Die Schwesternschaft des Schwertes - 8
dass Ihr gesund seid?«
Aus der Nähe besehen erkannte sie in ihm einen leitenden Bediensteten aus der florierende Pferdezucht ihres Ex-Gatten. »Mir geht es sehr gut, Davin.« Sie reichte ihm ihre Fingerspitzen.
»Welches Problem führt Euch hierher?«
Davin schluckte und wandte den Blick ab. »Mein Herr bittet Euch, mit mir zurückzureiten, und schickt Euch dies hier.« Er schob ihr eine Nachrichtenröhre in die Hand.
Renata nahm den Brief heraus, entrollte ihn und trat einige Schritte zurück, um ihn zu lesen. In der ungelenken Handschrift ihres ehemaligen Mannes stand da: ›Unsere Tochter Lanilla wird im Mittsommer Zwillinge gebären und hat mit Komplikationen zu rechnen. Sie ist nach Hause gekommen, um sich bis zur Geburt auszuruhen, und bittet dich, sie zu besuchen. Auch wenn du alle anderen Pflichten vergessen hast, wirst du dich doch den Ansprüchen deines jüngsten Kindes bestimmt nicht verweigern.‹
Renata rollte das Pergament mit einem Seufzer zusammen Ihre Versuche, sich ohne Verbitterung von Geremy zu trennen, hatten schon damals nicht viel genützt, und seine Ansichten hatten sich eindeutig nicht geändert. Ängstlich schaute sie in Davins Gesicht.
»Ist Lanilla sehr krank?«
»Im Moment nicht, Dame Renata. Aber die Kinder machen ihr schwer zu schaffen, und die Hebamme hat sie angewiesen, in ihrer Kammer zu bleiben. Sie hat alle anderen verloren …« Davin riss sich zusammen. »Dies sind keine Dinge, über die ich leichten Herzens spreche.«
Renata wusste, dass Lanilla im ersten Jahr ihrer Ehe zwei Fehlgeburten erlitten hatte. Die Frau hatte ihre Tochter seit drei Mittwintern nicht mehr gesehen. Damals hatte sie das neue Heim des Mädchens zum Fest besucht. Der in kalter Förmlichkeit begonnene Feiertag hatte mit einer Auseinandersetzung geendet.
Lanilla hatte der Auszug ihrer Mutter ebenso sehr verärgert wie Geremy. Und was Renata anging, so war es ihr nicht gelungen, ihre Irritation darüber zu verbergen, dass Lanilla sich allem Anschein nach mit der gleichen eingeschränkten Existenz zufrieden gab, vor der sie geflohen war. »Dann haben wir also genug Zeit, um Euch mit einem heißen Getränk zu erfrischen«, sagte Renata. »Ich muss noch packen. Wir können in einer knappen Stunde losreiten.«
Während sie ein passendes Kleidersortiment einpackte, versuchte sie, ihre Furcht vor der ersten Rückkehr in ihr altes Zuhause seit dem Ablegen des Eides in Schach zu halten. Der Ritt dauerte zwar nur drei Tage, aber ebenso hätte er auf die andere Seite der Hellem führen können. Lanilla, die jüngste und als letzte verheiratete ihrer fünf Töchter - Renata und Geremy hatten keine Söhne bekommen -, war nicht nur die Einzige, die in der Nähe ihres Vaters lebte, sondern auch die Einzige, die ihre Mutter je eingeladen hatte. Und das eine Mal hat ihr auch gereicht! Zweifellos halten mich alle anderen noch immer für verrückt.
Renata sah Lanilla im Alter von sechzehn Jahren vor sich, am Tag ihrer Eheschließung: Die Tochter hatte mit Sprachlosigkeit auf ihre Ankündigung reagiert, am nächsten Tag ins Gildenhaus von Arilinn zu ziehen. Das Mädchen hatte die Ankündigung als Verrat an ihm aufgefasst. Wie hätte Renata erklären sollen, dass nur das Warten auf ihren Hochzeitstag sie so lange bei Geremy hatte bleiben lassen?
Nun, da Lanilla sicher an den jüngeren Sohn eines unbedeuteten Edelmannes verheiratet war - ein stolzer Triumph für einen Pferdezüchter -, hatte Renata keine Verpflichtungen mehr empfunden, ihre eigene Freiheit einzuschränken.
Sie schloss die Reisetasche und warf einen Blick auf den in der Ecke liegenden Hebammenbeutel. Darin befanden sich die Instrumente ihres Fachs und Drogen - sowohl traditionelle Kräuterheilmittel als auch Tränke, die sie von den Terranern bekommen hatte. Sie beschloss, ihn zurückzulassen. Warum sollte sie die unausweichliche Spannung noch verschlimmern, indem sie ihre Wahl so zur Schau stellte? Da Lanilla nicht akut krank war und über eine Hebamme verfügte, brauchte sie ihre Sachen nicht. Die typische Kleidung der Entsagenden würde im Haushalt ihres Gatten schon genug Aufruhr erzeugen.
Soll ich vielleicht lieber einen Rock anziehen? Nein. Es war zwar ganz in Ordnung, keine Auseinandersetzung zu provozieren, aber der Schwesternschaft brauchte sie sich nicht zu schämen. Außerdem kann ich in drei Tagen mein Haar ohnehin nicht wieder bis in den Nacken wachsen lassen, dachte sie mit einem ironischen Lächeln.
Falls Lanilla noch immer
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