Die Schwesternschaft des Schwertes - 8
wenn man bedenkt, wie eilig du es hattest, uns zu verlassen. Du hättest mich wenigstens warnen können, statt einen Tag nach meiner Hochzeit einfach zu verschwinden.«
Da Renata ihren Entschluss so noch nie gesehen hatte, erwiderte sie überrascht: »Ich hielt es für besser, nicht im Voraus darüber zu sprechen, Chiya. Ich wollte deine Hochzeitsvorbereitungen nicht durcheinander bringen.«
Das Funkeln verschwand aus Lanillas Augen. »Tja, so habe ich es nicht gesehen«, sagte sie. »Auf mich wirkte es vielmehr, als könntest du es kaum erwarten, mich los zu sein, um dein eigenes Leben zu leben.«
»Ach, meine Liebe!« Renata wollte ihre Tochter in den Arm nehmen, doch sie unterließ es, als Lanilla sich versteifte. »Deswegen bist du doch nicht weniger ein Bestandteil meines Lebens. Nach all diesen Jahren wurde mir eben klar, dass Geremy mir nicht erlaubte, ein selbständiger Mensch zu sein. Wie kann ich es dir nur erklären?«
Sie konnte es nicht. Sie hatte es schon einmal versucht, doch ihre Argumente waren auf taube Ohren gestoßen. Kein Angehöriger ihrer Familie hatte Renatas Unzufriedenheit verstanden, Geremys Zuchtstute und Haushaltsleiterin zu sein. Hatten Frauen nach der Ehe etwas anderes zu erwarten? Sie genoss schließlich das Vertrauen ihres Gatten und den Respekt ihres Personals. Warum wollte sie also unbedingt nach Arilinn gehen, um den Beruf einer Hebamme zu erlernen - obwohl das Laran, das sie als Bürgerliche besaß, so skandalös gering war - und sich selbst ein paar Münzen zu verdienen, statt damit zufrieden zu sein, Fohlen und Kinder von Bediensteten zur Welt zu bringen? Warum wollte sie ihre Zeit damit vergeuden, Bücher über wissenschaftliche Pferdezuchtmethoden zu lesen und ihren Gatten dazu drängen, diese fremdartigen Ansichten anzunehmen, wenn solche Dinge außerhalb der rechtmäßigen Sphäre einer Dame lagen? Zu viele Gelegenheiten, bei denen man ihre Vorschläge mit einem vagen Lächeln abgetan hatte, hatten sie überzeugt, dass Geremy ihr nie einen eigenen Kopf zugestehen würde. Doch Lanilla empfand diese Vorwürfe so, wie auch ihre anderen Töchter: als frivol und unbegreiflich.
Lanilla drängte ihre Mutter nicht zu einer Erklärung. »Mein Rücken tut weh. Ich möchte ins Bett. Schickst du Annelys bitte herein?«
Als Renata das Schlafzimmer verließ, unterdrückte sie ein Seufzen.
Am nächsten Morgen, wenn Lanilla sich ausgeruht hatte, war sie Zuneigung gegenüber vielleicht offener.
Renata schritt mit festem Schritt durch den großen Saal und fing die Zofe ab, die mit einem Topf voller dampfendem Kräutertee zur Treppe unterwegs war. »Ich trinke ihn im kleinen Salon. Und ich möchte den Herrn sprechen - jetzt gleich.«
Einige Minuten später saß sie auf dem vertrauten abgewetzten Sofa vor dem Kamin im kleinen Salon und nippte ihren Tee. Durch die Steinmauern hörte sie das leise Heulen des herannahenden Gewitters. Als Geremy hereinmarschierte und ihr gegenüber Platz nahm, zwang sie sich, ihn möglichst kühl zu begrüßen.
»Renata …«, sagte er und räusperte sich. »Ich danke dir, dass du gekommen bist. Du bist zweifellos … ziemlich beschäftigt.«
Ihre unterdrückte Verärgerung kochte über. »Herr im Himmel, glaubt ihr denn alle, mein Eid hat mich zu einem Ungeheuer gemacht? Hast du wirklich gedacht, ich würde das Leiden meines Kindes ignorieren?« Sie stellte den Becher so fest auf den Tisch, dass der Tee überschwappte.
»Gareth und Lanilla haben bei ihrem Versuch, ein Kind zu bekommen, eine Menge Kummer erlebt«, sagte er. »Dank der Göttin sieht es diesmal so aus, als würde sie wirklich gebären.«
»Gareth!« Renata hielt sich zurück. Sie wusste, dass es ihr nichts einbrachte, wenn sie jetzt über männliche Grobschlächtigkeit philosophierte. »Wie kannst du das nur zulassen, Geremy? Siehst du denn nicht, wie schlecht es Lanilla geht? Sie braucht mehr Hilfe, als eine Landhebamme ihr geben kann.«
Geremy setzte sich aufrecht hin und sagte in frostigem Ton: »Hilfe dieser Art hat dir doch auch genügt.«
Renata schüttelte verärgert den Kopf. »Ich habe meine Kinder wie ein stämmiger Ackergaul bekommen. Lanilla ist anders. Sie braucht besondere Nahrungszusätze und Medizin, um die Gifte aus ihrem Kreislauf zu vertreiben. Wenn die Zwillinge kommen, benötigen wir vielleicht Instrumente, um sie sicher auf die Welt zu bringen - gar nicht zu reden von Gerätschaften, die sie am Leben erhalten, wenn sie zu früh geboren werden.«
»Das reicht! Du
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