Die Schwestern von Rose Cottage: Melanie (German Edition)
Putzen so erschöpft sein, dass ich keine Zeit mehr zum Grübeln hätte?“, meinte Melanie leicht sauer. „Nun, ich habe gestern Abend zwei Stunden gebraucht, um mir einen Pfad durch den Garten zur Haustür zu bahnen.“
„Oh, oh“, bemerkte Ashley nur.
„Du kannst dir keine Vorstellung davon machen, in welchem Zustand Großmutters Haus ist. Der Garten ist am schlimmsten.“
„So schlimm?“
„Noch schlimmer.“
„Und wie ist das Wetter?“
„Lenk nicht ab. Ich will, dass du weißt, wie wütend ich im Moment auf euch alle bin. Ich komme mir wie Aschenputtel vor, die alles erledigen muss, wozu ihre bösen Stiefschwestern keine Lust haben.“
„Ach komm, ich finde, dass alles ganz super läuft“, entgegnete Ashley.
„Du träumst wohl“, erwiderte Melanie.
„Du denkst doch kaum noch an Jeremy, nicht wahr?“, vermutete Ashley. „Ich muss mich jetzt beeilen, ich werde bei Gericht erwartet. Ich nehme dich in den Arm. Ciao , Schätzchen.“
Melanie steckte ihr Handy in die Handtasche und musste widerwillig zugeben, dass ihre Schwester recht hatte. Sie hatte im Laufe des Morgens nur ein einziges Mal und auch nur flüchtig an diesen Schuft Jeremy gedacht. Ob jetzt die Begegnung mit Stefan Mikelewski oder die Herausforderung, Grandmas Haus zu putzen, dafür verantwortlich war, das konnte sie allerdings schwer entscheiden.
„Schieb es dem Putzen zu“, murmelte sie zu sich selbst, nachdem sie aus dem Wagen gestiegen war und auf das Café zuging. Es war leichter, über den Kampf mit Staubwedel und Schrubber nachzudenken, als an ihre Reaktion auf den attraktiven Hünen, der sich als Landschaftsarchitekt entpuppt hatte. Vielleicht hatte lediglich seine Arroganz ihr Blut dermaßen in Wallung gebracht, doch sie kannte sich und ihre Reaktion auf gut aussehende Männer nur zu gut und wünschte sich ein baldiges Wiedersehen mit diesem Fremden.
Während sie eine riesige Zimtrolle verschlang und zwei Tassen Kaffee trank, beruhigte sie sich mit der Aussicht, dass es Tage dauern würde, bis sie mit dem Inneren des Hauses fertig wäre und sich dem Garten widmen könnte. Bis dahin hatte sie noch Zeit genug, um zu entscheiden, ob sie die Hilfe dieses Mannes benötigte und ob sie einem weiteren Treffen mit dem verwirrend attraktiven Mr Mikelewski gewachsen wäre.
Oder vielleicht sollte ich nach Boston zurückfahren und das Ganze einfach vergessen, überlegte sie einen Moment lang.
Das ist doch eine Alternative, die sich sehen lassen kann, dachte sie glücklich – bis sie sich an den Grund erinnerte, warum sie hierhergekommen war. Sie schluckte und entschloss sich, tapfer zu sein und hierzubleiben.
Weder Schmutz noch Unkraut und schon gar keine vorwurfsvollen Blicke von Mr Mikelewski könnten schrecklich genug sein, um sie wieder zurück in die Stadt zu treiben, in der Jeremy zufrieden mit seiner Frau und den beiden Kindern lebte – eine Familie, die er ihr ein halbes Jahr lang verschwiegen hatte.
Die Erinnerung an diese Demütigung war Grund genug, um hier die Stellung zu halten, beschloss sie. Sie würde den Schmutz von Jahren aus Rose Cottage verbannen, und mit jedem Eimer Schmutzwasser, den sie ausgoss, würde sie ein weiteres Stück Erinnerung an Jeremy aus ihrem Gedächtnis wegspülen.
2. KAPITEL
E s war jetzt eine Woche her, seit er Melanie D’Angelo getroffen hatte, doch er konnte das Bild nicht vergessen, wie sie ihm mit der schweren Lampe in der Hand und einem entschlossenen Ausdruck auf dem Gesicht gegenüberstand. Zwar hatte er Misstrauen in ihren kornblumenblauen Augen gesehen, und ihre Wangen waren leicht gerötet gewesen, trotzdem hatte sie seine Fragen und Vorwürfe wegen der Vernachlässigung des Gartens stoisch über sich ergehen lassen. Das hatte ihn beeindruckt, um nicht zu sagen, fasziniert. Dank dieses unerwarteten Zusammentreffens fühlte er sich seither noch mehr zu dem Lindsey-Haus hingezogen.
Es war der Ausdruck in ihren Augen gewesen, der ihn am meisten berührt hatte, denn neben dem Misstrauen hatte außerdem eine Verletzlichkeit darin gelegen, die in jedem Mann den Beschützerinstinkt wachrief. Doch genau das konnte er im Moment nicht gebrauchen. Er hatte schon genug Aufregungen in seinem Leben. Da war kein Platz für eine Frau, selbst wenn sie so hübsch, gut gebaut und verführerisch war wie diese Fremde.
Er brauchte keine Frau in seinem Leben, schon gar keine, die Komplikationen mit sich bringen würde. Und Melanie D’Angelo war dafür bestens geeignet. Das sagte ihm
Weitere Kostenlose Bücher