohne aufzusehen. »Bei mir bist du sicher. Es ist nicht nötig, eine Wache aufzustellen.«
Ihre Stimme klang tonlos. Nicht gerade verärgert, aber auch nicht weit davon entfernt. Er aß eine Zeitlang schweigend weiter, dann beschloß er, der Stimmung ein wenig von ihrer Bedrücktheit zu nehmen. Er versuchte, freundlich zu klingen, auch wenn er keine rechte Freude empfand.
»Ich bin hier, Ihr seid hier, ich trage den Rada’Han – wie war’s, wenn Ihr anfangen würdet, mich im Gebrauch der Gabe zu unterrichten?«
Sie sah ihn unter ihren Brauen hervor an, während sie kaute. »Es bleibt noch Zeit genug, dich zu unterrichten, sobald wir den Palast der Propheten erreicht haben.«
Plötzlich schien die Luft sich abgekühlt zu haben. Sein Zorn wurde hitziger. Der Zorn des Schwertes zerrte an ihm und wollte freigelassen werden. Richard unterdrückte ihn. »Wie Ihr wollt.«
Schwester Verna legte sich auf ihre Decke und zog ihren Umhang fest um sich. »Es ist kalt. Mach ein Feuer.«
Er stopfte sich den letzten Bissen Tavabrot in den
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